Penzberg:Musikschule im Ungewissen

Musikschulen

Mit der musikalischen Bildung verhält es sich wie überhaupt mit der Kultur: Sie rechnet sich nicht, zahlt sich aber aus, sagt der Penzberger Musikschulleiter Johannes Meyer.

(Foto: Jens Kalaene/dpa)

Die städtische Einrichtung in Penzberg hofft seit Jahren vergeblich auf ein eigenes Haus. Jetzt steht sie vor neuen Herausforderungen: Sie soll womöglich in einen Verein umgewandelt werden.

Von Alexandra Vecchiato

Herr im eigenen Haus sein: Darauf wagt Musikschulleiter Johannes Meyer manchmal gar nicht mehr zu hoffen. Seit Jahren ist die Penzberger Musikschule auf der Suche nach einer eigenen Bleibe. Vielleicht ist gar nicht der Umzug in ein neues Domizil die größte Herausforderung, die Meyer in den letzten fünf Jahren seines Berufslebens zu meistern hat. Die Musikschule soll wie auch Volkshochschule und Stadtmuseum in einen Verein oder Stiftungen übergehen. Diesen Vorschlag machte Stadtrat Wolfgang Sacher (Bürger für Penzberg). Auch Grünen-Fraktionssprecherin Kerstin Engel warb dafür in der Etatdebatte. Hintergrund ist, dass die Kosten für die Einrichtungen, die zu den freiwilligen Leistungen zählen, nicht mehr länger den städtischen Haushalt belasten sollen. Meyer winkt ab und ärgert sich, dass es wie so oft die Bereiche Kultur und Bildung treffen soll. "Kulturausgaben rechnen sich nicht, sie zahlen sich aber aus", sagt der Penzberger Musikschulleiter.

Für kommendes Jahr rechnet Stadtkämmerer Johann Blank mit 615 800 Euro Einnahmen und 955 800 Euro Ausgaben für die Musikschule. Demnach muss die Stadt im kommenden Jahr 340 000 Euro zuschießen. Zum Vergleich: Die Stadt Wolfratshausen rechnet 2017 mit gut einer Million Euro Ausgaben für ihre Musikschule, aufgeteilt in 925 000 Euro Personalausgaben und 96 000 Euro Sachausgaben. Die Einnahmen liegen bei 630 000 Euro (Gebühren, staatliche Zuwendungen). Der Zuschuss der Stadt beträgt 391 000 Euro. Die Stadt Geretsried unterstützt ihre Musikschule seit 2016 mit 275 000 Euro.

Mehr als 90 Prozent der Ausgaben in Penzberg sind Personalkosten. 35 Lehrkräfte arbeiten an der Musikschule. Wer einen Anstellungsvertrag hat, wird nach dem Tarif für den öffentlichen Dienst bezahlt (TVöD). Wäre die Penzberger Musikschule ein Verein, wäre sie nicht mehr an den Tarif gebunden und könnte Honorarverträge mit dem Personal abschließen. Das müsse nicht zwingend Lohneinbußen für alle Lehrkräfte bedeuten, sagt Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei).

Daran zweifelt Meyer. Eine Sorge treibt ihn um, sollte die Schule in einen Verein umgewandelt werden: Wie viele Lehrkräfte würden dies hinnehmen? Er wisse nicht, ob sich nicht mancher umorientieren würde. Neue Lehrkräfte zu finden werde schwer. Denn diese würden einem Job an einer Musikschule in kommunaler Hand den Vorzug geben. Hätte die Stadt große finanzielle Nöte, würde er die Überlegungen verstehen. Auch wenn Penzberg wegen einer drohenden Gewerbesteuerrückzahlung in Millionenhöhe in der Luft hänge, könne er keine Engpässe erkennen. Zumal andere Projekte vorangetrieben würden.

Die Sorge wegen der Lehrkräfte kann Harald Roßberger bestätigen. Er ist Leiter der Tölzer Sing- und Musikschule, die seit jeher ein Verein war. "Wir sind es gewohnt, damit umzugehen", sagt er. Aber es sei nicht leicht, Mitarbeiter, die unter Tarif bezahlt werden, zu finden und zu halten. Die Tölzer Musikschule hat 38 Lehrkräfte, "mit teilweise relativ geringen Stundendeputaten", sagt Roßberger. Seine Schule finanziere sich maßgeblich über Gebühren. Darüber hinaus komme man in den Genuss diverser Stiftungen: Die Greiner-Stiftung überlässt der Musikschule das Gebäude, die Maria-Much-Stiftung unterstützt bedürftige Eltern, die sich den Unterricht ihrer Kinder nicht leisten könnten. Über eine weitere können Instrumente und ähnliches gekauft werden. "Das ist aber nichts, was uns in unserer Existenz hilft. Unser Etat ist immer auf Kante genäht."

Wird eine städtische Musikschule in einen Verein umgewandelt, passiere erst einmal nichts, dämpft Wolfgang Greth, Geschäftsführer des Verbands Bayerischer Sing- und Musikschulen mit Sitz in Weilheim, überzogene Erwartungen. Wegen der Betriebsüberführung komme die Kommune aus den bestehenden Verträgen mit dem Personal nicht heraus. "Deshalb wird es auch nicht günstiger für die Stadt." Die Aufhebung der Tarifbindung gelte nur für neue Lehrkräfte, die alten genössen Bestandsschutz. Erst langfristig setze eine Einsparung bei den Löhnen ein. "Dafür bringt man in eine funktionierende Einrichtung sehr große Unruhe. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis dazu." Greth macht Penzberg folgendes Angebot: Sein Trägerverband sei in erster Linie Ansprechpartner für Kommunen und erstelle Organisationsgutachten. In diesen könnten Einsparpotenziale aufgezeigt werden. "Das ist wesentlich effizienter." Grundsätzlich sei ein Verein nicht schlechter als eine kommunale Trägerschaft. "Aber nur bei einer vernünftigen finanziellen Absicherung und vernünftigen Gehältern." Greth selbst ist Leiter der Musikschule in Unterhaching - einem Verein mit Tarifbindung. Er warnt vor etwaigen Abfindungsverhandlungen, die in den sechsstelligen Bereich gehen könnten. Sein Fazit: "Eine Musikschule in Trägerschaft eines Vereins ist genauso gut und vor allem teuer wie eine kommunal geführte."

Meyer ist sich sicher, dass der Penzberger Stadtrat die Arbeit der Musikschule schätzt. Das hohe Niveau würdigt auch Zehetner und versichert, dass es zu keinen Abstrichen kommen dürfe. Die Musikschule hat 782 Schüler. Was sie nicht hat, ist ein eigenes Gebäude. Unterrichtet wird unter anderem in Räumen an der Bürgermeister-Prandl-Schule (Grund- und Mittelschule). Lehrkräfte müssen seit Jahren ihre Instrumente von Raum zu Raum tragen, Stühle müssen in die Aula geschleppt und wieder weggeräumt werden. Eine große Belastung, so sind sich Meyer und sein Stellvertreter Simon Zehentbauer einig. Sie wünschen sich ein neues Domizil bei der Schule. Platz wäre auf dem Areal der beiden alten Turnhallen. Dort könnten Veranstaltungssäle errichtet werden, einer für bis zu 250 und ein kleinerer für 100 Zuhörer.

2008 hatte die Stadt ein Architekturbüro beauftragt, einen Neubau anstelle des Metropol-Kinos zu planen. Kosten: 4,3 Millionen. Der ist vom Tisch. Vielmehr schwebt Bürgermeisterin Zehetner vor, Räume in der Mittelschule zu nutzen. Immer weniger Schüler gebe es dort, sodass man enger zusammenrücken könne, sagt sie. Was das Metropol-Kino angeht, schwebt ihr vor, den Saal auszuräumen und als Probenraum herzurichten. Sollte ein neuer Probensaal gebaut werden, dann "was Leichtes und mit keiner ausgefeilten Akustik". In den nächsten fünf Jahren werde es eine Lösung geben, betont Zehetner.

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