Ordinariat schafft neue Posten:Zeit für die Menschen

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Andreas Gams, Andrea Fahrner und Claudia Höser sind Verwaltungsleiter in katholischen Pfarrverbänden. Die Priester freuen sich über die Entlastung - sie können so mehr Seelsorger sein

Von Konstantin Kaip, Bad Tölz-Wolfratshausen

Für Dekan Gerhard Beham hat sich seit Oktober einiges verändert. Bis dahin war der Pfarrer der Stadtkirche Wolfratshausen nicht nur Seelsorger, sondern zu einem großen Teil auch Verwalter. Er musste nicht nur Predigten vorbereiten und halten, sondern dazu auch noch zahlreiche Sitzungen der Kirchenverwaltung organisieren, sich um das Personal der Kirchenstiftung und sämtliche Gebäude kümmern. Seit zwei Monaten aber nimmt ihm Andreas Gams einen Großteil der administrativen Tätigkeiten ab - als neuer Verwaltungsleiter der Wolfratshauser Stadtkirche. "Meine Hauptaufgabe ist es, den Seelsorger zu entlasten", sagt der 29-Jährige, der sein Büro direkt hinter der Kirche Sankt Andreas hat.

Aus diesem Grund stellt das Erzbistum München und Freising seit vergangenem Jahr hauptamtliche Verwaltungsleiter ein. Insgesamt hundert Vollzeitstellen sollen im Bistum geschaffen werden. Die Erzdiözese rechnet mit Kosten von etwa vier Millionen Euro im Jahr. Sie reagiert damit auf die drängende Bitte von Priestern und pastoralen Mitarbeitern, die sich von den wachsenden Pfarrverbänden allein gelassen fühlen und seit Jahren um Entlastung in den Bereichen Verwaltung, Organisation, Personal und Finanzen bitten. "Die Aufgaben in der Verwaltung sind aufgrund staatlicher Vorgaben und neuer Gesetzeslagen stetig angewachsen und komplizierter geworden", erklärt der Generalvikar des Erzbischofs, Peter Beer. "Dafür sind unsere Seelsorger nicht ausgebildet."

Andrea Fahrner mit Kirchenpfleger Peter Dichtl (l.), und Pfarrer Josef Kraller (Foto: Manfred Neubauer)

Andreas Gams wurde vom Ordinariat für 34 Wochenstunden angestellt. 19 davon, also zwei Tage, verbringt er in Wolfratshausen, die restliche Zeit ist er für den Pfarrverband Aufkirchen tätig. Die neuen Verwaltungsleiter sollen vor allem betriebswirtschaftliche und rechtliche Fachkenntnisse einbringen und müssen daher über eine entsprechende Ausbildung verfügen. Andreas Gams war zuvor Compliance-Beauftragter bei der Sparkasse Bad Tölz, er hat eine Banklehre und ein BWL-Studium abgeschlossen. Ganz fremd ist ihm die katholische Kirche nicht, schließlich arbeitet seit Frau bereits als Pfarrsekretärin. "Ich fand die Stelle interessant", sagt er. "Ich habe mich beworben, und es hat funktioniert."

Seit Oktober leitet und organisiert er den neu gegründeten Haushaltsverbund der Wolfratshauser Stadtkirche, hält die Sitzungen der Kirchenverwaltung ab und übernimmt die Personalführung für alle 13 Angestellten der Kirchenstiftung wie Pfarrsekretärin, Mesner und Hausmeister. Zudem kümmert er sich um Bauangelegenheiten bei allen Immobilien der Kirchenstiftung. Sämtliche Entscheidungen trifft er in Absprache mit Pfarrer Beham, der weiterhin Vorsitzender der Kirchenverwaltung ist und die letzte Verantwortung trägt. Sie treffen sich regelmäßig zum Jour Fixe. "Aber man läuft sich auch oft im Haus über den Weg", sagt Gams.

Andreas Gams nimmt den Priestern einen Großteil der administrativen Tätigkeiten ab. (Foto: Hartmut Pöstges)

Beham jedenfalls spürt die Entlastung. "Es gibt eine ganze Reihe von Terminen, die für mich wegfallen", sagt er - wie etwa die Renovierungsbegleitung. So blieben einige Stunden in der Woche übrig, die er für seelsorgerische Tätigkeiten wie Krankenbesuche nutzen könne, die er zuvor oft "auf die lange Bank schieben musste", wie er sagt. "Für den Dienst am Menschen wird Zeit frei. Das macht mich froh. Weil ich merke, dass ich wieder identischer werde, mit dem, was ich als Seelsorger bin." Die Zusammenarbeit mit Gams laufe sehr gut, erzählt der Pfarrer. "Er macht das sehr kompetent. Wir haben ein großes Vertrauensverhältnis."

Genau wie Gams hat auch Andrea Fahrner im Oktober ihre Stelle als Verwaltungsleiterin der Pfarrei Sankt Jakob in Lenggries angetreten. Zuvor war die Verwaltungsfachwirtin im öffentlichen Dienst tätig, 15 Jahre lang im Landratsamt in Bad Tölz und dann bei der Stadt Penzberg in der Personalverwaltung. Die Lenggrieserin wird vom Ordinariat für 18 Wochenstunden beschäftigt und kümmert sich "um den ganzen betriebswirtschaftlichen Haushalt", wie sie sagt sowie um die 14 Beschäftigten der Kirchenstiftung, die Filialkirchen, die vielen kleinen Kapellen und anderen Liegenschaften. So betreue sie etwa die anstehende Pfarrkirchensanierung, erzählt sie. "Es kann aber auch sein, dass jemand in der Früh sagt: Die Heizung funktioniert nicht. Und dann kümmere ich mich darum." Die Zusammenarbeit mit Pfarrer Josef Kraller, ihrem unmittelbaren Vorgesetzten, funktioniere sehr gut, sagt die 43-Jährige - ebenso wie mit den anderen Beschäftigten und Ehrenamtlichen. So sei etwa Kirchenpfleger Peter Dichtl, der schon zuvor sehr aktiv gewesen sei, für die Pfarrei unerlässlich. "Keiner wird ersetzt", betont Fahrner. "Es wurde jetzt genau definiert, wer welche Aufgabe hat."

Claudia Höser kümmert sich schon seit mehr als einem Jahr um Personal, Finanzen und Liegenschaften. (Foto: Angelika Bardehle)

Inzwischen gibt es im Bereich des Erzbistums München und Freising Verwaltungsleiter in 83 Seelsorgeeinheiten - von insgesamt 291. Wie Bettina Göbner von der Pressestelle des Bistums mitteilt, werden weitere angestellt, bislang sind 34,5 Vollzeitstellen besetzt. Ein Verwaltungsleiter wird nur auf Antrag der Pfarrverbände zugeteilt - in Abhängigkeit von Faktoren wie der jeweiligen Zahl der Gläubigen und der zu verwaltenden Immobilien. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen seien derzeit keine weiteren Stellen geplant oder beantragt, sagt Göbner.

Im Pfarrverband Schäftlarn, zu dem auch die Kirchen in Icking gehören, kümmert sich Claudia Höser schon seit mehr als einem Jahr um Personal, Finanzen und Liegenschaften. Die Baierbrunnerin arbeitet dort 16 Stunden pro Woche als Verwaltungsleiterin, früher war sie in der freien Wirtschaft tätig, zuletzt beim Internetunternehmen Yahoo. Zu dem Job kam sie über die Erstkommunion ihrer ältesten Tochter, wie sie erzählt. Im Pfarrverband sei von einer neuen Stelle geredet worden, die den Seelsorger bald entlasten solle. Daraufhin habe sie das Gespräch mit Pfarrer Peter Vogelsang gesucht und sich beworben. Die Chemie hat gestimmt. "Wir haben uns auf Anhieb verstanden", sagt Pfarrer Vogelsang über Höser. Er schätze ihre Kompetenz und ihre Verlässlichkeit. "Sie ist genau das, was ich mir immer gewünscht habe". Schließlich bestehe der Pfarrverband Schäftlarn aus vier Pfarrgemeinden mit je eigenem Pfarrgemeinderat und -büro und sieben Kirchenverwaltungen, die noch vor sechs Jahren von drei Pfarrern versorgt worden seien. Hinzu kämen zwei Kindergärten in Baierbrunn und Schäftlarn. "Wir sind hier eigentlich ein mittelständischer Betrieb."

Für den Pfarrer ist die Verwaltungsleiterin eine spürbare Entlastung, die er nicht mehr missen will, wie er sagt. So könne er sich auch einmal tagsüber Zeit für seelsorgerische Gespräche nehmen - und sich besser auf den Sonntag vorbereiten. "Ich kann mich auf meine Predigt besinnen und habe nicht ständig administrativen Kleinkram im Kopf", sagt Vogelsang. "So kann ich mich viel besser konzentrieren."

© SZ vom 15.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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