Michael Lerchenberg:Wagners "Ring" wird erst auf Bairisch verständlich

Michael Lerchenberg: "Wer weiß schon, wer Fricka und Freia sind?" Michael Lerchenberg geht Wagners "Ring" mit Vergnügen spielerisch an.

"Wer weiß schon, wer Fricka und Freia sind?" Michael Lerchenberg geht Wagners "Ring" mit Vergnügen spielerisch an.

(Foto: Florian Miedl/OH)

Michael Lerchenberg und seine Kollegen holen bei "Opern auf Bayrisch" den Komponisten vom Sockel und handeln sein Werk ohne schreckliche Viertelstunden ab.

Von Sabine Näher

Wozu stundenlang in der Oper sitzen, wenn man Richard Wagners "Ring in einem Aufwasch" erledigen kann? Am Donnerstag 6. April, macht die beliebte Reihe "Opern auf Bayrisch" wieder in der Loisachhalle Station. Neben den Sprechern Conny Glogger und Gerd Anthoff legt sich der bekannte Schauspieler, Regisseur und Autor Michael Lerchenberg ins Zeug.

SZ: Herr Lerchenberg, wann waren Sie zuletzt in der Oper?

Michael Lerchenberg: Das war vergangenes Jahr bei der Eröffnung der Bayreuther Festspiele zur Premiere des "Parsifal". Klingt jetzt wie ausgedacht, stimmt aber!

Lässt das auf eine innige Beziehung zu dem Opernschaffen Wagners schließen?

Mei, der Wagner . . . Also Wagnerianer bin ich keiner. Ich hab's eher mit der italienischen Oper. Deren gewisse Leichtigkeit liegt mir mehr. Bei Wagner ist alles so schicksalsschwanger und furchtbar deutsch. Diese ganzen Mythen sind eben keine leichte Kost. Gerade der "Ring": Für viele erschließt sich gar nicht, worum es eigentlich geht. Nach der NS-Zeit war die germanische Mythologie ja verpönt. Wer weiß schon, wer Fricka und Freia sind? Andererseits ist das eine hochemotionale Musik; es gibt sehr schöne Stellen. Und in der Musikgeschichte nimmt Wagner natürlich eine herausragende Stellung ein.

Die "schönen Stellen" erinnern an das Rossini zugeschriebene Bonmot: "Wagner hat herrliche Momente, aber schreckliche Viertelstunden."

Das unterschreibe ich sofort! Übrigens habe ich nach der erwähnten Bayreuther Premiere bei Mark Twain eine amüsante Beschreibung gefunden. Er hatte das Bayreuther Opernhaus 1891 besucht und dort ebenfalls den "Parsifal" gehört. Er schreibt von Musikverrückten, von Gläubigen, die nach Bayreuth pilgern, um ihrem Propheten in seinem eigenen Mekka zu huldigen. Und er fragt, ob es eine Wagner-Oper nicht vollkommener machen würde, wenn man den Gesang wegließe. In der Pause tauscht er sich dann mit amerikanischen Landsleuten aus, die ihm versichern, der "Parsifal" gefalle selten beim ersten Anhören, könne mit etwas Geduld aber durchaus zur Lieblingsoper werden. Bei Wagner scheiden sich eben die Geister.

Warum kommen die "Opern auf Bayrisch" beim Publikum gut an?

Zum einen weil die Geschichten augenzwinkernd, mit viel Humor erzählt werden. Gerade beim "Ring" erleben wir immer wieder, dass Zuschauer hinterher sagen: Jetzt habe ich zum ersten Mal verstanden, worum es hier eigentlich geht." Diese Reduktion aufs Wesentliche bringt Klarheit. Und durch den bairischen Dialekt werden die Dinge ebenfalls fassbarer. Gerade bei Wagner funktioniert das bestens: Es holt ihn vom Sockel der göttergleichen Verehrung, macht ihn zugänglicher. Und das Musikarrangement besinnt sich eben auf die herrlichen Momente - und lässt die schrecklichen Viertelstunden außen vor.

Und aus welchem Grund haben die Protagonisten so viel Vergnügen daran?

Wir mögen diese Texte, die uns herrliche Möglichkeiten zum Spielen geben. Ursprünglich haben das ja Ruth Kappelsberger, Gustl Bayrhammer und Gerd Anthoff gemacht; ich bin dann nach und nach an Gustls Stelle getreten. Da hat sich der Umgang mit dem Text gewandelt; wir sind es komödiantischer angegangen. Als Gerd und ich allmählich anfingen, uns die Bälle zuzuwerfen, saß die Kappelsberger dazwischen wie die aufsichtsführende ältere Dame. Im neuen Team mit Conny Glogger haben wir nun auch parodistische Elemente eingefügt, gehen einfacher frecher mit dem Text um. Auch bei Opern, die wir ursprünglich nicht so mochten wie "Die Zauberflöte", ist so eine neue Dynamik reingekommen und wir stellten fest: Die ist eigentlich doch ganz lustig!

Hat der Spielort Wolfratshausen für Sie als legendäres Stoiber-Double eine besondere Bedeutung?

Nicht wirklich. Für die politische Bedeutung Stoibers ist Wolfratshausen vermutlich auch der unwichtigste Faktor. Aber Gerd Anthoff hat hier so etwas wie ein Heimspiel, hat er doch jahrzehntelang im "Brandner Kaspar" am Bayerischen Staatsschauspiel den Nantwein verkörpert - also den Brücken-Heiligen von Wolfratshausen.

Und wie stehen Sie als unvergessener Prälat Hinter zu den Wiederbelebungsversuchen des "Bullen von Tölz"?

Na ja, ich halte das für keine wirklich ernsthafte Idee. So gerne man es ihm wünschen würde, ich fürchte, Ottfried Fischer ist nicht mehr in der Lage, einen Film zu drehen. Ich glaube, das ist eher eine lieb und gut gemeinte Idee eines großen "Bullen"-Fans. Das war eine schöne Zeit. Aber sie ist einfach vorbei. Dabei sollte man es wohl belassen. Gemeinsam mit Katerina Jacob hatte ich allerdings vor längerer Zeit mal die Idee entwickelt, eine Rückblende in die Fünfzigerjahre zu machen: der kleine Benno, der kleine Toni - und Sabrina als Ferienkind aus Berlin. So haben wir rumgeblödelt. Aber zu dem Projekt ist es nie gekommen.

"Opern auf Bayrisch: Der Ring in einem Aufwasch" von Paul Schallweg, Donnerstag, 6. April, Loisachhalle Wolfratshausen, Beginn 20 Uhr, mit Gerd Anthoff, Conny Glogger und Michael Lerchenberg (Sprecher), Werner Hofmeister (Percussion) und dem Musikensemble Opern auf Bayrisch unter Leitung von Andreas Kowalewitz; Karten zu 30, 26, 23 und 16 Euro (ermäßigt) im Rathaus Wolfratshausen und über München Ticket

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