Prozessauftakt am Amtsgericht:Tod im Walchensee

Sommerlicher Walchensee

Der Walchensee ist eines der beliebtesten Ziele für Taucher in Bayern. Doch der sehr kalte und tiefe Bergsee hat seine Tücken.

(Foto: Frank Leonhardt/dpa)

34-jähriger Österreicher starb - der Tauchlehrer muss sich vor dem Amtsgericht verantworten.

Von Benjamin Engel

Für einen 34-jährigen Österreicher ist bei einem Tauchgang im Walchensee Ende Juli 2016 jede Hilfe zu spät gekommen. Erst nach einer Stunde hatten Rettungskräfte den jungen Mann leblos am Seegrund entdeckt - und konnten ihn nur noch tot bergen. Gemeinsam mit seiner damals 33-jährigen Freundin hatte er einen Gutschein bei einer Münchner Tauchschule eingelöst. Ein 36-jähriger Aushilfstauchlehrer hatte das Paar im nur sechs Grad kalten Walchensee begleitet. Dieser musste sich am Montag vor dem Wolfratshauser Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Er soll, so der Vorwurf, die für solche Temperaturen zu dünne Ausrüstung des Österreichers unzureichend kontrolliert haben. Das Urteil steht noch aus.

Die letzten Lebensminuten des Opfers müssen dramatisch verlaufen sein. Wie die Freundin des Opfers aussagte, hätten sie und ihr Freund in rund 30 Metern Tiefe dem Tauchlehrer signalisiert, wieder auftauchen zu müssen. Die Pressluftflasche ihres Freundes sei nur noch halb gefüllt gewesen. "Auch mir ging es immer schlechter. Mir ist schwindelig geworden", erklärte sie. Sie seien beide beim Tauchen in Bergseen unerfahren gewesen. Bis in eine Höhe von etwa zehn Metern unter der Seeoberfläche seien sie viel zu schnell nach oben aufgetaucht. Dann habe der Tauchlehrer sie gestoppt. "Dann habe ich nur noch 1000 Luftblassen mitbekommen. Alles hat sich gedreht." Alle drei sanken wieder auf einer Tiefe von etwa 36 Metern ab. Schließlich leitete die junge Frau den Notaufstieg ein. Die beiden anderen blieben unten zurück.

Wie der Ismaninger Tauchlehrer schilderte, sei der Österreicher dabei panisch geworden und er selbst dann auch. Ihm selbst sei schwarz vor Augen geworden. "So etwas habe ich noch nie erlebt. Das war wie zwei Wände, die auf mich zugegangen sind", sagte er. Er habe nicht mehr gewusst, wie er sie beide hätte nach oben bringen können. Der Mann habe nicht mehr auf ihn reagiert. Deshalb habe er sich losgerissen - und sei nach oben getaucht. "Die Geschichte kreist mir immer noch im Kopf herum, sie beeinträchtigt mich heute schwer", erklärte er. "Ich habe so viel wie möglich versucht zu verdrängen."

Der tödlich Verunglückte war bei all seinen 25 vorherigen Tauchgängen zuvor nur in deutlich wärmerem Meerwasser getaucht. Sein Anzug war mit fünf Millimetern laut einem Sachverständigen viel zu dünn für das Tauchen in einem kalten Gebirgssee. "Die hätte sieben Millimeter dick sein müssen plus eine Eisweste". Die insgesamt zwölf Kilogramm schweren Bleiplatten im Tauch-Jackett des Mannes seien für Süßwasser deutlich zu schwer gewesen. Deshalb seien die drei nach dem ersten Auftauchen vermutlich wieder abgesunken. Zudem habe die Freundin einem anderen fest angestellten Tauchlehrer der Münchner Schule vor dem Ausflug zum Walchensee erklärt, dass ihr Freund mehr Luft beim Tauchen brauche. "Die Zehn-Liter-Pressluftflasche, die er bekommen hat, war sehr knapp bemessen", sagte der Gutachter.

Die Freundin des Opfers hatte nach eigenen Angaben auf den dünnen Anzug bei der Tauchschule hingewiesen. An den Aushilfstauchlehrer waren die Informationen nicht weitergegeben worden.

Der hatte die Ausrüstung des Österreichers nicht näher kontrolliert. Der Mann habe die nötigen Qualifikationen gehabt. "Jeder war sich sicher, dass dieser Mann den Tauchgang hat machen können", sagte er. Selbst habe er auf das österreichische Pärchen im Wasser gewartet. Die beiden hätten ihre Ausrüstung zuvor an Land überprüft. Fünf Meter unter der Wasseroberfläche habe er noch einen weiteren Check gemacht. Alles sei soweit in Ordnung gewesen.

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