Kein Glasfaser in Schäftlarn:Der lange Weg zum schnellen Internet

Netzausbau - Internet

Hier laufen zahlreiche Glasfaserkabel zusammen: Sie ermöglichen schnelles Surfen im Internet, mit nahezu unbegrenzter Geschwindigkeit.

(Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

Die Bürger müssen weiter auf Highspeed-Anschlüsse warten. Warum sich in Bayern selbst reiche Gemeinden damit schwer tun.

Von Pia Ratzesberger, Schäftlarn

Jetzt muss sie es doch noch sagen. Eigentlich ist die Diskussion über das schnelle Internet schon vorbei, hier im Sitzungssaal der Gemeinde Schäftlarn, doch Maria Reitinger ist alles andere als zufrieden: "Wir besprechen, ob wir die ganze Gemeinde mit 30 Mbit versorgen, dabei ist das doch überhaupt keine Grundlage mehr", sagt die Zweite Bürgermeisterin (Unabhängige Wählergruppe Gemeindewohl) und schüttelt den Kopf. Sogleich erhält sie Zustimmung von der rechten Tischseite. Christian Lankes (Grüne) findet es ebenfalls "schwierig, dass man einer Technik plant, die fast schon überholt ist".

Dass nun wieder von einer Übertragungsrate von 30 Megabit pro Sekunde die Rede ist, hat einen Grund: Schnell im Netz surfen wollen die Schäftlarner zwar, doch die Planungen gehen nur langsam voran. Und ein Glasfasernetz scheint schwer realisierbar.

Im Februar vorigen Jahres hatte der Bauausschuss des Gemeinderats beschlossen, raschere Internetverbindungen für Schäftlarn zu prüfen und unter anderem das private Breitbandberatungsbüro HPE zu konsultieren. Am Mittwochabend stellte Arnold Eder von HPE im Gemeinderat nun die Ergebnisse einer Wirtschaftlichkeitsprüfung vor: Lohnt es sich für die Gemeinde, auf eigene Kosten ein komplettes Glasfasernetz bis in jedes Haus zu legen, mit dem jeder in unbegrenzter Geschwindigkeit surfen kann? Lohnt es sich, zumindest für das Lehrrohrnetz aufzukommen und die Glasfaser von einer Firma verlegen zu lassen? Oder sollte den Netzbau ohnehin komplett ein privater Netzbetreiber übernehmen?

Die Kosten wären frühestens in 36 Jahren wieder drin

Nachdem das Beratungsbüro die Kosten für ein Glasfasernetz zuerst auf etwa 5,8 Millionen Euro geschätzt hatte, sind es der detaillierten Prognose zufolge mittlerweile etwa 7,6 Millionen. Davon ausgehend ist es laut Eder für die Gemeinde kaum sinnvoll, selbst tätig zu werden. 36 Jahre würde es dauern, bis die Gemeinde die Kosten eines eigenen Netzes wieder drin hätte. Bei einem Leerrohrnetz wären es sogar mehr als 50 Jahre. Das Problem an der dann noch verbleibenden Lösung ist allerdings: "Für einen privaten Netzbetreiber ist es wirtschaftlich wahrscheinlich nicht attraktiv, die bisher vernachlässigten Gebiete in Schäftlarn mit Glasfaser aufzurüsten", sagt Eder.

Netz trotz Land

Noch immer sind die Internetverbindungen in Deutschland vielerorts langsam, vor allem abseits der großen Städte. In 90 Prozent aller ländlichen Gemeinden in Bayern kann mit mehr als sechs Megabit pro Sekunde gesurft werden. Doch nicht einmal die Hälfte erreicht eine Geschwindigkeit von mehr als 30 Mbit. Über mehr als 50 Mbit können sich laut dem Breitbandatlas des Bundeswirtschaftsministeriums gerade einmal etwa 28 Prozent freuen. Zum Vergleich: In städtischen Gemeinden in Bayern sind es mehr als 87 Prozent. Der bayerische Staat hat schon länger ein eigenes Breitband-Förderprogramm, momentan befinden sich 91 Prozent aller Kommunen in diesem Förderverfahren. Der Bund hat am Mittwoch allerdings ein neues, bundesweites Breitband-Förderprogramm an den Start gebracht. Zwei Milliarden Euro sollen dabei helfen, mehr Kommunen mit schnellem Internet zu versorgen - bis zum Jahr 2018 will die Bundesregierung flächendeckend Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 Megabit pro Sekunde erreichen. Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) möchte jetzt prüfen, ob sich beide Programme kombinieren lassen. Ansonsten fürchtet er, dass die meisten Gemeinden in Bayern von dem Programm des Bundes ausgeschlossen blieben. RATZ

Deshalb geht es jetzt wieder um die 30 Mbit. Wenn Glasfaser zu teuer sei, sollte man dann nicht wenigstens die gesamte Gemeinde mit Hilfe des bayerischen Breitband-Förderprogramms auf ein Niveau zwischen 30 und 50 Mbit bringen, fragt Stefan Jocher, Leiter des Bauamts. Diese Geschwindigkeit sei noch längst nicht für alle in Schäftlarn selbstverständlich - Bürgermeister Matthias Ruhdorfer (CSU) wirft ein, manche Bürger klagten über sechs Mbit. Für die 30 bis 50 müsste man laut Jocher kein umfassendes Glasfasernetz bis zu den Häusern legen, es würde reichen, die Kabelverzweiger aufzurüsten - ansonsten blieben die alten Kupferkabel im Boden. Der Vorteil: geringere Kosten. Der Nachteil: ein relativ geringerer Standard, der schon bald überholt sein könnte.

Reitinger schaut skeptisch drein, Firmen locke man damit wohl kaum nach Schäftlarn, sagt sie. Schnell entschieden wird an diesem Mittwoch über das schnelle Internet sowieso nicht. In der kommenden Woche will der Gemeinderat sich noch einmal beraten.

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