Roche in Penzberg:Der Gigant im Nonnenwald

Der Pharmakonzern ist um weitere fünf Anlagen gewachsen und hat annähernd 6000 Beschäftigte. Bundes- und Landespolitiker zeigen sich begeistert. Bürgermeisterin Elke Zehetner spricht von einer Herausforderung für die Stadt.

Von David Costanzo

Roche wächst. Und damit sind keine Bilanzen und Börsenkurse gemeint. Der Pharmakonzern geht im Penzberger Nonnenwald in die Breite und in die Höhe. Fünf neue Anlagen vornehmlich an den Rändern des fast 60 Fußballfelder großen Werksgeländes hat der Konzern hochgezogen, bis zu 13 Baukräne mussten koordiniert werden, damit sie sich nicht in die Quere kommen. Roche hat 600 Millionen Euro investiert, nach Konzernangaben ist es nun das größte Biotech-Zentrum Europas. Das ist am Mittwoch mit 400 Gästen und viel Politprominenz gefeiert worden.

Ein Fest der Superlative: "Größter Arbeitgeber der Region", betont Alexander Dobrindt, Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur und zugleich Wahlkreisabgeordneter im Bundestag. "Nummer eins bei der In-vitro-Diagnostik", schwärmt Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, die den kurzfristig abgesprungenen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (alle CSU) vertritt und ausrichtet, dass dieser "sehr stolz" sei. Allein die Zahlen seien "gigantisch": Noch einmal 160 Mitarbeiter kommen hinzu, dann sind es fast 6000 Angestellte. Künftig können 300 Azubis am neuen Ausbildungszentrum lernen. Roche bildet auch fünf junge Flüchtlinge aus. Drei Milliarden Euro seien in den vergangenen 45 Jahren am Standort investiert worden.

Das Werk im Nonnenwald ist im Prinzip der ganze Konzern im Kleinformat und damit einzigartig: "Penzberg sucht seinesgleichen", sagt Ursula Redeker, Chefin der Sparte Diagnostics. Von der Forschung über die Entwicklung bis hin zur Produktion decke der Standort die beiden Sparten Pharma und Diagnostik ab. Hier will der Konzern dank der Neubauten weiter wachsen: Die Anlagen steigern die Produktionskapazitäten von pharmazeutischen Wirkstoffen und diagnostischen Tests.

Die Zukunft liege in einer digitalisierten und personalisierten Medizin, in der Arzneien und Therapien auf einzelne Patienten zugeschnitten werden - etwa dank genetischer Untersuchungen bei Krebskranken. Noch in diesem Jahr will ein Partnerunternehmen in Penzberg sein erstes Labor für Genomanalysen in Europa eröffnen. Diagnostics-Chefin Redeker sagt: "Für Roche ist Penzberg ein Stück Heimat geworden."

Früher sei die Vergangenheit aus dem Boden gegraben worden, heute werde die Zukunft gemacht, frohlockt Dobrindt da. Von der Pechkohle in den Reinstraum.

Uneingeschränkt einstimmen will die parteilose Bürgermeisterin Elke Zehetner nicht. Penzberg sei ohne Roche mittlerweile zwar nicht mehr vorstellbar, ebenso wenig wie ohne seine Wurzeln im Bergbau. Es sei aber "Chance und Herausforderung" zugleich, wenn ein 6000-Mitarbeiter-Konzern in einer 17 000-Einwohner-Stadt entstehe. Das Unternehmen, die Neu-Penzberger und Pendler brauchen Wohnungen, Kindergärten und Straßen. Vom Segen zum Fluch kann auch die flatterhafte Gewerbesteuer werden: Denn der Stadt droht eine Rückzahlung von 48 Millionen Euro - inklusive Zinsen.

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