Schäftlarn:Ein Kubus für den heiligen Dionysius

Die Klosterkirche hat einen neuen Altar. In dem modernen Kalksteinblock von Josef Sailstorfer kommt nun erstmals auch eine uralte Reliquie des Kirchenpatrons zur Geltung

Von Ingrid Hügenell, Schäftlarn

Es war im Sommer 1931. Damals kamen einige Domkapitulare aus Paris ins Kloster Schäftlarn und überbrachten dem Abt Sigisbert ein wertvolles Geschenk: Ein Stück Knochen des heiligen Dionysius samt Zertifikat, das dessen Echtheit bestätigt. Die Reliquie ist Teil des neuen Volksaltars, der an diesem Samstag von Kardinal Reinhard Marx geweiht wird. Dem Heiligen, dessen französischer Namen Saint Denis lautet, ist die Schäftlarner Klosterkirche geweiht, und er ist auch der Stadtheilige der französischen Hauptstadt. Denn der Märtyrer war der erste Bischof von Paris.

"Die Initiative für die Schenkung ging von der Basilika St. Denis in Paris aus", sagt Pater Stefan Geiger, der heute in der Schäftlarner Benediktinerabtei lebt und arbeitet. Ob man den Erzählungen glauben könne, dass die Pariser Domherren seinerzeit recht unvermutet in Schäftlarn auftauchten, weiß Geiger nicht. Unbekannt ist auch, was sie zu der Schenkung bewog. Sicher habe es etwas damit zu tun, dass die erste Kirche im heutigen Kloster schon 762 dem Dionysius geweiht wurde, sagt Geiger. Von der heiligen Juliana, der zweiten Patronin der Kirche, gibt es in Schäftlarn keine Reliquie.

1254 Jahre alt

...ist das Kloster Schäftlarn. Im Jahr 762 gründete der Priester Waltrich eine Cella am Isarufer, die erste Dionysius-Kirche wurde in diesem Jahr geweiht. Im 10. Jahrhundert erlischt das Kloster wegen der Bedrohungen durch die Ungarn, wird aber 1140 als Prämonstratenser-Abtei wieder errichtet. 1803 wird es im Zuge der Säkularisation aufgelöst. König Ludwig I. stiftet 1866 ein Benediktiner-Priorat, die Erhebung zur Abtei folgt 1910.

Das Knochenstück, das vom Oberschenkel des Dionysius stammen soll, war jedenfalls seit damals im Kloster, auch wenn man dort keine rechte Verwendung dafür hatte. "Die Reliquie lag beim Abt im Tresor", sagt Pater Geiger. Man habe auf die passende Gelegenheit gewartet, etwas Besonderes mit ihr zu machen. Die ergab sich nun, als im Rahmen der großen Sanierung der Klosterkirche klar wurde, dass auch ein neuer Altar errichtet werden sollte. Denn längere Zeit dienten zwei Holztische als provisorischer Altar.

Der neue ist nun fertig, der Künstler Josef Sailstorfer hat ihn aus Kelheimer Kalkstein angefertigt. Sailstorfer, der in Neufraunhofen in der Nähe von Landshut lebt, hatte im Februar einen Wettbewerb gewonnen, den der Konvent ausgeschrieben hatte. In den modernen Kalksteinblock ist ein Kubus eingearbeitet, der die mutmaßlich uralte Reliquie birgt und von außen sichtbar ist. Das Knochenstück bildet nun das Zentrum des Altars und damit auch des Altarraums. Den Stein, aus dem der neue Altar entstand, haben die Benediktiner zusammen mit dem Künstler und Klosterverwalter Stefan Rührgartner selbst ausgesucht. Im Mai waren sie im Steinbruch Essing bei Kelheim, nahmen mehrere Blöcke in Augenschein. "Man spürt, welcher der richtige Stein ist und findet einen Zugang zum Material", berichtet Pater Geiger.

Neu angefertigt wurde auch ein Ambo, ein Lesepult, aus dem selben Stein. Der Kalkstein, der nicht rein weiß sei, nehme den Farbton der Bodenplatten und der Fresken auf. Und obwohl Altar und Ambo in der barocken Kirche sehr modern wirkten, drängten sie sich nicht in den Vordergrund, sagt Pater Geiger: "Es passt sich sehr gut ein."

Der Altar ist nicht im Boden verankert, sondern ruht auf einer Stahlplatte. So entsteht eine sogenannte Schattenfuge, die ein wenig den Eindruck vermittelt, der Stein schwebe. Dabei ist der Altar insgesamt etwa fünf Tonnen schwer, obwohl der untere Teil weitgehend hohl ist. Der Altartisch ruht auf einem aus dem Stein geschnittenen Kreuz. Und dort in der Mitte ist der Kubus mit zwölf Zentimetern Kantenlänge eingelassen, in dem die Reliquie ruht - schräg, denn das versiegelte Röhrchen, in dem der Knochen sich befindet, ist etwa 14 Zentimeter lang. Durch Öffnungen an den Seiten wird der Kubus sichtbar.

Noch eine Veränderung hat es im Altarraum gegeben: Auf Anregung des Architekten Martin Spaenle und auch auf Wunsch von Abt Petrus wurde das hölzerne Kommuniongitter entfernt, das bisher den Altarraum von der Kirche abschloss. Das sei auch notwendig gewesen, um den Altar aufstellen zu können, erklärt Pater Geiger. Am liebsten wolle man das Gitter nun nicht wieder aufstellen. Ob das möglich sei, müsse aber mit dem Denkmalamt geklärt werden.

Außer Altar und Ambo gehören zur neuen Ausstattung ein bronzener Osterleuchter und neue Sitze für den Altarraum, sogenannte Sedilien. Die Kosten will die Abtei nicht genau beziffern, sie bewegten sich aber Geiger zufolge "im oberen fünfstelligen Bereich" und gehörten zu der schon 2012 abgeschlossenen Generalsanierung der Klosterkirche. Mit der Weihe am Samstag feiern die Schäftlarner Benediktiner auch erneut das 150-jährige Jubiläum der Wiedererrichtung des Klosters von König Ludwig I. im Jahr 1866.

Samstag, 5. November, Altarweihe mit Pontifikalamt von Kardinal Reinhard Marx, 10 Uhr, Klosterkirche Schäftlarn.

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