Ortsgestaltung:Ideen für die nächsten 15 Jahre

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In Bad Heilbrunn dürfen die Bürger bei der Aufstellung des neuen Flächennutzungsplans mitreden. Sie befassen sich in Arbeitskreisen mit bestimmten Themen. Die Entscheidung bleibt beim Gemeinderat

Von Klaus Schieder, Bad Heilbrunn

Jahrelang galt Bad Heilbrunn anderen Kommunen im Landkreis als warnendes Beispiel dafür, wie eine Ortsentwicklung schieflaufen kann. Das Bild im Zentrum des kleinen Kurorts prägten die mit schwarzen Kreuzen vernagelten Fenster des ehemaligen Kurhotels, weil sich die Gemeinde und Eigentümer Max Anton Hoefter nicht über die künftige Nutzung des Areals verständigen konnten. Erst nach einem Streit vor Gericht, den Hoefter verlor, einigten sich beide Seiten auf einen Verkauf der Grundstücke an die Kommune. Damit ist nun endlich der Weg frei für eine Gestaltung der Ortsmitte. Mehr noch: Auch der Flächennutzungsplan wird neu erstellt, wobei die Bürger mitreden dürfen. Sie sollen Ideen liefern, wie sich Bad Heilbrunn in den nächsten 15 bis 20 Jahren entwickeln soll. Knapp 30 Interessierte, darunter auch Gemeinderäte, kamen zur Auftaktveranstaltung am Montagabend in den Kursaal.

"Es geht darum, unsere Heimat miteinander so zu gestalten, wie wir es uns für uns, für unsere Kinder und Enkelkinder wünschen", sagte Bürgermeister Thomas Gründl (CSU). Der Vertrag mit Hoefter liegt nach seinen Angaben seit zwei Wochen der Rechtsaufsicht vor, mit Probleme rechnet er nicht. Die rund 81 000 Quadratmeter großen Flächen der Kurfürstin Adelheid GmbH in der Ortsmitte seien "nicht einfach zu entwickeln, da sind wir vor eine große Herausforderung gestellt", sagte er. Im neuen Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan ist dieses Thema jedoch nur eines von vielen.

Der alte Plan stammt aus dem Jahr 1986, der neue wird von der Firma Lars Consult erstellt. Bad Heilbrunn mit seinen 34 Ortsteilen, seinen Filzen, Wäldern und landwirtschaftliche Flächen, bezeichnete Architekt und Stadtplaner Stefan Hofer als "reizvolles Gemeindegebiet", da gebe es noch anderes als bloß das Ortszentrum. Die drei Themenbereiche, mit denen sich die Bürger noch vor den Sommerferien in Arbeitskreisen oder gemeinsam in einem "World Café" befassen sollen, lauten "Land- und Forstwirtschaft", "Ökologie, Freizeit und Erholung" sowie "Siedlung, Versorgung und Verkehr".

Einige Spannungsfelder skizzierte Landschaftsarchitektin Daniela Malcher. In der Land- und Forstwirtschaft gehe es beispielsweise um das Straßen- und Wegenetz, um Boden- und Gewässerschutz, ebenso um den Hochwasserschutz und die Frage, wo Retentionsflächen notwendig sind. In der Rubrik Ökologie, Freizeit und Erholung müssen sich die Bürger unter anderem damit befassen, welche Areale nicht bebaut werden sollten, weil sie ökologisch zu hochwertig sind, wo andererseits aber neue Badeweiher oder Stellplätze für Wohnmobile denkbar wären, welche und wie viele Touristen die Gemeinde ansprechen möchte, um darauf von ihrer Infrastruktur her angemessen regieren zu können. Bei "Siedlung, Versorgung und Verkehr" steht schließlich zur Debatte, ob und wo neue Wohnungen errichtet werden, ob darin eher Familien mit Kindern oder andere Mieter wie Berufspendler leben sollen, wie sich Einzelhandel und Gewerbe künftig entwickeln. "Das muss mit Bedacht gemacht werden", sagte Hofer und mahnte die Bürger zur Objektivität. Ihre Aufgabe in der Planungswerkstatt sei komplex, aber auch spannend. "Wir erhoffen uns eine gute und nachhaltige Planung."

Ihre Lieblingsplätze in Bad Heilbrunn konnten die Bürger mit roten Pinnadeln auf dem Plan markieren. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Ergebnisse der Arbeitskreise sollen nach den Sommerferien der Öffentlichkeit präsentiert werden. Nicht alles, was sie erarbeiten, werde auch "eins zu eins umgesetzt werden", avisierte Hofer. Die Planungshoheit liegt bei der Kommune, vulgo dem Gemeinderat. Er muss über die einzelnen Vorschläge entscheiden.

Flächennutzungsplan

Im Flächennutzungsplan (FNP) stellt eine Gemeinde dar, wie sich ihr gesamtes Gebiet entwickeln soll. Der Plan bildet deshalb nicht bloß den Ist-Zustand ab, sondern zeigt vor allem das Konzept für die künftig gewünschte Nutzung von Flächen. Das betrifft unter anderem neue Wohnsiedlungen, Gewerbegebiete, landwirtschaftliche Areale oder auch ökologisch schützenswerte Räume. Mit diesem Leitbild kann die Kommune bei Wohn- oder Gewerbegebieten auch steuern, wo neue Straßen, Kanäle oder Versorgungsleitungen angelegt werden sollen. Plant sie außerhalb ihres Ortsgebiets eine neue Straße, kann sie in diesem Außenbereich auch Baumaßnahmen verhindern, die dort normalerweise zulässig sind - beispielsweise einen landwirtschaftlichen Betrieb.

Der Flächennutzungsplan ist für die Gemeinde selbst sowie für andere Behörden rechtlich bindend. Privatpersonen können aus ihm dagegen keinerlei Rechte oder Pflichten ableiten. Aus diesem Grund können sie gegen ihn auch nicht vor Gericht ziehen. Dies ist erst dann möglich, wenn eine Gemeinde aus dem Flächennutzungsplan heraus einen verbindlichen Bebauungsplan aufstellt oder eine Baugenehmigung erteilt.

Über die Ziele eines neuen Flächennutzungsplanes, der fortgeschrieben werden kann, muss eine Kommune die Öffentlichkeit frühzeitig informieren. Bürger, Verbände, Behörden und andere Träger öffentlicher Belange können dazu Stellungnahmen abgeben und Änderungswünsche einbringen, die abgewogen werden müssen. Das Verfahren der Gemeinde Bad Heilbrunn, die Bürger schon in die Erstellung eines FNP einzubinden, ist von daher außergewöhnlich. sci

© SZ vom 10.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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