Wer sich da alles auf der Bühne tummelt: Udo Jürgens und der Milchmann Tevje, die Tölzer Ratschkathl mit ihrem Hund Bazi, Leonard Cohen und der Storch beim Morgenspaziergang. An diesem Sonntagabend präsentieren die beiden Leiter des Tölzer Marionettentheaters, Albert Maly-Motta und Karl-Heinz Bille, die ganze Bandbreite des Puppenspiels. Sie zeigen, dass das professionelle Puppenspiel eine schwer auszuübende Kunstform ist, die eine Ausbildung und lebenslanges Lernen erfordert. Für ihre Spielkunst und ihre Poesie ernten sie tosenden Applaus. Und mit ihrer Zugabe "Metamorphosen eines Regenschirms" endet heuer das Dietramszeller Festival "Larizell".
Die Veranstaltung findet in der "Sonnenhof-Gasterei" statt, die sonst nur für private Veranstaltungen zugänglich ist. Hausherr Florian von Schilcher ist unter den Gästen, die kulinarisch von Anneliese Miller und ihrem Team versorgt werden. Ein Feuer prasselt im Kamin, im Saal sind die Tische geschmückt.
Zum fünften Mal in Folge fand das kleine, aber feine Festival in der Gemeinde Dietramszell statt. Es hat sich zum Ziel gesetzt, die Vielfalt des Puppenspiels zu zeigen. Zur großen Freude der Veranstalter - des Arbeitskreises Tourismus und Gastronomie und des Kulturvereins Dietramszell - waren alle Veranstaltungen ausverkauft. Vor mehr als fünf Jahren hatte sich eine Gruppe Ehrenamtlicher zusammengeschlossen, um über das Thema "Lebensqualität durch Nähe" nachzudenken. Ziel war es, die Gemeinde mit ihren Sehenswürdigkeiten, Übernachtungsmöglichkeiten und Gasthäusern bekannter zu machen. Schnell wurde klar, dass sie eine Plattform für kreative Aktivitäten schaffen wollten. Da es in Dietramszell eine Profi-Puppenspielerin gibt - Erika Künemund -, war es naheliegend, ein Puppentheater-Festival ins Leben zu rufen. "Das gibt es nicht überall und ist ein Alleinstellungsmerkmal", sagt Bürgermeisterin Leni Gröbmaier, die voll und ganz hinter dem Festival steht und die meisten Veranstaltungen besucht.
Zehn Ehrenamtliche sind für das Gelingen zuständig, Einheimische und Zugezogene, Menschen verschiedener Berufsgruppen, ein Unternehmensberater, ein Landwirt, ein Erzieher, ein Kurator internationaler Ausstellungen. Sie treffen sich regelmäßig und bringen bei der Umsetzung des Festivals ihre Stärken ein. Die Hauptarbeit besteht darin, die Künstler auszusuchen. Es müssen Flyer und Eintrittskarten gestaltet und gedruckt, die Website erneuert, über Facebook Geschichten geteilt, Datenbanken gepflegt, Kindergärten angeschrieben, Stühle aufgestellt und Wechselgeld besorgt werden. Wichtig sind auch die Spielorte, die durchaus zum Erfolg beitragen. Es ist heute gar nicht mehr so einfach, einen Wirt zu finden, der freiwillig seinen Saal für eine Gruppe hergibt, die nichts konsumiert. Heuer waren es erneut das Gasthaus Peiß, der Huber in Linden oder - in diesem Jahr ganz neu dabei - die Sonnenhof-Gasterei. Nicht jede Örtlichkeit ist geeignet. Denn die Bühne muss ins Wirtshaus passen, technische Rahmenbedingungen sind vorher abzuklären.
Mittlerweile haben sich Kontakte zu vielen Künstlern gebildet. Durch die internationale Puppenspieler-Vereinigung bewerben sich inzwischen Puppenspieler aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, um bei Larizell aufzutreten. Man kennt sich und ist gut vernetzt. Wo Dietramszell liegt, wissen sie alle.
Während des Festivals stellt die Dietramszeller Bäckerei Ehegartner Larizell-Pralinen her und der Hörmannhof in Linden liefert Larizell-Schafsmilchseife. Zum Erfolg haben auch die niedrigen Preise der Veranstaltungen beigetragen. Kinder zahlen fünf Euro, Erwachsene acht; eine Familie mit zwei Kindern 20 Euro. Längst hat sich eine Fangemeinde gebildet. Die Besucher kommen aus der Umgebung, die bis München reicht. Zum Bedauern der Veranstalter kaufen die meisten ihre Tickets auf den letzten Drücker. Wären die Veranstaltungen schon vorher ausverkauft, könnten alle Beteiligten besser schlafen. "Das ist der Spiegel unsere Zeit - keiner möchte sich mehr festlegen", so Erika Künemund, die sich um den Kartenverkauf kümmert.
Larizell 2017 findet am ersten Wochenende nach der Wiesn statt