Neue Bilderschau:Von Farben getragen

Elke Hasenmüller spielt in ihrer aktuellen Ausstellung in der Wolfratshauser Klinikgalerie mit den Themen Boot und Botschaften.

Von Felicitas Amler

Man kann ein Boot rudernd oder tretend fortbewegen, vom Wind oder einem Motor antreiben oder von einem Gondoliere manövrieren lassen. Keines ist wie das andere: Einbaum oder Dschunke, Kanu oder Schaluppe. Wer zeichne, schaue genauer hin und sehe die Unterschiede, sagt Elke Hasenmüller. In vielen abstrakten Bildern der Geretsrieder Malerin verbergen sich schemenhaft Boote, und es bleibt dem Betrachter überlassen, als welchen Typ er sie identifiziert. Auch über die Botschaft der Chiffre Boot mag sich jeder seine eigenen Gedanken machen. Hasenmüller muss nicht lang überlegen: "Das Boot ist ein Medium für den Übergang", sagt sie - in der Mythologie etwa für den Übergang vom Leben zum Tod. "Das Boot ist auch Freiheit, steht für das Wegkommen von etwas. Wenn du auf einer Insel gestrandet bist, brauchst du ein Boot." Und schließlich habe das Boot "noch so etwas Ursprüngliches, Uriges".

Boot und Botschaft, das sind die beiden Themen, mit denen Hasenmüller in ihrer aktuellen Ausstellung in der Wolfratshauser Klinikgalerie spielt - so wie mit dem Titel: "Bo(o)tschaften". Denn vermitteln möchte sie schon etwas mit ihrer Kunst, auch wenn es ihr im Schaffensprozess vor allem um Farbe und Form geht, um großflächiges Arbeiten, Strich und Bewegung, Malen, Übermalen und Collagieren. Am Ende stehen doch immer auch sprechende Titel: "Gelassenheit" und "Aufbruch", "Nichts wie weg!" oder "Illusion".

Neue Bilderschau: Elke Hasenmüller malt in Aquarell und Acryl, collagiert und übermalt gern mit Kreide, Stiften, Wachs.

Elke Hasenmüller malt in Aquarell und Acryl, collagiert und übermalt gern mit Kreide, Stiften, Wachs.

(Foto: oh)

Elke Hasenmüller ist autodidaktisch zur Kunst gekommen. Schon in der Waldorfschule Tübingen, auf die sie bis zum Abitur in den Sechzigern ging, habe es ihr viel Spaß gemacht, wenn samstags Malen auf dem Stundenplan stand: "Mit Wasserfarben und nur mit den Grundfarben." Doch zunächst studierte sie Englisch, Französisch und Italienisch, lebte in Oxford, Genf und der italienischen Schweiz, heiratete, zog mit ihrem Mann seines Berufs wegen nach Geretsried, arbeitete dort im selben Betrieb wie er und bekam mit ihm zwei Töchter. Als bei ihrem Mann eine unheilbare Krankheit diagnostiziert wurde, schenkte einer ihrer Brüder ihr einen Aquarellkasten, einen guten Marderpinsel und einen Block, damit sie sich von den Sorgen ablenkte. Und da malte sie: Bauernhäuser, Steine, Wasser. "Das ging wunderbar."

Es folgten Kurse und Malreisen, Hasenmüller erlernte Techniken, studierte Motive ("Wie sieht ein Baum im Winter aus? Wie malt man eine Schneefläche?") und entdeckte irgendwann die Acrylfarben: "Toll - leuchtend und knallig." Und nachdem sie lange Zeit, inzwischen verwitwet, zu Hause gemalt hatte - mit dem Aquarellblock auf dem Bügelbrett -, stieß sie zufällig auf ein Inserat im lokalen Anzeigenblatt, in dem ein Atelier in Münsing angeboten wurde. Endlich habe sie das tun können, was sie immer gewollt habe: "In Farbe schwelgen, große Formate malen, auf dem Boden mit dem Schrubber arbeiten." Das Atelier im ehemaligen Kuhstall, 70 Quadratmeter groß und inzwischen voller eigener Arbeiten, Hunderte Zeichnungen seien darunter, das sei "der Ort, wo ich total zur Ruhe komme", sagt sie, "wie ein Zuhause".

Neue Bilderschau: In der Klinikgalerie zeigt Elke Hasenmüller großformatige Arbeiten und kleine Reisebilder.

In der Klinikgalerie zeigt Elke Hasenmüller großformatige Arbeiten und kleine Reisebilder.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Gerade erst hat Hasenmüller ein Studienjahr an der Freien Kunstakademie Augsburg absolviert: neun Wochenenden, an denen viel Akt gemalt wurde. In der Klinikgalerie sind auch Ergebnisse dieses neuerlichen Lernens zu sehen - eine kleine Schwarz-Weiß-Arbeit etwa: Tusche mit dem Stöckchen und schneller Hand zu Papier gebracht, eine Figur, die ein undefinierbares Objekt kreisen lässt, skizzenhaft, aber sehr ausdrucksstark.

Eher rätselhaft wirkt ein mehrfach geschichtetes Werk auf Wabenpappe: eine Monotypie, übermalt mit Kreide, Stiften, Ölpastell. Das Bild zeigt ein florales Muster in der einen Ecke, eine - nackte? - Person in der anderen. Der Titel lautet: "Nichts wie weg!" Hasenmüller erklärt das bereitwillig: Das sei ein Brautstrauß, "und er drückt sich vor der Hochzeit". Warum dieses Motiv? Sie lacht - das wisse sie auch nicht.

Dabei kann sie so gut erklären. Wenn sie über Farben spricht zum Beispiel. Denn jede Farbe habe ja ihre eigene Botschaft. Grün, das sei die Farbe des Übergangs, des Aufstiegs, des Neuanfangs; das Grün der Natur in seiner enormen Vielfalt sei bekanntlich gut für die Seele. Sie beschäftige sich oft über längere Zeit mit einer Farbe, probiere sie in allen möglichen Techniken und Ausdrucksformen aus. "Momentan male ich sehr hell, weiß und creme und gelb - Sonne, Wärme, Fröhlichkeit." Boote können auch da immer mal wieder auftauchen. Und was wäre ihr ganz persönlicher Bootsfavorit? "Ein Ruderboot", sagt sie, "das hat so was Gemütliches. Aber es muss mich jemand rudern."

Neue Bilderschau: Zu den Exponaten gehören auch kleine Tuschestudien.

Zu den Exponaten gehören auch kleine Tuschestudien.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Elke Hasenmüller: "Bo(o)tschaften", Klinikgalerie, Moosbauerweg 5, Wolfratshausen; bis 31. Januar zu den Öffnungszeiten der Klinik

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: