Reichersbeuern:Vorsicht vor dem toten Winkel

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Oberbayern-Auftakt der Aktion "Sicher zur Schule - Sicher nach Hause" in Reichersbeuern: Erstklässer lernen ganz konkret, was sie beachten sollten.

Von Lea Utz, Reichersbeuern

Ein rohes Ei, verpackt in einem winzigen Styropor-Helm, landet unversehrt auf dem Pflaster des Schulhofs in Reichersbeuern. "Was würde passieren, wenn wir das gleiche jetzt noch mal ohne Helm machen?", fragt Ilka Fottner von der Kreisverkehrswacht die um sie versammelten Schüler. "Dann hätten wir Rührei", kommentiert eine Erstklässerin in neongelber Warnweste trocken. "Genau - und deshalb tragen wir beim Radfahren auch immer einen Helm", erklärt die Ehrenamtliche geduldig.

Ob mit dem Fahrrad, mit dem Bus oder zu Fuß - seit dieser Woche machen sich bayernweit jeden Tag mehr als 110 000 Erstklässler auf den Weg zur Schule. "Das ist ein sehr gefahrenvoller Weg", sagte Peter Starnecker, Vizepräsident der Landesverkehrswacht Bayern, der am Freitag zur Auftaktveranstaltung der Gemeinschaftsaktion "Sicher zur Schule - Sicher nach Hause" in Reichersbeuern zu Gast war. Gerade für die Jüngsten sei die Herausforderung groß, denn ihr Sichtfeld sei um ein Drittel kleiner sei als das eines Erwachsenen. An die ungewohnte, neue Situation müssten die Kinder erst herangeführt werden. "Da sind Sie, liebe Eltern, gefragt", sagte Starnecker.

Peter Starnecker appelliert an die Eltern. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Regierungsvizepräsidentin von Oberbayern, Maria Els, betonte die "wichtige Botschaft" der Gemeinschaftsaktion, die von der Polizei, der Verkehrswacht und vielen weiteren Trägern unterstützt wird. Das Projekt setzt sich seit mehr als 40 Jahren für mehr Verkehrssicherheit auf dem Schulweg ein - und das durchaus mit Erfolg: "Die Anzahl der Schulwegunfälle ist sehr stark zurückgegangen", sagt Robert Kopp, Präsident des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. In den neun Landkreisen und in der Stadt Rosenheim, für die sein Präsidium zuständig ist, hätten sich im vergangenen Jahr insgesamt noch 64 Unfälle ereignet, bei denen Schüler zu Schaden kamen. Man müsse weiterhin am Ball bleiben: "Jedes auf dem Schulweg verletzte Kind ist eines zu viel." Entscheidend sei, dass Erwachsene ihre Vorbildfunktion im Straßenverkehr wahrnehmen. Kopp verwies auch auf die wichtige Rolle der Schulweghelfer. An den Kreuzungen, an denen Schulweghelfer im Einsatz sind, sei nie auch nur ein einziger Schüler verletzt worden. "Wir sind auf die Unterstützung des Ehrenamts angewiesen", sagte er. Die Aufklärungskampagne hat aber nicht nur die Kinder im Blick, die den Schulweg zu Fuß bewältigen. Denn immer mehr Schüler fahren mit dem Bus. "Es werden ehrenamtliche Schulbuslotsen gebraucht, die als Aufsichtsperson im Bus mitfahren", sagte Starnecker. Auch beim Ein- und Aussteigen seien Ehrenamtliche gefragt. Darüber hinaus bietet die Initiative Seminare für Schulbusfahrer an.

Die Erstklässler der Grundschule Reichersbeuern erwartete am Ende ihrer ersten Schulwoche noch eine besondere Überraschung: ADAC-Präsident August Markl überreichte jedem Schüler eine leuchtende Sicherheitsweste. Damit sollen die Kinder auf dem Schulweg künftig besser für Autofahrer sichtbar sein. Im Pausenhof gab es im Anschluss außerdem Anschauungsunterricht für die Schulanfänger: Sie schlüpften zum Beispiel in die Rolle des Busfahrers und beobachteten, wie eine ganze Reihe ihrer Klassenkameraden im toten Winkel verschwand. An einer Puppe zeigten Freiwillige der Verkehrswacht den Schülern auch, wie ein Kind im Auto ohne Gurt bei einer Vollbremsung durch die Luft geschleudert wird. "Anschnallen", bemerkte ein Schüler fachkundig - "dann fliegt er nicht."

© SZ vom 17.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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