Neue Musik:Duo für Sopran und Tisch

Neue Musik: Die Berliner Formation "Kronthaler" verbindet traumhafte Barock-Arien von Monteverdi, Purcell und Händel mit Pop-Klängen.

Die Berliner Formation "Kronthaler" verbindet traumhafte Barock-Arien von Monteverdi, Purcell und Händel mit Pop-Klängen.

(Foto: oh)

In Schloss Kempfenhausen beginnt am Freitag das zweite Echolot-Festival mit dem Motto "Nähe"

Von Otto Fritscher, Kempfenhausen

Leicht verdauliche Kost ist das nicht: Es kreischt, es kracht, es seufzt, es quietscht, wenn Gunter Pretzel seine Bratsche quält. Anders kann man das fast nicht sagen. Aber es gibt Musikliebhaber, die sich für diese Art von Tönen begeistern können. Zum Beispiel Konstantin Fritz, wenn er sich das Video vom letztjährigen Echolot-Festival im Schloss Kempfenhausen ansieht, in dem auch das Ensemble Zeitsprung mit diesen wüsten "Impressionen über Wagner" zu sehen und zu hören ist. "Etwas ganz Besonderes, wie aus 1001 Nacht, ein Gesamtkunstwerk", schwärmt Fritz und meint damit nicht nur diesen Auftritt, sondern das gesamte Festival. Auch Pretzel ist an diesem sonnigen Tag im Schloss zugegen: Es wird das Programm für das zweite Echolot-Festival für Neue Musik vorgestellt (Freitag, 7. Juli, bis Sonntag, 9. Juli). Pretzel, Bratschist bei den Münchner Philharmonikern, ist künstlerischer Leiter des Festivals, Fritz ist für Öffentlichkeitsarbeit zuständig.

Wer den Begriff "Neue Musik" hört, denkt ja häufig an atonale Klangfolgen, die dem natürlichen Harmoniebedürfnis des Menschen an Geist und Gefühl zuwiderlaufen. Doch die inzwischen schon zum Klassiker avancierten Werke von Arnold Schönberg und Alan Berg werden im Schloss und im Schlossgarten nicht zu hören sein. "Wir wollen wie mit einem Echolot die Musik in alle Richtungen ausloten", sagt Fritz, und schiebt Begriffe wie "tief gehend", "berührend" und "experimentierfreudig" nach.

Mangel an Mut zum Risiko kann man den Organisatoren - zu denen noch Kulturmanagerin Elisabeth Carr und Videokünstlerin Manuela Hartel zählen - nicht nachsagen. Wo kann man schon ein "Duo für Sopran und Tisch" mit dem Titel "Hey, Kellner, bring mir einen Schweinebraten" hören? Oder bayerische Gstanzl inmitten elektronischer Klänge? Oder Arien von Monteverdi und Purcell, die mit moderner Popmusik in Verbindung geraten? Das Publikum soll eine "Fülle an Entdeckungen, Einsichten und Überraschungen" erleben. Und das mit dem Gefühl, mittendrin zu sein, denn das Motto lautet "Nähe".

Mit dabei ist neben Pretzel wieder die Medienkünstlerin Hartel, die 2016 zu Echolot bezaubernde, überraschende Bilder und Animationen zu den akustischen Darbietungen beisteuerte: auf der Außenwand des Schlosses, in Bäumendes Schlossparks und auch drinnen. Der Schlosshof wird dieses Jahr wieder offen stehen, so dass man "Klanglichter" und nächtliche Projektionen kostenlos anschauen kann.

Das Programm beginnt am Freitag um 20 Uhr unter dem Titel "Zwischen Nähe". Sopranistin Irene Kurka führt ein Zwiegespräch mit einem imaginären Gegenüber auf, bevor Charlotte Walterspiel und Pretzel mit ihren Bratschen Nähe suchen; das Gelingen oder Misslingen soll hörbar sein. Am Samstag geht es um 19.15 los mit den Kusimanten aus der Steiermark, die Gstanzl, Improvisationen und elektronische Klänge zu einem "Mix jenseits aller Schubladen", präsentieren, sagt Pretzel.

Den zweiten Teil des Abends bestreiten die Wum-Dada-isten mit zwei Flügelhörnern und einer Basstrompete, dazu bieten Ruth Geiersberger und Simon Rummel eine nicht näher bezeichnete Performance. Am Sonntag beginnt das Festival um 20 Uhr mit Kallephil. Der deutsch-finnische Jazz-Gitarrist Kalle Kalima interpretiert mit einem Streichertrio der Münchner Philharmoniker selbst komponierte Instrumentalmusik. Den Abschluss bildet Kronthaler, ein Projekt der Sopranistin Theresa Kronthaler mit Kalima und dem Bassisten Oliver Ponkratz. Sie haben sich nichts Geringeres vorgenommen als "die Aufhebung von Alt und Neu", indem Barockarien sich mit Pop vermischen. Dazu gibt es Videoinstallationen von Hartel.

Möglich wird das Festival laut Fritz erst durch die Sponsoren, zu denen die Kaske-Stiftung, das Landratsamt, die Gemeinde Berg, der Bezirk Oberbayern, die Kreissparkasse, die Stiftung "Engagement für Kultur" und "Fünfseenland aktuell" zählen. Pretzel, der das Programm verantwortet, hat indes seine eigene Definition von Musik: "Man denkt immer, es ist Musik, wenn irgendwo Noten gespielt werden. Das stimmt aber nicht. Musik ist nämlich ein glücklicher Moment."

Karten (18 und28 Euro) bei der Touristinfo, Tutzinger-Hof-Platz, Starnberg, und bei Elisabeth Carr, Tel. 08151/55 97 21. www.echolotfestival.de

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