Pizza vom Sieber-Gelände:Mehr Platz, mehr Öfen, mehr Pizza

Die Geretsrieder Firma Franco Fresco zieht auf das frühere Sieber-Gelände und produziert dann statt 15 000 Gustavo-Gusto-Fladen täglich 75 000. Die sollen genau so schmecken wie bisher.

Von Thekla Krausseneck

Das frühere Sieber-Grundstück hat einen neuen Mieter: Die Firma Franco Fresco aus Geretsried, Produzent der Pizza Gustavo Gusto, zieht auf das Gelände neben dem Lorenzareal und vergrößert sich damit um das Fünffache. Vor den Listerien, den krank machenden Bakterien, die das Aus für Sieber bedeutet hatten, fürchtet sich Geschäftsführer Christoph Schramm nicht: Das Gebäude sei "nur eine Hülle, die gründlich desinfiziert wurde". Nichts von der alten Einrichtung sei übernommen worden. Korbinian Krämmel, Geschäftsführer des Bauunternehmens Krämmel, dem das Gelände gehört, freut sich über den neuen Mieter. Dieser sei nicht nur gut für das Image der Stadt Geretsried, sondern auch ein wünschenswerter Nachbar für das von Krämmel geplante Wohngebiet auf dem Lorenzareal.

Krämmel erwarb das 12 000 Quadratmeter große Sieber-Gelände im Juli um zu verhindern, dass ein anderer Besitzer dort etwas realisiert, was sich negativ auf das riesige Bauprojekt auf dem Lorenzareal auswirken könnte. Dort sollen rund 600 Wohnungen für 1500 Menschen entstehen. Befürchtungen, Krämmel könnte auch auf dem Sieber-Areal Wohnungen bauen wollen, entkräftete das Unternehmen. Die Stadt bestand darauf, dass das Gelände Gewerbegebiet bleibt. So habe man einen Mieter gesucht, sagt Krämmel. Und bald Franco Fresco gefunden.

Pizza vom Sieber-Gelände: Der Geschäftsführer von Franco Fresco, Christoph Schramm (l.), und Mitgründer Marcel Nour El Din schauen sich das Sieber-Gelände aus der Nähe an.

Der Geschäftsführer von Franco Fresco, Christoph Schramm (l.), und Mitgründer Marcel Nour El Din schauen sich das Sieber-Gelände aus der Nähe an.

(Foto: Hartmut Pöstges)

15 000 Pizzen stellt Franco Fresco derzeit am Tag her, 75 000 sollen es werden. Nach dem Umzug im Februar/März 2018 will der Pizzabäcker auf drei Öfen umsteigen, die jeweils eine Länge von zehn Metern haben. Ein einziger Ofen soll bis zu 2500 Pizzen in der Stunde liefern können. Außerdem wird die Produktion weiter automatisiert: Maschinen streuen dann den Käse, die Peperoni und die Champignons. Auch die Ausgabe der Teigkugeln an die Mitarbeiter wird automatisiert; das Ausbreiten des Teigs indes geschieht weiterhin in Handarbeit - damit die Pizza ihr charakteristisches Aussehen behalte, sagt Schramm. Zudem müsse der Teig langsam ausgerollt und -gezogen werden, damit die Struktur nicht zerstört werde - eine Frage der Qualität.

Dass durch Automatisierung und Produktionssteigerung ein Qualitätsverlust eintreten könnte, glaubt Schramm nicht. "Nur weil eine Pizza automatisch verpackt wird, macht sie das nicht schlechter." Auch könne eine Maschine die Zutaten gleichmäßiger und schneller verteilen: "Das ist eine Qualitätsverbesserung." Jede Veränderung im Ablauf, jede Neuerung, dürfe die Qualität nicht beeinträchtigen, sondern müsse sie im Idealfall verbessern. Der derzeitige Platzmangel in der Spreestraße schränke die Qualität ein.

Pizza vom Sieber-Gelände: Dort sollen künftig fünfmal so viele Pizzen produziert werden wie bisher.

Dort sollen künftig fünfmal so viele Pizzen produziert werden wie bisher.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Angefangen hat das Geretsrieder Start-up 2014 mit einem kleinen Gastrobackofen und fünf Mitarbeitern, die 80 Pizzen in der Stunde backen konnten. Dazu kam viel Eigenengagement - Cafés, Kneipen und Bistros wurden persönlich akquiriert, in zwei Jahren entstand so ein Kundenstamm von 150 Abnehmern, die im Schnitt 80 Pizzen im Monat anforderten. Danach steigerte die Firma kontinuierlich ihre Kapazitäten, schaffte neue Öfen an, installierte ein Rollenband, auf dem die Pizzen aus der Backkammer liefen, knüpfte Kontakte zum Großhandel und zu Kantinen. 2016 schloss Franco Fresco einen einjährigen Exklusivvertrag mit dem Unternehmen Rewe. Die verkauften die Pizza Gustavo Gusto mit so großem Erfolg, dass sich der Einzelhändler Edeka ebenfalls meldete. Dort ist die Pizza seit Anfang 2017 zu haben. Inzwischen gibt es sie in sieben Bundesländern. Die Nachfrage sei immer noch so hoch, dass es derzeit kaum möglich sei, sie zu decken, sagt Schramm. Mit der neuen Produktionsstätte soll sich das ändern.

Derzeit werden Wände eingerissen, die Haustechnik instandgesetzt und die Einrichtung geplant. Mitte 2018 soll eine Tiefkühlhalle auf dem Gelände entstehen. Wegen der Listerien seien bereits Proben genommen worden, sagt Schramm, gefunden worden sei nichts. Listerien-Funde beim Fleischproduzenten Sieber hatte im Jahr 2016 einen Skandal ausgelöst, ein stark belastetes Wammerl war der Auslöser. Die Behörden fanden einen Zusammenhang zu acht Todesfällen in Süddeutschland. Sieber musste dichtmachen, der ehemalige Chef wurde wegen fahrlässigen Inverkehrbringens gesundheitsgefährdender Lebensmittel zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt. Der Insolvenzverwalter Josef Hingerl versuchte das Gelände seither zu verkaufen, wobei sogar ein Investor aus China Interesse bekundete. Letztlich erhielt jedoch Krämmel den Zuschlag. Mit dem Landratsamt habe er über die Risiken diskutiert, "und es wurden keine Risiken festgestellt", sagt Schramm. Listerien seien für eine Tiefkühlpizza nicht relevant, sie hielten große Hitze nicht aus. Von Kunden habe er positives Feedback bekommen - aus Freude darüber, dass dort wieder produziert wird.

Die derzeitige Anlage an der Spreestraße bleibt vorerst bestehen. Für den Betrieb der neuen Stätte sucht Franco Fresco nun Personal. Für den Anfang würden rund 20 Stellen frei, sagt Schramm. Initiativbewerbungen seien erwünscht.

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