Rezension:Gefühlvoller Küchengesang

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Viel Gefühl in Stimme und Saiten: Herbert und Michaela Pawliczek und Sven Heier (von links). Wolfí Mügge ist von der Sängerin verdeckt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Volles Haus im D'Amato: "D' Klampfndratza" begeistern in Wolfratshausen

Von Sabine Näher, Wolfratshausen

Wer sich unter "D' Klampfndratza" etwas explizit Bayrisches oder Traditionelles erwartet, liegt bei dieser Truppe schief. "Mia spuin von A wie Ambros bis Y wie Neil Young quer durch die letzten Jahrzehnte alles, was uns gfoit. Egal ob Austropop oder Country", erklären die vier Musiker Sven Heier (Gitarre, Keyboard, Gesang), Wolfgang Mügge (Percussion, Gitarre, Gesang), Herbert Pawliczek (Gitarre, Gesang) und Michaela Pawliczek (Gesang). Und da sie nicht zum ersten Mal im D' Amato auftreten, weiß das zahlreich erschienene Publikum, was es erwartet. Die Stimmung ist im Vorfeld schon bestens, auch wenn es mit dem akademischen Viertel erst losgeht, weil sich der Tontechniker verfahren hat. Nachdem Ortsfremde, die von der Autobahn kommen, nicht in den Hans-Urmiller-Ring einbiegen können, ist er heute Abend nicht der Erste, dem das passiert. Bereits bei der Wartemusik vom Band wird, in drangvoller Enge im restlos ausverkauften Saal, eifrig mitgesungen. "Des war mei Zeit!", sagt die Tischnachbarin mit strahlenden Augen. Und als die vier endlich die Bühne entern, kennt der Jubel im Publikum kein Halten mehr. "A vogelwuide Musik, lauter Lieder, die mia sehr gern meg'n" kündigt die Sängerin an - und legt los. Mit ihren langen, rotbraunen Haaren, enger schwarzer Hose und locker fallender Blümchenbluse ist sie eine aparte Erscheinung. Wirklich vom Hocker aber haut ihre Stimme, die scheinbar alles kann: zart und innig, laut und rockig, dabei immer total souverän. Ihre Jungs sind ihr zuverlässige Begleiter, die zu dritt einen unglaublichen Sound aufbieten können. Im Publikum wird laut mitgesungen, Köpfe und Füße wippen im Takt, nach jeder Nummer bricht der Beifall los.

Eine "besondere Überraschung" hat die Truppe für Wolfratshausen im Gepäck, eine zweite Sängerin. "Mei Tochter!", sagt Herbert Pawliczek mit verklärtem Gesichtsausdruck. "Meine scho a!", wirft Michaela Pawliczek ein und erklärt, mit Tochter Daniela heute einmal nicht in der heimischen Küche, sondern auf der Bühne im Duett zu singen. Die Ankündigung eines "Küchengesangs" lässt ganz kurzfristig gewisse Befürchtungen aufkommen, aber mit dem ersten Takt wird klar, dass die Tochter schon fast ebenso professionell wie die Mutter agiert. Dass dies wirklich die Bühnenpremiere des Duos sein soll, scheint kaum zu glauben. Mit langen blonden Haaren, schwarzer Leggings und rosa Rüschenbluse ist Daniela auch optisch die perfekte Ergänzung zur Mutter. "Welcome to the Hotel California" von den Eagles singen die beiden und entwickeln einen verführerischen Sound, den die Band einlullend begleitet. Diese Besetzungsvariante ist durchaus ausbaufähig, scheitert aber daran, dass Daniela für den "Familienbetrieb", wie Vater Pawliczek scherzt, oft einfach keine Zeit habe.

Songs von Bette Midler, Dolly Parton, Sinead O' Connor und Bruce Willis lässt Michaela Pawliczek folgen, mitunter stimmt einer der Bandkollegen als zweite Stimme ein, mal legt Mügge ein super Schlagzeug-Solo hin und grinst dabei Anerkennung heischend in den Saal. Rainhard Fendrichs "Weilst a Herz hast wia a Bergwerk" wird zur Liebeserklärung der Sängerin an ihren Mann. Das Publikum ist gerührt.

Nach langem, heftigen Beifall folgt ein Zugabenblock mit gleich drei Nummern. Auf- und Abgehen wäre im übervollen Saal ohnehin nicht möglich. Und ganz zum Schluss gibt's dann noch eine Premiere: Ein neues, eigenes Lied, das das Ehepaar als Gesangsduo vereint, von zwei Gitarren begleitet. "Weil jezz is grad so schee" ist eine sehr gefühlige Nummer, die die Besucher wärmt für den Nachhauseweg in dunkler Kälte.

© SZ vom 24.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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