Im Gespräch mit Christian Springer:Flucht und Kabarett

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Kabarettist Christian Springer. (Foto: Franz X. Fuchs)

Wie vereinbart Christian Springer Kabarettauftritte und sein Engagement für Flüchtlinge?

Von Pia Ratzesberger

Seit sechs Tagen ist der Kabarettist Christian Springer (Foto: Fuchs) wieder zurück in Deutschland, er war mit seinem gemeinnützigen Verein Orienthelfer im Norden Libanons an der syrischen Grenze unterwegs. Am Dienstag tritt er mit seinem Programm "Oben ohne" in Bad Tölz beim Tollhaus Festival um 19.30 Uhr im Konzertzelt auf. Der SZ sagte er, wie er bei seinen Auftritten mit dem Thema umgeht.

SZ: Wie reagiert das Publikum, wenn Sie die Flüchtlingskrise thematisieren?

Christian Springer: Ich höre ziemlich viele gute Geschichten, wenn ich mit den Leuten in der Pause oder nach dem Auftritt rede. Erst gestern war ich in einem Ort in Niederbayern, dem Nachbarort meines Auftritts, mit 600 Einwohnern und 80 Asylbewerbern, letztere fast alles junge Männer. Man könnte jetzt denken, "oh Gott, wie furchtbar", da schicken die ihre Töchter bestimmt nicht mehr auf die Straße - aber nein, es klappt wunderbar. Man spielt gemeinsam Fußball und die Männer lernen immer besser Deutsch.

Kritische Stimmen hören Sie nicht?

Die Leute mit Ressentiments sprechen mich persönlich gar nicht erst an. Außerdem glaube ich, dass die Welt in den vergangenen fünfzehn Jahren tatsächlich offener geworden ist - sogar Bayern.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger, hat gefordert, Asylbewerber nach Syrien zurückzuschicken.

Ja, damit verstößt er ganz klar gegen das Grundgesetz. Jeden anderen, der sich das leistet, würde man sofort ausweisen - aber den Straubinger, den will natürlich niemand.

Sie sind seit Jahren in der Region um Syrien unterwegs, im Land selbst waren Sie das letzte Mal vor zwei Jahren. Wie war Ihr Eindruck?

Schon damals schlug mir die größtmögliche Zerstörung entgegen, Krieg, wie man ihn bei uns nur aus Gruselfilmen kennt. An der Grenze im Libanon haben wir jetzt Feldküchen aufgestellt, jede dieser Feldküchen versorgt täglich 600 bis 800 Flüchtlinge.

War Ihnen schon länger klar, dass so viele Flüchtlinge kommen werden?

Ich habe mir seit 2011 den Mund fusselig geredet, aber das wollte ja keiner hören. Ich halte es für einen Skandal, dass so lange nichts unternommen wurde.

In Deutschland wird nun wieder an den Grenzen kontrolliert. Was wird das ändern?

Man kann Stacheldrähte noch so hoch bauen, Mauern noch so fest und das Mittelmeer kann noch so tief sein, die Leute werden kommen. Das Gelaber muss endlich aufhören.

Inwiefern?

Wir fressen hier Molekularmenüs und haben unsere Wohnzimmer mit höchster Technologie ausgerüstet, sind eines der reichsten Länder der Erde und trotzdem kommen wir mit solch einer Situation nicht zurecht. Das geht nicht. Ganz Deutschland muss jetzt zusammenhalten.

Haben Sie überhaupt noch Lust, Leute zum Lachen zu bringen?

Ja, natürlich. Ich weise das Publikum gerne darauf hin, dass es nicht in Panik verfallen soll. Wir sind in jüngster Zeit schon dreimal gestorben: Erst war es das Ebolavirus, dann die Ukraine und der dritte Weltkrieg und schließlich Griechenland, das den Euro zerstört hat. In ein paar Wochen sterben wir wahrscheinlich alle an Pudelgrippe.

© SZ vom 15.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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