Prozess wegen Sekundenschlaf:Nur kurz am Steuer eingenickt

Eine 45-Jährige fällt auf der B11 in einen Sekundenschlaf und kracht in den Gegenverkehr. Der Richter macht ihr Vorwürfe.

Von Benjamin Engel, Geretsried

Die drei Insassen eines entgegenkommenden Autos hatten Glück, dass der Unfall relativ glimpflich endete: Zur Berufsverkehrszeit waren auf der Bundesstraße 11 bei Geretsried im vergangenen Oktober gegen 16.45 Uhr viele unterwegs. Eine damals 45-jährige Frau nickte am Steuer ihres Wagens zwischen den Ausfahrten Geretsried Nord und Süd kurz ein - und geriet auf die Gegenfahrbahn. Dort krachte sie in das entgegenkommende Auto. Die drei Insassen kamen mit Prellungen und Kratzern davon, einer schlug sich den Schneidezahn aus. Die Unfallverursacherin legte gegen den Strafbefehl Einspruch ein. Am Montag wurde die Frau wegen fahrlässiger Gefährdung im Straßenverkehr und fahrlässiger Körperverletzung am Amtsgericht Wolfratshausen zu einer Geldstrafe verurteilt.

Nach Zahlen aus dem Statistischen Bundesamt von 2015 ist Übermüdung nur bei 0,5 Prozent aller Unfälle mit Personenschaden die Ursache. Doch in einer Studie des Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid gab jeder Vierte an, schon einmal beim Autofahren eingenickt zu sein. Schon wenige Sekunden mit geschlossenen Augen hinter dem Steuer sind sehr gefährlich. Bei Tempo 100 legt ein Auto in einer Sekunde nämlich mehr als 20 Meter zurück.

Zur Verhandlung im Wolfratshauser Amtsgericht war die Angeklagte nicht erschienen. Wie deren Rechtsanwältin schilderte, bedauere die Frau den Unfall sehr. Zum Unfallzeitpunkt habe diese eine schwierige Trennungssituation durchgemacht. Ihre Mandantin habe aus dem gemeinsamen Haus ausziehen müssen. Vieles sei zur regeln gewesen. "Das hat sie persönlich sehr belastet", sagte die Rechtsanwältin. Diese besondere Umstände gelte es bei einer Verurteilung zu berücksichtigen.

Die Frau war laut ihrer Rechtsanwältin vom Einkauf in einem Möbelhaus zurückgefahren. Wie es zu dem Unfall gekommen sei, könne sie sich nicht erklären. Das sei vollkommen aus heiterem Himmel gekommen. "Sie hat schlichtweg einen Fehler gemacht", erklärte die Rechtsanwältin. Fraglich sei, ob ihre Mandantin grob verkehrswidrig gehandelt habe. Dass im Strafbefehl ein Fahrverbot von drei Monaten festgelegt sei, treffe die Frau hart. Denn sie sei derzeit arbeitslos. Die Suche nach einer neuen Stelle werde sehr erschwert, sollte die Frau so lange ohne Führerschein bleiben. Ein der Gründe, weswegen ihre Mandantin gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt habe.

Für ihre Mandantin forderte die Rechtsanwältin, das Fahrverbot auf einen Monat zu reduzieren. Sie bat das Gericht, die Geldstrafe von 2800 Euro (70 Tagessätze zu 40 Euro) zu reduzieren. Dagegen sah die Staatsanwältin keinen Grund für einen solchen Schritt. Sie erklärte, dass es bei einer Geldstrafe von 2800 Euro und drei Monaten Fahrverbot bleiben müsse, wie das schon der Strafbefehl festsetze. Das Auto, in das die Angeklagte hineingefahren sei, wurde schwer beschädigt - es hatte Totalschaden. Dessen Insassen seien verletzt worden.

Amtsrichter Helmut Berger blieb unter dem von der Staatsanwältin geforderten Strafmaß. Er hielt ein Fahrverbot von zwei Monaten für ausreichend. Zudem verhängte er eine Geldstrafe von 1750 Euro (70 Tagessätze zu 25 Euro). Laut Berger sei die niedrigere Tagessatzhöhe der besonderen finanziellen Situation der Angeklagten nach der Trennung geschuldet. Zum Glück sei der Unfall relativ glimpflich ausgegangen. Gleichzeitig kritisierte er das Verhalten der Angeklagten zur Hauptverkehrszeit auf der Bundesstraße 11. "Da ist viel los, das weiß man", sagte Berger. Die Frau sei in Sekundenschlaf gefallen. Doch der stelle sich nicht aus heiterem Himmel ein. "Das deutet sich an, das ist bemerkbar." Doch die Angeklagte habe trotz dieser Warnzeichen nicht angehalten, sei einfach weitergefahren.

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