Penzberg:Pechkohle verhindert Schwerkraftspeicher

Das Projekt des US-amerikanischen Unternehmens Gravity Power scheitert am Penzberger Untergrund. Die Firma will nun in Weilheim die weltweit erste Demo-Anlage errichten

Von Petra Schneider, Penzberg

Ein Jahr lang hat das Unternehmen Gravity Power den Bau einer Demonstrationsanlage zur Energiespeicherung in Penzberg mit Nachdruck verfolgt. Vorige Woche kam das überraschende Aus für den anvisierten Standort im Nonnenwald: Geotechnische Untersuchungen haben ergeben, dass der Bau einer Demoanlage im Industriepark Nonnenwald mit bisher unerwarteten Risiken verbunden sei, wie es in einer Mitteilung des Unternehmens heißt.

Hauptgrund sei die Tatsache, dass man im Untergrund mit bis zu zehn vertikalen Schichten von Pechkohle rechnen müsse. Weil Kohle als Sondermüll entsorgt werden muss und die vorgesehene Bauweise des Schachtes nicht mehr möglich wäre, hätte das erhebliche Mehrkosten zur Folge. In der Region will das Unternehmen aber bleiben: Auf einem Gelände der Stadtwerke Weilheim, die bereits früher Interesse an einer Probeanlage angemeldet hatten, sollen noch in diesem Jahr Erkundungsbohrungen stattfinden. Clemens Martin, Geschäftsführer von Gravity-Power in Bayern, bedauert das Aus für Penzberg. Ältere Unterlagen hätten in dem Gebiet keine Kohleflöze verzeichnet. Nun sei man auf zehn kleinere gestoßen, die zuvor nicht erkennbar gewesen seien. Die aufwendige Entsorgung "wie bei Atommüll" hätte laut Martin die Kosten um ein Drittel erhöht.

Auch Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei) äußert sich enttäuscht. Man habe mit "angehaltenem Atem" auf die geotechnischen Untersuchungen gewartet. Eine Demoanlage mit Besucher- und Informationszentrum hätte Penzberg einiges an Renommee eingebracht, glaubt Zehentner. "Wir hätten damit den Spagat von der Kohle zur modernen Energiewirtschaft geschafft." Finanziell habe die Stadt durch den Rückzug des Unternehmens aber keine Nachteile: Einnahmen durch eine Verpachtung des Grundstücks seien noch nicht eingeplant gewesen. Dieses stünde nun wieder für andere Gewerbebetriebe zur Verfügung.

Drei Standorte in Schönmühl, auf der Berghalde und bei der Kläranlage hat das Unternehmen in Penzberg in den vergangenen zwölf Monaten geprüft. Alle drei wurden aus naturschutzrechtlichen oder geologischen Gründen verworfen. Dass es beim Grundstück an der Dr.-Gotthilf-Näher-Straße Probleme gebe, sei völlig überraschend gewesen, sagt Martin: "Wir waren überzeugt, dass es bald losgeht." Der Vorstand des US-amerikanischen Unternehmens sei eigens angereist, eine Woche später habe man die Information erhalten, dass auch dieser Standort nicht möglich sei. Martin bedauert das; die Zusammenarbeit mit Bürgermeisterin und Stadtrat sei von Anfang an konstruktiv verlaufen.

Er ist zuversichtlich, dass es nun in Weilheim klappt. Der weltweite Markt für Speichertechnologien wachse schnell, und da wolle man vorne mit dabei sein. Die Anlage, die nun auf dem Kiesgrubengelände neben den Weilheimer Stadtwerken gebaut werden könnte, wäre die weltweit einzigen Demoanlage, in der die Technik im Kleinen erprobt und vorgeführt würde. Dann möchte die Firma sie im Großen vermarkten. Dazu wird ein etwa 100 Meter tiefer Schacht mit einem Durchmesser von acht bis zehn Metern mit Wasser befüllt. Mit Energie aus Wind und Sonne wird ein Kolben nach oben gepumpt. Wird Strom benötigt, senkt sich der Kolben durch die Schwerkraft und drückt Wasser heraus, das eine Turbine antreibt.

Gravity Power will einiges investieren: 13 bis 18 Millionen Euro kostet eine solche Testanlage, die von der amerikanischen Muttergesellschaft, einem Gesellschafterkreis, Investoren und aus Fördermitteln finanziert werden soll. Weilheim ist die dritte Kommune, in der Gravity Power das Projekt realisieren will: Vor dem Aus für Penzberg hatte im Oktober 2014 der Gemeinderat in Kochel gegen das Projekt gestimmt, weil er Bedenken hinsichtlich Finanzierung, der gut einjährigen Bauzeit und möglicher Umweltbelastungen hatte.

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