Prozess:Lehrer vor Gericht

Lenggries

Die Realschule Hohenburg in Lenggries ist eine der letzten reinen Mädchenschulen. Sie gehört zur Erzdiözese München und Freising.

(Foto: Manfred Neubauer)

Mobbing-Vorwürfe, Abmahnungen und Kündigungen an der katholischen Mädchen-Realschule Hohenburg. Am 25. Oktober steht noch eine Verhandlung wegen Schmerzensgeld an.

Von Ingrid Hügenell

Neun Jahre lang war Yves Moubayed Lehrer an der Realschule Hohenburg. Er unterrichtete Sport und Biologie an der Schule der Erzdiözese München und Freising, einer der letzten reinen Mädchenschulen. Dann musste sich der frühere Triathlet einer Schulteroperation unterziehen. Was danach geschah, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. Moubayed behauptet, eine Kollegin habe ihn als Faulenzer, Blaumacher und Schwänzer bezeichnet, und das mehrmals und öffentlich. Das wollte sich der Lehrer nicht gefallen lassen. Er forderte eine Entschuldigung und strengte, als er die nicht bekam, eine Klage auf Schmerzensgeld an.

Kurz bevor in dieser Sache ein Gütetermin begann, sei er von der Schule freigestellt worden, mit sofortiger Wirkung, berichtet Thomas Etzel, Moubayeds Anwalt. Per Telefon habe sich der Schulleiter bei seinem Mandanten gemeldet, eine Viertelstunde vor Verhandlungsbeginn. Der ersten folgten weitere Kündigungen, die nun vom Arbeitsgericht alle als unwirksam beurteilt wurden.

Die Erzdiözese muss Moubayed nach dem Arbeitsgerichtsurteil weiter beschäftigen, allerdings nicht unbedingt an der Hohenburger Realschule. An welcher Stelle der Pädagoge eingesetzt werden könnte, steht Christoph Kappes, dem Sprecher der Diözese zufolge, noch nicht fest. Man habe die Urteilsbegründung noch nicht vorliegen und könne sich daher nicht äußern, sagte Kappes am Donnerstag auf Nachfrage. Rechtsanwalt Gerhard Rieger, der die Lehrerin vertritt, die Moubayed beleidigt haben soll, versteht die Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht. Auch er wartet auf die schriftliche Urteilsbegründung. Dann werde man entscheiden, ob man in Berufung gehe. Seines Wissens habe die Richterin die Kündigungen "unverhältnismäßig" genannt, der Sachverhalt sei aber nicht aufgeklärt worden. Dabei habe seine Mandantin zahlreiche Zeugen, die ihre Version bestätigen könnten. Sie soll zudem von Moubayed bedroht und deshalb krank geworden sein, ebenso wie eine weitere Kollegin. Von der Auseinandersetzung berichten beide Rechtsanwälte, allerdings beurteilen sie diese unterschiedlich.

Über den Fall wurde unter der Überschrift "Fieser Lehrer-Zoff an Mädchenschule" schon im Mai groß in der Bild-Zeitung berichtet. Schnell solidarisierten sich Schülerinnen und Ehemalige mit dem offenbar beliebten Lehrer. Sie legten eine Facebook-Seite an und sammelten in der Schule Unterschriften. Beides führte zu weiteren Kündigungen für den Lehrer. Insgesamt waren es schließlich vier.

Ebenfalls im Mai hatte ein weiterer Lehrer Mobbing-Vorwürfe gegen die Schule erhoben. Der frühere Schulleiter Klaus Fortner habe ihn aufgrund anonymer Vorwürfen - wohl von Eltern - abgemahnt, sagt Etzel. Der ehemalige Kollege Moubayeds, der sich ebenfalls von dem Rechtsanwalt vertreten ließ, sei "psychisch am Ende" und lange krank geschrieben gewesen. Inzwischen sei er versetzt worden, sagt Etzel.

Rektor Fortner hat die Schule inzwischen verlassen, nach zwei Jahren im Amt. Er nannte dafür persönliche Gründe. Die auf Facebook organisierten Unterstützerinnen Moubayeds hoffen unterdessen, Fortners Nachfolgerin Stefanie Scheja könnte Moubayed wieder zurückholen. Scheja selbst war am Donnerstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Am 25. Oktober steht wieder ein Gerichtstermin an, diesmal in dem Verfahren wegen Schmerzensgeld. Es findet ebenfalls vor dem Arbeitsgericht statt, weil es sich um einen Streit unter Kollegen handelt. Moubayed fordert 13 000 Euro von seiner früheren Kollegin. Rechtsanwalt Etzel rechnet damit, dass dabei ein Beweisbeschluss erlassen wird. Das würde bedeuten, dass danach in einem Gerichtsverfahren geklärt wird, wer welche Vorwürfe oder Beleidigungen gegen Moubayed geäußert hat. Rechtsanwalt Etzel spricht von Zeugen, die nun "auspacken" wollten, von seltsamen Machtstrukturen an der Schule.

Das Vorgehen gegen seinen Mandanten nennt er eine "rücksichtslose Existenzvernichtung". Der habe schließlich kleine Kinder und ein Haus gebaut. Er selbst habe "null Zweifel, dass das stimmt, was mein Mandant berichtet". Rechtsanwalt Rieger ist dagegen davon überzeugt, dass seine Mandantin die Wahrheit sagt und hofft auf Aufklärung des Sachverhalts. Die Lehrerin bestreitet die Beleidigungen.

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