Junge Themen sichtbar machen:Unter 18? An die Urnen!

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Der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Geretsried und Bad Tölz beteiligen sich an der bundesweiten Initiative U 18. Kinder und Jugendliche können versuchsweise ihre Stimme für den Bundestag abgeben.

Von Thekla Krausseneck, Geretsried/Bad Tölz

Die Jugend übt das Wählen und setzt dabei ein Zeichen: In Geretsried und Bad Tölz sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren am 15. September dazu aufgerufen, ihre Stimme für eine Partei abzugeben. Entscheiden können sie dabei zwar nichts, dafür aber die eigenen Themen sichtbar machen - so das erklärte Ziel des Netzwerks U 18, das 1996 in einem Berliner Club gegründet wurde und sich seither in der ganzen Bundesrepublik verbreitet hat. In Geretsried arbeitet die Stadt mit dem Trägerverein Jugendarbeit und drei verschiedenen Schulen zusammen, in Bad Tölz wird die Teilnahme von der Montessorischule organisiert.

Der Trägerverein setzt mit der Aktion eine Idee des Jugendrats Felix Leipold um. Teilnahmeberechtigt sind in Geretsried rund 2500 Jugendliche, die gemäß Artikel 2 der Kinderrechtskonvention keinen deutschen Pass haben müssen. Bedingung ist allein, dass sie das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht haben und ihre Stimme persönlich abgeben. Um möglichst viele junge Leute zu erreichen, haben der Trägerverein und die städtische Jugendreferentin Heidi Dodenhöft (FW) Kontakt zu den Schulen geknüpft: Gewählt wird daher in der Karl-Lederer-Mittelschule, in der Waldorfschule und am Schulzentrum. Zuvor finden Veranstaltungen statt, in denen die Schüler Informationen über Geschichte und Bedeutung der Demokratie sowie über Parteien und ihre Positionen erhalten. So sollen die jungen Leute an ihr Wahlrecht herangeführt und darauf aufmerksam gemacht werden, dass es Menschen aus Ländern ohne Wahlrecht gibt - sogar in der eigenen Klasse. "Es ist ein demokratisches Recht, das man sich bewusst machen muss", sagt Bürgermeister Michael Müller (CSU). Ziel sei es auch, die jungen Entscheidungsträger von morgen bei der Meinungsfindung zu unterstützen.

Der Deutsche Bundesjugendring, von dem die Aktion ausgeht, hat acht Parteien, die bei der vergangenen Bundestagswahl mehr als fünf Prozent der Stimmen erhalten oder am 30. April in den Umfragen über fünf Prozent gelegen haben, nach ihrer Haltung gefragt. Weil die AfD alle Anfragen ignoriert hat, führen die bunten Informationskarten, die der Bundesjugendring herausgibt, aber nur je sieben Antworten auf, nämlich von den Grünen, CDU, CSU, der Linken, FDP und SPD. Die 18 Fragen beziehen sich etwa auf die Gestaltung guter Bildung, die Bedeutung von Gleichberechtigung, die Finanzierung von Ideen und Reformen oder die Jugendarbeit außerhalb von Schulen. Die Antwortkarten dienen als Informationsgrundlage: Jugendräte und Pädagogen führen die Schüler in Gruppen ausführlich in das Thema Wahl ein, bevor diese an die Urnen treten.

Das Netzwerk U 18 fasst die bundesweiten Ergebnisse online zusammen. Im Jugendzentrum Saftladen werden die Resultate von 19 Uhr an reflektiert und diskutiert. Dabei können sich die Jugendlichen mit fünf Kreisvorsitzenden und Direktkandidaten austauschen: Angekündigt haben sich nach einer Information der Stadt Geretsried die Direktkandidaten Karl Bär (Grüne), Andreas Wagner (Linke) und Hannes Gräbner (SPD), sowie der Kreisvorsitzende Klaus Andrae (FDP) und der Landtagsabgeordnete Martin Bachhuber (CSU). Nicht zugesagt haben die AfD und die Piratenpartei. Josef Birzele, Leiter der Jugendsiedlung Hochland, moderiert den Abend, danach ist eine Wahlparty mit dem Geretsrieder Stadtradio Batsch!FM geplant.

"Die Demokratie nimmt Schaden, wenn zu wenige zur Wahl gehen", sagt Bürgermeister Müller. Schon jetzt sei der Trend zu beobachten, "dass sich ein Teil der Gesellschaft seine eigene Welt schafft". Es sei die Aufgabe eines Jugendzentrums, den jungen Menschen ihre Verantwortung bewusst zu machen. Rudi Mühlhans, Geschäftsführer des Trägervereins Jugendarbeit, hofft auch auf einen positiven Effekt auf die Eltern, wenn die jungen Wähler am Abend von ihrem Tag erzählen. Am besten wäre es, wenn sie ihre Eltern so von pauschalen Verurteilungen wegführen könnten, und dafür hin zu einer differenzierten Diskussion.

Zum Netzwerk U18 gehören neben dem Bundesjugendring auch das Deutsche Kinderhilfswerk und der Bayerische Jugendring. Regional wird die Aktion von Koordinierungsstellen und lokal von engagierten Ehrenamtlichen organisiert. Bislang sind bundesweit 1350 Wahllokale registriert, davon 157 in Bayern, 225 in Berlin und 273 in Nordrhein-Westfalen.

www.u18.org

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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