Natur im Landkreis:Was Bienen satt macht

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Immer wieder gibt es im Jahresverlauf bedrohliche Lücken im Nahrungsangebot der Insekten. Eine Bepflanzung mit Blütenpflanzen, die reichlich Nektar und Pollen produzieren, könnte ihnen helfen.

Von Ingrid Hügenell

Wiesensalbei (im Vordergrund) und viele andere blühende Pflanzen haben in der Gemeinde Haar auf 39 000 Quadratmeter Fläche eine Heimat gefunden. Zählte man dort früher rund 30 Pflanzenarten, sind es heute mehr als 100. (Foto: privat)

Den Bienen geht es schlecht, und das liegt nicht allein an der Varroa-Milbe und dem Einsatz von Insektiziden. Wie Walter Haefeker kürzlich im SZ-Interview sagte, bräuchten die Bienen mehr Vielfalt, blühende Wiesen statt Einheitsgrün. "Eine vielfältige Pollenversorgung über das Jahr hinweg, ein kontinuierlicher Nektarstrom und generell Rücksichtnahme" seien notwendig, sagte der 52-Jährige aus Seeshaupt, der Präsident des Europäischen Berufsimkerverbandes ist.

Doch in der Landwirtschaft geht der Trend in eine andere Richtung: Aus Wiesen werden zum Beispiel Maisäcker, oft für die Erzeugung von Biogas. Manche Landwirte verwenden Spritzmittel, die verhindern, dass in den Wiesen Blumen blühen. Immer früher wird gemäht, sodass auch die Löwenzahnwiesen weniger werden. Wird blühender Löwenzahn gemäht, sterben die Bienen mit, die gerade auf den Blüten Nektar sammeln. Der Geretsrieder Imker Erich Holzer ruft wie andere dazu auf, den Löwenzahn abblühen zu lassen und auch sonst bei der Auswahl der Bepflanzung auf Bienenfreundlichkeit zu achten.

In Privatgärten und teilweise auch im öffentlichen Raum wird das schon gemacht. Die Gemeinde Haar im Landkreis München hat 1998 begonnen, gezielt Magerflächen anzulegen. Auf rund 30 Standorten wachsen dort inzwischen zahlreiche heimische Wildblumen wie Wiesensalbei und Natternkopf. Wunderschöne, artenreiche Flächen sind so entstanden, die Insekten Nahrung bieten und viel weniger Pflege brauchen als Rasenflächen: Sie müssen nur zwei- bis dreimal pro Jahr gemäht werden. Die Gemeinde hat Samentütchen an ihre Bürger verteilt und sie so motiviert, auch im eigenen Garten die Artenvielfalt zu fördern. In Imkerkreisen sei das Beispiel Haar gut bekannt, sagt Tobias Deißen, Vorsitzender des Imkervereins Wolfratshausen, und man wisse auch, dass die Bienen und anderen Insekten die mageren Blumenwiesen annähmen. Bei den Städten im Landkreis hat sich das noch nicht sehr weit herumgesprochen.

Ungefüllte Blüten von Zwiebelpflanzen wie dem Krokus sind für Bienen im zeitigen Frühjahr eine wichtige Nahrungsquelle. (Foto: dpa)

Geretsried

In der größten Stadt des Landkreises gibt es erste Anfänge in Richtung insektenfreundlicher Gestaltung von Verkehrsinseln. Inken Domany vom Umweltamt der Stadt, die selbst Bienen hält, hat sich vom Beispiel Haars inspirieren lassen. Die Stadt hat versuchsweise auf einigen neu angelegten Verkehrsinseln an der Jeschkenstraße Blumenmischungen ausgesät. Dies allerdings nicht in erster Linie mit den Bienen im Blick, sondern mit dem Ziel, weniger Pflegeaufwand und damit weniger Kosten zu haben. Schon vor drei bis vier Jahren wurde eine spezielle Mischung an einem Radweg im Geltinger Gewerbegebiet ausgesät, die man nur etwa dreimal pro Jahr mähen muss. Die überwiegende Zahl der Verkehrsinseln wird aber auch in Geretsried nach wie vor mit Blumen wie Fleißigen Lieschen oder Tagetes bepflanzt, die je nach Sorte für Bienen nur einen geringen Wert besitzen, weil sie kaum Nektar und oft gar keinen Pollen produzieren.

Bad Tölz

Im Kurpark ist englischer Rasen Pflicht, wie Hauptamtsleiter Christian Fürstberger sagt. "Die Gäste erwarten, dass oft gemäht wird." Es kämen Beschwerden, wenn das nicht geschehe. Und es sei nicht vermittelbar, warum man eine Rasenfläche später mähen oder gar in einen Magerrasen umwandeln wolle, ist Bürgermeister Josef Janker überzeugt. "In den Parkanlagen braucht man englischen Rasen", sagt Fürstberger. Aber die Stadt habe andere Grünflächen, etwa einen Hang beim Alten Krankenhaus, bei denen man den Mähtermin nach hinten gelegt habe. Vielerorts werde erst im Juli gemäht, wenn zahlreiche Blumen geblüht hätten. Die Bepflanzung im öffentlichen Grün habe die Stadt noch nicht unter dem Aspekt der Bienenfreundlichkeit angeschaut, sagt Bürgermeister Janker, aber er werde den Gärtnern vorschlagen, "darauf zu schauen". Grünanlagen müssten aber auf jeden Fall gemäht werden, "wegen der Optik".

Wolfratshausen

Auch die Stadt Wolfratshausen verfügt über zwei große Wiesen in Waldram und in Weidach, die nur einmal im Jahr gemäht werden, wie Stadtwerkeleiter Jürgen Moritz sagt. Immer wieder riefen Bürger an, um sich darüber zu beschweren. Verkehrsinseln oder Kreisel in Magerstandorte umzuwandeln, stehe nicht zur Debatte: "Kein Handlungsbedarf", sagt Moritz. Die Ausstattung der Inseln und Kreisel mit Zierpflanzen sei gewollt. Unter ökologischen oder auch ökonomischen Gesichtspunkten sei sie noch nicht diskutiert worden. Moritz bezeichnet andererseits die Lage der Bienen als "brisant".

Und was tun die Bienen?

Gaby Reith (Grüne), Umweltreferentin des Wolfratshauser Stadtrats, hat sich mit dem Thema noch nicht befasst. Sie glaubt aber nicht, dass man mit einer anderen Bepflanzung etwa auf Verkehrsinseln überhaupt etwas erreichen könne. "Eine Biene braucht insgesamt ein Biotop", argumentiert sie. Auch Moritz glaubt nicht, dass Bienen Verkehrsinseln anfliegen würden. Tun sie aber doch, sagt Imker Deißer, gerade in Zeiten wie diesen: "Die Obstblüte ist vorbei, der Löwenzahn verblüht, die Bauern haben die Wiesen gemäht - da fliegen die Bienen alles an, was es gibt." Darauf seien sie auch angewiesen. Zeiten, in denen die Bienen kaum Nahrung finden, gibt es immer wieder im Jahresverlauf; dann wäre es für Bienen und andere Insekten wie Hummeln gut, wenn sie Ausweichmöglichkeiten hätten. Imkerin und Umweltreferentin Domany ist überzeugt, dass auch kleine blühende Flächen den Bienen helfen.

Welche Pflanzen?

Grundsätzlich gilt: Mit gefüllten Blüten können Insekten nichts anfangen. Zum einen finden sie keinen Zugang, zum anderen sind solche Zuchtformen meist steril, bilden also weder Pollen noch Nektar und später auch keine Früchte. Einheimische Pflanzen sind meist besser, weil die heimische Tierwelt an sie angepasst ist. Eine gute Bienenweide sind neben dem Löwenzahn Lippenblütler wie Salbei oder Thymian viele Kleearten und auch Pflanzen, die als Unkraut gelten,wie der kriechende Günsel, aber auch Sonnenblume und Malve. Informationen gibt es in Büchern, etwa in dem im Kosmos-Verlage erschienen Nachschlagewerk "Bienenweide: 200 Trachtpflanzen erkennen und bewerten" von Günter Pritsch oder im Internet, etwa unter www.die-honigmacher.de oder www.rundumdiebiene.de

© SZ vom 27.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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