Schlagabtausch im Stadtrat:Wirtschaftsförderung der besonderen Art

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Bürgermeisterin Elke Zehetner und die BfP streiten sich, wie Unternehmen in Penzberg eine Zukunft haben.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Wirtschaftsförderung ist in der Stadt Penzberg Chefsache oder besser gesagt: Chefinnensache. Wenn es um Bestandspflege und Ansiedlungsanfragen geht, ist Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei/SPD) die erste Ansprechpartnerin. So ist es auf der Homepage der Stadt unter dem Stichwort "Wirtschaft" zu lesen. Um alle weiteren Themen kümmert sich Geschäftsleiter Roman Reis. Ansonsten finden sich etliche alte Zeitungsartikel über Firmenbesuche und ähnliches dort - alles noch geschrieben und archiviert unter Zehetners Vorgänger Hans Mummert. Was die Bürger für Penzberg (BfP) veranlasste, einen Antrag zu stellen. Sie wollten wissen, was Zehetner seit ihrer Wahl in Sachen Wirtschaftsförderung vorzuweisen hat. Die Antwort Zehetners fiel nicht nach dem Geschmack der Antragsteller aus. Denn außer Firmenbesuche führt die Bürgermeisterin hauptsächlich "Soft Skills" ins Feld wie Kinderbetreuungsplätze, das "Eismärchen" oder die blühenden Verkehrsinseln.

Vier Seiten lang ist die Stellungnahme, die die Verwaltung als Antwort auf den BfP-Antrag dem Stadtrat vorlegte. Zehetner ging darauf nicht im Detail ein, sondern echauffierte sich, dass die BfP ihren Antrag mit "Der Dornröschenschlaf in der Wirtschaftsförderung" getitelt hatten. Es mache sie traurig, wenn auf derartige Weise über Penzberg gesprochen werde. Die Stadt werde nämlich "extrem hochgeschätzt", sagte sie. "Wir können uns weit im Oberland sehen lassen. Penzberg kennt jeder", so ihre Erfahrung bei Terminen in der Region. Die Verwaltung tue in hohem Maße alles dafür, dass sich nicht nur die ansässigen Gewerbebetriebe wohlfühlten, sie kümmere sich auch darum, neue anzusiedeln. Nicht umsonst schaffe man neue Kinderbetreuungsplätze und ein neues Seniorenzentrum, habe man ein Museum gebaut, stelle man einen Bebauungsplan für das Edeka-Areal auf und stelle schnelles Internet zur Verfügung. Auch die Blümchen auf den Verkehrsinseln seien Stadtmarketing.

Auf den Vorwurf der BfP, dass auf der Homepage der Stadt unter der Rubrik "Wirtschaft" veraltete Infos stünden, verwies Zehetner darauf, dass die Öffentlichkeitsarbeit erst neu besetzt wurde. "Ich kann nur mit Kompetenzen arbeiten, die ich auch habe."

Konkret auf die Anfrage ging Kämmerer Johann Blank ein. Fast wöchentlich führe man von Seiten der Verwaltung Gespräche mit Kleingewerbetreibenden. Aber man habe momentan keine passenden Flächen für sie. Zum 30. Juni 2018 werde ein Areal frei, das sich die Stadt sichern wolle. Auch gebe es Interessenten für Flächen im Nonnenwald. Dort bietet die Stadt 5000 Quadratmeter Industrie- und etwa 5300 Quadratmeter Gewerbefläche an. 3,8 Hektar sollen als Arrondierungsfläche von den bayerischen Staatsforsten erworben werden. "Die kennen den Wert ihrer Grundstücke und wissen, dass wir an ihrem Tropf hängen", klagte Blank. Der Kämmerer verwies ferner auf den niedrigen Gewerbesteuerhebesatz, der seit 37 Jahren unverändert bei 330 Prozentpunkten liege.

Hitzig wurde die Debatte, als SPD-Fraktionssprecher Adrian Leinweber den BfP vorwarf, sie würden mit ihrem Antrag ein weiteres Mal nichts Konstruktives beitragen, sondern Penzberg schlechtreden. "Penzberg ist das perfekte Oberland", sagte er. Man kriege langsam wirklich zu viel von der BfP, "weil ihr Realitätsbezug grad in der Wäsche ist". Dieser Angriff erboste Wolfgang Sacher (BfP). Es gehe um den Mittelstand, der keine Flächen in Penzberg finde. Doch zehn von den 20 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen der Stadt kämen von diesen Unternehmen. "Und es kommt keiner, weil das Straßenverkehrsgrün so schön ist", schimpfte Sacher. Seinen Wortfluss unterbrach Zehetner jäh: "Ich falle Ihnen ins Wort", sagte sie. Sacher, der darum bat, ausreden zu dürfen, bekam zu hören: "Sie dürfen nicht ausreden. Das ist kein konstruktiver Beitrag. Außerdem führe ich die Sitzung." Kämmerer Johann Blank versuchte, die Wogen zu glätten. Wenn die Stadt neuer Flächen habhaft werde, werde sie diese liebend gerne anbieten. Und "Soft Skills" seien für große Firmen unablässig.

© SZ vom 31.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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