Rezension:Fantastische Stimmen, fremde Gäste

Rezension: Alle Sänger auf einer Bühne, bei der Matinee in der Tölzer Stadtpfarrkirche.

Alle Sänger auf einer Bühne, bei der Matinee in der Tölzer Stadtpfarrkirche.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Gesungen wird beim Chorfestival perfekt. Eine ganz runde Sache gelingt dennoch nicht. Die Buben aus Dubna bleiben in Bad Tölz eher außen vor

Von Reinhard Szyszka, Bad Tölz

Mit der Ausgestaltung der Sonntagsgottesdienste ist der musikalische Teil des Knabenchorfestivals zu Ende gegangen. Die Gäste aus Sankt Florian in Österreich und Dubna in Russland untermalten die katholische Messe in der Stadtpfarrkirche, während die Gastgeber, der Tölzer Knabenchor, den evangelischen Gottesdienst in der Johanneskirche mitgestalteten. Für die Knaben selbst ging es mit dem gemeinsamen Mittagessen und - ganz wichtig! - dem Fußballturnier der beteiligten Chöre weiter, bevor sich die Gäste allmählich auf den Heimweg begaben.

Die wirtschaftliche Bilanz des Festivals fällt durchwachsen aus. Susanne Frey-Allgaier, beim Tourismusbüro für die Kultur zuständig, hätte sich bei allen drei Konzerten mehr Besucher gewünscht. In den nächsten Tagen liegen die genauen Zahlen vor; dann wird man sehen. Unerwartete Zusatzkosten wie die Reparatur des Busses, mit dem der russische Chor angereist war, schlagen natürlich auch zu Buche. "Aber wir lassen uns nicht entmutigen", sagt die Tourismusdirektorin. Das nächste Knabenchorfestival ist schon in Planung. Aus künstlerischer Sicht sei vorsichtig die Frage gestellt, ob es wirklich eine gute Idee war, einen - geografisch wie kulturell - so nahen und einen so fernen Chor gemeinsam einzuladen. Zwischen den Gastgebern, dem Tölzer Knabenchor, und den Sankt Florianer Sängerknaben aus Österreich "funkte" es sofort, zumal es keine Sprachbarrieren gab. Der dritte Chor, der Knabenchor Dubna aus Russland, stand eher abseits.

Das machte sich während des Festivals immer wieder bemerkbar. Es waren eben nicht drei Chöre, die da miteinander musizierten, sondern zwei Chöre und daneben noch ein dritter. Das fing schon damit an, dass beim gemeinsamen Singen aller drei Chöre die Russen die vereinbarten deutschen Lieder nicht "draufhatten". Besonders beim Eröffnungskonzert war dies geradezu peinlich sichtbar; tags darauf beim Galakonzert wurden die russischen Sänger vorsorglich in den hinteren Reihen "versteckt". Nicht ganz verständlich, denn das Programm war lange vorher zwischen allen Beteiligten abgesprochen worden. Zum Vergleich: der Tölzer Knabenchor hatte ebenso wie die St. Florianer Sängerknaben das russische Lied "Moskauer Nächte" selbstverständlich vorab einstudiert, in russischer Sprache, und beide Chöre trugen es mit großer Begeisterung und Inbrunst vor.

Bei der Geistlichen Matinee am Samstagvormittag zogen die Tölzer und die Florianer Sängerknaben mit der größten Selbstverständlichkeit durch den Mittelgang in die Kirche ein; ebenso hielten es die Florianer allein beim Sonntagsgottesdienst. Der Knabenchor Dubna schlich sich beide Male durch eine Seitentür hinein. Das mag liturgische Gründe haben und mit der russisch-orthodoxen Konfession der meisten Sänger dieses Chors zu tun haben; schade war es allemal.

Mit der Geistlichen Matinee - also mit dem zweiten Konzert - hatte der russische Chor sein Pulver verschossen und beschränkte sich anschließend auf Wiederholungen. Beim Galakonzert und ebenso bei der Sonntagsmesse sangen die Russen ausschließlich bereits Gehörtes. An und für sich nicht schlimm: Die Musik ist so schön und der Gesang des Knabenchors Dubna ist so perfekt, dass man die Werke gerne ein zweites und drittes Mal hört.

Die Tölzer und Florianer hingegen präsentierten nicht nur beim Galakonzert ein komplett neues Programm, ohne Überschneidungen mit den vorangegangenen Konzerten, sie hatten darüber hinaus weitere Werke für die Gottesdienste vorbereitet. Am Sonntag sang der Knabenchor St. Florian in der Stadtpfarrkirche Teile einer Messe der französischen Komponistin Cécile Chaminade, während der Tölzer Knabenchor den evangelischen Gottesdienst mit Pfingstkantaten bereicherte.

Dennoch: Für alle Besucher war das Knabenchorfestival wieder einmal ein tolles Erlebnis mit wunderbarer Musik und vollendetem Chorgesang. Das Festival ist eine echte Bereicherung des Tölzer Kulturlebens, und vielen Einheimischen und Auswärtigen ist es ans Herz gewachsen, so dass sie es auch in Zukunft nicht missen möchten.

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