Premiere in der Madlschule:Botox, Eigenfett und Schneewittchen

Theater LUST MULL

Hagen Dessau macht als Chef der Schönheitsklinik einen Luftsprung, Alexander Liegl (rechts, als Kommissar) schaut zu. Im neuen Stück der Lust-Theatergruppe geht es schrill und bunt zu - aber auch um Fragen wie die Grenzen der Machbarkeit.

(Foto: Manfred Neubauer)

Mit "M.U.L.L." zeigt die Tölzer Lust-Theatergruppe ein abgedrehtes Krimi-Stück über eine Schönheitsklinik. Die neueste Produktion von Alexander Liegl und Gabi Rothmüller handelt von Heilversprechen und Mord, stellt aber auch große Fragen.

Von Petra Schneider

Das Foto auf den aktuellen Plakaten und Flyern der Lust-Theatergruppe entspricht nicht unbedingt üblichen Cover-Motiven: ein gwamperter Männerbauch, der schlaff über den Hosenbund hängt. Auf das muskelfreie Fleisch sind Linien und Pfeile gezeichnet. Ein paar Schnitte hier und da, ein wenig Fett abgesaugt, gestrafft und gehoben - und schon würde womöglich aus der Wampe ein Sixpack und aus dem gesichtslosen Bauch ein ganzer Mensch. "Bringen Sie uns Ihren Körper, und wir bringen Ihnen Ihre Seele zurück", so lautet der Slogan einer Schönheitsklinik, die Schauplatz der neuen Produktion der Theatergruppe ist: "M.U.L.L - Mord und langes Leben" haben Alexander Liegl und Gabi Rothmüller das Stück genannt, das sich diesmal um "Glück und Tod zwischen Botox, Brust und Eigenfett" dreht. Der Plot ist verpackt in eine Krimihandlung, die mit Liedern, Tanz und Klamauk zur bunten Revue aufgepolstert wird. Nicht anders kennt man das von der Lust-Gruppe, die das Publikum seit Jahren mit abgedrehten Produktionen beglückt, die unter dem schillernden Äußeren immer auch innere Werte besitzen. Wie viel Ewigkeit verträgt der Mensch? Wo liegen die Grenzen der Machbarkeit? "Wenn die Zuschauer mit viel Freude und ein paar Gedanken aus dem neuen Stück rausgehen, dann ist alles gut", sagt Liegl.

Bei der Probe am Dienstag sitzt der Text noch nicht felsenfest, Rothmüller korrigiert und macht Verbesserungsvorschläge. "Mach ma den Gespenstermonolog aus dem zweiten Teil", schlägt die Regisseurin vor. Das Gespenst ist eine Leiche mit weißem Laken. Die Witwe (Heike Kiesmüller) und die Geliebte (Christine Hermann) wundern sich über das plötzliches Ableben, mehr aber noch, dass ihnen der Herr Doktor (Hagen Dessau) das gleiche Gesicht operiert hat. Hinweise auf dessen dubiose Machenschaften liefert ein abgetrennter Arm. Ein verdrehtes Schneewittchen (köstlich: Ludwig Retzer in Schwesterntracht samt Häubchen) und ein Nusspudding spielen Schlüsselrollen. Trotzdem versichert Liegl, dass M.U.L.L. ein "relativ geradlinig" konzipierter Krimi sei. Es gebe zwei Morde, "das ist eh wenig für uns".

Die Choreografien erinnern an "Raumpatrouille Orion"

Er selbst spielt den Kommissar, ein "völliger Depp und Verschwörungstheoretiker", der aber irgendwie den Mord aufklären muss, weil seine toughe Kollegin (Dörthe Merz) den Heilsversprechungen der Klinik verfällt. Gegen das Unbehagen helfen bunte Pillen, "selbsterfundenes Schunkelzeug" und Choreografien, die an die Science-Fiction-Serie "Raumpatrouille Orion" angelehnt seien. Denn auch die Schönheitsklinik sei wie ein Raumschiff, erklärt Liegl. Ihr utopisches Ziel: Schönheit und ewige Jugend. Alles ist machbar, perfekte Körper versprechen vollkommenes Glück - eine Sehnsucht, vermutlich so alt wie die Menschheit.

Dass die Schauspieler mit der Theatergruppe älter geworden sind, komme dem Stück zugute, sagt Liegl. "Sie könne sich in das Thema viel besser einleben." Seit fast 20 Jahren schreiben er und seine Lebensgefährtin Gabi Rothmüller alle zwei Jahre ein Stück für die Lust, obwohl beide mit vielen anderen Projekten beschäftigt sind: Rothmüller führt Regie bei Kabarettprogrammen, etwa bei Michael Altinger. Liegl ist Drehbuchautor, preisgekrönter Kabarettist und spielte etwa in Rosenmüller-Filmen mit. Aber die Lust-Stücke seien gesetzt, sagt er. "Meine Agentin weiß, jetzt ist wieder Tölz dran." Das Schöne an dieser Arbeit sei, dass man sich "ausleben kann, wie kaum woanders." Bei allem Spaß, der auch am Dienstag nicht zu übersehen ist - ein bestimmter Anspruch sei da, betont Liegl. "Wir hauen uns immer rein, egal ob wir was mit Profis oder mit Laien machen."

Premiere Freitag, 16. März. Weitere Vorstellungen am 17., 23./24. März, 13./14., 20./21., 27/28. April und am 4./5. Mai. Jeweils 20 Uhr, Alte Madlschule Bad Tölz

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: