Schlachten bei Dietramszell:Hinterhalt im Zeller Wald

An der Zwieselbrücke stellten einheimische Bauern und Bürger erst den Schweden und später den Pandschuren eine Falle - und nutzten dabei den einzigen Vorteil, den sie dem überlegenen Gegner gegenüber hatten.

Isabel Meixner

Dietramszell im Jahr 1742. "Schreckliche Reiter" ziehen übers Land, "zerlumpte Gestalten", die morden und die Höfe der Einheimischen brandschatzen. So beschreibt der Historiker Nepomuk Sepp aus Bad Tölz in seinem Buch "Die Kriegsthaten der Isarwinkler" jenes Jahr, in dem der österreichische Erbfolgekrieg das Oberland erreichte und kaiserliche Truppen, Panduren und Tollpatschen ganze Wagenladungen voller Beutegüter aus dem Voralpenland abtransportieren ließen. Die Bevölkerung hatte den Raubzügen wenig entgegenzusetzen und musste auch noch Brandsteuer entrichten. Dafür wurden ihre Höfe nicht niedergebrannt. Wenn die Einheimischen Glück hatten.

Schlachten bei Dietramszell: Ein Gedenkstein der Ellbacher Schützen erinnert noch an den Kampf gegen Schweden und Pandschuren im Dietramszeller Wald.

Ein Gedenkstein der Ellbacher Schützen erinnert noch an den Kampf gegen Schweden und Pandschuren im Dietramszeller Wald.

(Foto: Hartmut Pöstges)

"Diese Verzweiflung", schreibt Nepomuk Sepp, "trieb das Landvolk dazu, die Sturmfahne aufzuwerfen." Zahlen- und waffenmäßig unterlegen, entschlossen sich die Einheimischen, einen der wenigen Vorteile zu nutzen, die sie gegenüber den Fremden hatten: ihre genauen Kenntnisse des Zeller Waldes, durch den die direkte Verbindungsstraße von Bad Tölz nach München führte.

Am 12. April 1742, als kaiserliche Truppen wieder ihre Kriegsbeute nach München transportieren lassen wollten, legten sich bewaffnete Männer unter der Führung von Hans Gering vom Mühlberg nachts im dicht bewaldeten Zeller Wald auf die Lauer. Wie viele es waren, ist nicht überliefert. Die Zwieselbrücke war ein ideale Ort für einen Hinterhalt, denn entlang des Flusses hatte "die Natur selber eine Festung aufgeworfen und die vorspringenden Waldhügel bildeten von selber Schanzen und Verhaue", schreibt Sepp.

Als sich die Soldaten in der Schlucht befanden, schnappte die Falle zu. Die Angreifer eröffneten von hinten und von vorne das Feuer, ein Ausweichen nach rechts oder links war nicht möglich. Eine Kugel traf den Anführer der Truppen, den ungarischen Adjutanten Christian von Gondola, tödlich. Fünf weitere Pandschuren starben. Gondolas Soldaten flohen daraufhin in Panik und wurden bis Wolfratshausen versprengt. Die Angreifer verschwanden ebenfalls im Wald. Mit ihnen die Kriegskasse und Gondolas silbergeschmückter Handschuh.

Der schwedische Konvoi: ein Truppen- oder Geldtransport?

Der Hinterhalt von 1742 war bereits der zweite erfolgreiche an dieser Stelle. Schon während des Dreißigjährigen Kriegs hatten die einheimischen Bauern ihre Waldkenntnisse genutzt, um den protestantischen Schweden im Mai 1632 eine vernichtende Niederlage zuzufügen. Der Markt Tölz war gerade beschossen und geplündert, der Kirchenschatz des Klosters Dietramszell gestohlen worden, als sich Bauern aus den umliegenden Ortschaften gegen die Eindringlinge zusammenschlossen.

Auch sie lauerten ihren Gegnern an der Zwieselbrücke auf. Wie Agnes Wagner, Archivarin der Gemeinde Dietramszell, vermutet, hatten die Einheimischen irgendwie Wind davon bekommen, dass sich ein schwedischer Trupp auf dem Weg nach München befand. Denn zu diesem Zeitpunkt sei die Straße in schlechtem Zustand und kein wichtiger Verbindungsweg zwischen Tölz und München gewesen, meint sie. Ob der Konvoi in erster Linie ein Geld- oder ein Truppentransport war, darüber gibt es verschiedene Meinungen. Wagner vermutet beides: Kriegsbeute wurde in der Regel von Soldaten begleitet.

Die Schweden traf der Hinterhalt unerwartet. In der Enge brachte ihnen ihre zahlenmäßige Überlegenheit nichts, sie erlitten hohe Verluste und mussten auf ihrer Flucht 50 Pferde, Wagen, Vieh, Waffen und vieles mehr zurücklassen.

Gedenkstein an der "Mörderbrücke"

Ob die Zwieselbrücke deshalb noch heute als "Mörderbrücke" bezeichnet wird? Möglich ist dies, aber nicht gesichert. Ebenso wenig, wie viele Isarwinkler den Hinterhalt gelegt haben. 30 sollen es gewesen sein, schreibt Georg Westermayer in seiner "Chronik von Tölz". Doch diese Zahl basiert - wie viele Details der beiden Hinterhalte - auf mündlichen Überlieferungen. Auch Nepomuk Sepp schrieb "Die Kriegsthaten der Isarwinkler" erst 100 Jahre nach dem zweiten Hinterhalt auf der Grundlage von Erzählungen auf. Nicht nur deshalb sei der Historiker mit Vorsicht zu genießen, sagt Sebastian Lindmeyr vom Stadtarchiv Bad Tölz: "Er ist Romantiker. Manchmal ist die bayerische Nationalbegeisterung durchgegangen mit ihm, was Realität war und was nicht."

Noch heute erinnern das Grab Gondolas in Kirchbichl und seine beiden Handschuhe, die im Besitz des Stadtmuseums Bad Tölz sind, an den Hinterhalt von 1742. Ein Stein, aufgestellt von den Ellbacher Schützen in der Nähe der Zwieselbrücke, gedenkt noch heute der Angreifer, die dabei ihr Leben ließen: "Den Isarwinkler Bauern und Bürgern zum Gedenken, die in den Jahren großer Bedrängnis 1632 und 1742 an dieser Stelle ihre Heimat gegen Schweden und Panduren verteidigten."

Zu ihnen zählt auch Joseph Heinkreiter, der von den kaiserlichen Truppen Tage nach dem Hinterhalt erschlagen wurde. Als Rache dafür, dass er den Adjutanten Gondola erschossen haben soll.

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