Sanierung in Schäftlarn:Alte Post, neuer Streit

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Das alte Postamt in Ebenhausen - früher und heute. (Foto: privat, Schwarzbeck)

Das ehemalige Amt steht für eine wichtige Bauepoche. Das sei nach der Umgestaltung nicht mehr zu erkennen, kritisieren manche. Nun soll sich der Gemeinderat erneut mit der Eigentümerin zusammensetzen.

Von Wolfgang Schäl, Schäftlarn

Wenn Sibylle Schwarzbeck durch Ebenhausen spazieren geht, sieht sie sich immer wieder mit einem Anblick konfrontiert, bei dem ihr, wie sie sagt, "das Herz blutet". Es ist das ehemalige, umgestaltete Postamt des Schäftlarner Ortsteils, das ihr aufs Gemüt schlägt.

Das Gebäude steht zwar nicht unter Denkmalschutz, ist - oder besser: war - aber repräsentativ für einen Stil, der mittlerweile als bedeutsame Bauepoche anerkannt ist: die Bayerische Postbauschule, die der Architekt und Stadtplaner Robert Vorhoelzer (1884 bis 1954) vorangetrieben hat und die die bayerische Ausprägung der Neuen Sachlichkeit oder auch Klassischen Moderne in Bayern darstellt. Es ist eine in den zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelte Bauweise, die konsequent auf den jeweiligen Zweck des Gebäudes abhebt und besonders in München und Umgebung exponierte Bauwerke hervorgebracht hat.

Bekannt sind unter anderem die Postämter am Harras und am Goetheplatz, ebenso das Paketzustellamt an der Arnulfstraße, ein markanter, streng nach seiner Funktion ausgerichteter Rundbau. Unter die Rubrik Neue Sachlichkeit fallen auch Gebäude im Landkreis, darunter die Tölzer Wandelhalle und das ehemalige Arbeiterferienheim in Kochel. So dominant wie Letzteres ist das alte Ebenhausener Postamt zwar nicht, aber es wurde 1934 immerhin von zwei Vorhoelzer-Schülern, Franz Holzhammer und Hans Schnetzer, errichtet.

Davon ist jetzt nicht mehr viel zu sehen, denn die Eigentümerin hat die Fassade völlig mit Holz verkleidet. Die vormals roten Dachziegel sind jetzt grau, die Fensterläden wurden entfernt, am Dach wurde eine breite Gaube aufgesetzt und dazu eine Fotovoltaikanlage installiert. Das Gebäude als solches ist erhalten, so, wie dies mit der Gemeinde vereinbart war, seinen in der Ortsmitte prägenden Charakter aber hat es verloren.

Für die Gemeinde ist es trotzdem noch ein mühsam errungener Kompromiss mit der Bauherrin, die auf dem Postgelände zusätzlich zwei Doppelhäuser errichten will und das nicht unter Denkmalschutz stehende Gebäude im Interesse einer größeren Baudichte auch hätte abreißen dürfen. Über den einschlägigen Bebauungsplan gab es lange Diskussionen im Schäftlarner Rathaus.

Vor diesem Hintergrund sei die Gemeinde wohl etwas zu vertrauensselig gewesen gegenüber der Zusicherung der Eigentümerin, das Gebäude zu erhalten, sagt Schwarzbeck, deren Mann in Ebenhausen wohnt.

Als Beispiel dafür, wie man mit einem Postamt aus dieser Zeit ganz anders umgehen könne, führt Schwarzbeck die Stadt Fürstenfeldbruck an, die mit sehr viel Liebe zum Detail ihr ebenfalls aus dem Büro Vorhoelzer stammendes Postamt renoviert habe. Es sei stets aufs Neue "eine Freude, dieses wunderbar erhaltene Kleinod anzusehen". Die Ebenhauser Post hingegen sei "in ihrer ursprünglichen Gestalt für immer verschwunden".

So sieht es auch die Ebenhauser Architektin Anke Weber, die trotzdem froh ist, dass nicht gleich das gesamte Gebäude abgerissen wurde. Sie betont aber auch den städtebaulichen Aspekt: Die Post in ihrer ursprünglichen Form sei eindeutig ortsbildprägend gewesen. In diesem Zusammenhang stößt sich Weber vor allem an der Denkmalschutzbehörde im Münchner Landratsamt. Denn dort gehe es immer nur darum, ob ein Gebäude auf der Liste der zu erhaltenden Gebäude stehe, nicht aber um den städtebaulichen Kontext, "um das Stadtambiente". Dass der vormalige Zustand der Ebenhauser Post nicht mehr hergestellt werden kann, ist ihr zwar klar, dennoch will Weber jetzt eine Unterschriftensammlung starten, um genau diesen Gesichtspunkt ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und für künftige Fälle mehr Sensibilität zu schaffen. Und an die Kreisbehörde will sie einen Brief schicken. Sie werde in dieser Frage "nicht lockerlassen", prophezeit Weber.

Dass man aus Sicht der Gemeinde mit der jetzigen Lösung "nicht sehr glücklich" ist, räumt Bürgermeister Matthias Ruhdorfer (CSU) ein. Zwar sei das System der energetischen Sanierungsmaßnahmen an dem Haus in sich schlüssig, ob es technisch andere Lösungen als die Holzfassade gegeben hätte, könne er nicht beurteilen. Ruhdorfer räumt aber ein, dass "der Stil der Zeit total abhanden gekommen" sei und durch die Veränderungen "das, was prägnant war, nicht mehr erkennbar ist".

Nach seiner Einschätzung ist das Thema "mit Sicherheit noch nicht abgeschlossen", da werde es vermutlich noch "Nachhutgefechte" geben, beispielsweise wegen der Dachgestaltung mit grauen Ziegeln, die der Bauausschuss der Gemeinde nicht akzeptiert. In der Angelegenheit sollte es noch einmal ein Gespräch zwischen der Eigentümerin und Vertretern der Gemeinde geben. Demnach soll noch im Januar ein Bericht vorgelegt und eine gemeinsame, klärende Besprechung mit dem Gemeinderat anberaumt werden. Bis dahin möchte sich die Besitzerin zu der Angelegenheit nicht öffentlich äußern.

© SZ vom 10.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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