Schulprojekt:Boxen gegen Aggressionen

Im Gemeinschaftsprojekt "Stark" mit Jugendamt, Mittelschule und Caritas will Trainer Waleri Weinert schwierigen Schülern durch Sport eine neue Perspektive geben.

Von Thekla Krausseneck

Ein neues Projekt aus Geretsried soll Mittelschülern neue Perspektiven eröffnen und ihnen dabei helfen, ihre Aggressionen unter Kontrolle zu bringen. Das Projekt mit dem Namen "Stark" - ein Akronym aus den Begriffen Sozial, Training, Aktivierung, Regeln, Kompetenzen - soll im Boxclub "Edelweiss" an der Jeschkenstraße unterkommen, dessen Gründer Waleri Weinert den betroffenen Schülern künftig jeden Freitag anderthalb Stunden lang das Boxen beibringen wird. Wann genau das Gemeinschaftsprojekt von Jugendamt, Caritas, Mittelschule und Waleri Weinert beginnt, ist noch offen.

Weinert betreibt den Boxclub seit 15 Jahren. Obwohl dort sowohl Kinder als auch Erwachsene aus Deutschland und anderen Herkunftsländern trainieren, richtet sich sein Angebot vor allem an Jugendliche mit Migrationshintergrund, denen er durch Sport zu Erfolgserlebnissen und einem gesunden Selbstvertrauen verhelfen möchte. Im vergangenen Jahr hat sich Weinert zum Anti-Aggressivitäts- und Coolness-Trainer ausbilden lassen; als solcher will er nun auch ausgewählten Kindern der Mittelschule helfen. Die sollen einmal in der Woche zu ihm in den Boxtreff kommen können, um sich im Boxen zu üben. Mitfinanziert wird das Projekt aus dem Projektbudget der Jugendamtsstelle "Sozialraum Mitte", das in Geretsried stationiert ist. Träger des Projekts ist die Caritas Kinder- und Familienförderung, die Weinert eine Aufwandsentschädigung zahlt.

Möglich wäre, dass das Projekt sofort beginnt. Jedoch könnten die 15 angedachten Termine nicht bis zu den Sommerferien untergebracht werden, mit der Konsequenz, dass die Kinder eine sechs Wochen lange Pause einlegen müssten. "Mit manchen würde man dann wieder von vorne anfangen müssen", befürchtet Caritas-Mitarbeiterin Lydia Cattide, die Weinert vor Ort unterstützen wird. Sie tendiere deshalb eher dazu, die Sommerferien abzuwarten.

Demnächst soll ein Informationsabend für Eltern stattfinden, denn die müssen mit der Schule und der Caritas einen Vertrag schließen, wenn sie ihre Kinder in den Kurs schicken wollen. Cattide übernimmt das Coaching und die Motivierung der Schüler sowie den Schriftverkehr. Sie ist gelernte Erzieherin und Heilpädagogin. Durch Fortbildungen hat sie sich zur Anti-Aggressivitäts-Trainerin weiterbilden lassen. Bei der Kinder- und Familienhilfe arbeitet sie im ambulanten Dienst.

Isabella Rank, Leiterin des Büros Sozialraum Mitte in Geretsried, sieht das Projekt als Prävention. Denn wenn Verweise, Gespräche und Sanktionen nichts gebracht haben, sehen Schulen manchmal nur noch einen Ausweg für Jugendliche, die sich in der Schule regelmäßig aggressiv verhalten: den Ausschluss vom Unterricht. Wenn auch diese Disziplinarmaßnahme nicht zieht, können Schüler als "nicht beschulbar" eingestuft werden - alles, was dann noch bleibe, sei der Weg ins Heim, sagt Rank. Das Projekt muss von angemeldeten Jugendlichen verpflichtend besucht werden - sonst droht Nachsitzen im Büro der Schulleiterin Magdalena Singer.

Nötig hätten den Kurs etwa 40 Schüler, die aufgrund eines "negativen Selbstkonzepts und wenig Selbstvertrauen" Unruhe stiften, nicht nur durch Gewalt, sondern etwa auch durch Mobbing, sagt Singer. Weil aber nur zehn Schüler in der ersten Gruppe aufgenommen werden können, muss nach Dringlichkeit und Alter ausgesiebt werden. Wichtig sei auch die Bereitschaft der Schüler: "Nur mit Druck zu arbeiten, wäre kontraproduktiv." Derzeit sei in der Mittelschule kein Schüler vom Schulausschluss bedroht, sagt Singer. Im Gegenteil: "Wenn wir sie ausschließen, kommen wir ja nicht mehr an sie heran."

Obwohl der Bedarf hoch ist, aber nur wenige Schüler in die Gruppe kommen können, wird es eine Warteliste laut Cattide nicht geben. Dazu müsse man erst abwarten, ob der Kurs funktioniert, und dann auf neue Fördermittel hoffen, sagt sie. Ihr Traumziel wäre, die Jugendlichen so zu begeistern sind, dass sie den Boxtreff anschließend weiterhin besuchen, aus eigenem Antrieb heraus.

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