Penzberg:Vor der Entscheidung

In Penzberg können die Bürger am Sonntag für oder gegen das Hotel-Projekt am Huber See stimmen. Die meisten Stadträte wünschen sich den Neubau, eine Initiative befürchtet indes eine empfindliche Störung des Ökosystems

Von Klaus Schieder, Penzberg

In Penzberg entscheiden die Bürger darüber, ob die Stadt ihre Pläne für ein Hotel am Huber See weiter verfolgen kann oder nicht. Gegen das Vorhaben zieht die Bürgerinitiative (BI) "Kein Hotel am Huber See" zu Felde, die 1671 gültige Unterschriften gesammelt hat - genug für einen Bürgerentscheid, der am Sonntag, 22. Februar, stattfindet. Die Gegner wenden sich gegen den Standort für den Neubau in einem Naherholungsgebiet. Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei) und die Mehrheit im Stadtrat halten die Lage nahe am Kreisverkehr beim Pharma-Konzern Roche für ideal.

Es gehe darum, das Waldstück am See als "wunderschönes, ruhiges Kleinod in seiner Gesamtheit von Wald, Wiesen und See für uns und spätere Generationen zu erhalten", erklärt BI-Vorsitzende Bärbel Bierling. Um ihre Argumentation zu untermauern, haben die Gegner eigens ein Gutachten in Auftrag gegeben. Walter Wirkner, wissenschaftlicher Konsulent für Ökologie und Limnologie aus Innsbruck, kommt darin zu dem Schluss, dass der Huber See ein Toteiskessel sei, umgeben von einem Ökosystem aus Wald, Streuwiesen, Feuchtflächen und Übergangsmooren. Dabei handle es sich um "schützenswerte, artreiche und vielgestaltige Habitate", die durch den Eingriff des Menschen bereits verarmt seien, wenngleich noch nicht irreversibel.

Bürgerentscheid Bürgerinitiative Hotel

Gegen ein Hotel am Huber See kämpft die Bürgerinitiative in Penzberg, die meisten Stadträte befürworten dieses Projekt.

(Foto: Manfred Neubauer)

Für den Bau eines Hotels müssten sechs Hektar Wald gerodet werden, was "eine deutliche Schneise in den umgebenden Schutzgürtel des gesamten Ökosystems" reißen würde. Der Lärm- und Sichtschutz durch die Bäume würde stark vermindert, "die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt können noch gar nicht abgeschätzt werden", urteilt Winkler. Der Forst am Huber See steht allerdings nicht unter Naturschutz. Für Bierling spielt das keine maßgebliche Rolle. "Trotzdem ist er für den Wasserhaushalt und das Grundwasser bedeutend", meint sie. Den vorhabenbezogenen Bebauungsplan, den der Stadtrat im Juni 2014 aufstellte, hält sie für rechtswidrig. Dazu bedürfte es eines Investors, dem das Areal gehört - "das ist nicht der Fall".

Für Bürgermeisterin Zehetner geht es in dem Bürgerentscheid um nicht weniger als "die Zukunft der Stadt". Penzberg ist finanziell vor allem von Roche als mit Abstand größtem Gewerbesteuerzahler abhängig und gerät in schwere Turbulenzen, wenn Steuerrückzahlungen in Millionenhöhe anstehen. Ein Hotelinvestor würde Arbeitsplätze und Geld in die Stadt bringen, hebt Zehetner hervor. Die naturschützerischen Bedenken vermag sie nicht nachzuvollziehen. Sie verweist darauf, dass das Hotel nicht unten am See, sondern oben am Kreisverkehr entstehen soll. Von den 150 Hektar Gesamtfläche des Waldgebiets nehme der Neubau zwei Hektar, die Außenanlage vier Hektar ein, sagt sie. Außerdem kündigt Zehenter an, den Landschaftsplan weiterzuentwickeln und den Eingriff in die Natur "so gering wie möglich zu gestalten". Einen anderen Hotelstandort sieht die Bürgermeisterin in Penzberg nicht. 41 Vorschläge wurden von der Regierung von Oberbayern geprüft, übrig blieb das Areal am Huber See. Die Stadt befinde sich auf einem schwierigen Gelände, unter anderem wegen Abraums und belasteten Bodenmaterials, sagt Zehetner. Dem widerspricht Bierling: "13 Standort-Vorschläge wurden als geeignet eingestuft."

Lageplan Hotel Penzberg am Huber See

Eine Schneise im Ökosystem: Für den Bau des von Roche herbeigesehnten Hotels müssten sechs Hektar Wald gerodet werden.

(Foto: privat)

Die Mehrheit im Stadtrat steht hinter dem Hotel-Areal. In einer gemeinsamen Stellungnahme führen die Fraktionen von SPD, Bürger für Penzberg (BfP), Grüne sowie die CSU-Räte Ludwig Schmuck, Christine Geiger und Nick Lisson mehrere Pro-Argumente auf. Sie sehen in dem neuen Hotel einen Standortvorteil für Gewerbe und Tourismus in Penzberg und betonen, dass das vorgesehene Baugebiet eine große Distanz zum See und eine gute Verkehrsanbindung habe. Läge es außerhalb der Stadt, hätte dies "eine Zersiedlung der Landschaft" zur Folge. Über den Landschaftsplan sichere man das gesamte Areal am Huber See für den Naturschutz und als Naherholungsgebiet.

Die meisten CSU-Stadträte haben das Papier nicht unterschrieben und bringen wieder das Areal am Riederer Weiher ins Gespräch. "Die Bürger haben das Thema an sich gezogen, wir müssen sie nicht mit aller Gewalt umstimmen", erklärt Fraktionschef Richard Kreuzer. Überhaupt sei bislang unklar, ob es einen Investor und einen Markt für das Hotel gebe.

Das Pharma-Unternehmen Roche, das viele internationale Gäste hat, wünscht sich ein solches Haus. Die Firma hoffe, "dass die Stadt es schafft, ein Hotel anzusiedeln", sagt Werkleiter Claus Haberda. "Das wäre ein Gewinn für die ganze Region."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: