Nachruf:Trauer um Reinhard Szyszka

Lesezeit: 2 min

Beseelt von der Musik: Reinhard Szyszka wurde nur 61 Jahre alt. (Foto: Privat)

Sieben Jahre lang hat er mit seiner Klassik-Kolumne und pointierten Kritiken die SZ Bad Tölz-Wolfratshausen bereichert. Er war ein profunder Kenner der klassischen Musik und ein Mann der leisen Töne. Am Freitag ist er im Alter von 61 Jahren gestorben.

Von Stephanie Schwaderer

Es gibt dieses Rätsel-Spiel: Einer denkt sich jemanden aus, und die anderen fragen ihn: Was wäre derjenige, wenn? Wenn er ein Baum wäre? Ein Gewässer? Eine Stadt? Ginge es um Reinhard Szyszka, würde die entscheidende Frage lauten: Was wäre er, wenn er Musik wäre? Es gibt Kollegen, die wären eine Wagner-Oper. Andere ein Schumann-Lied oder eine Pause. Was wäre Reinhard Szyszka?

Für eine qualifizierte Antwort bräuchte es einen wirklichen Experten. Einen Menschen mit viel Fachwissen, mit Gespür für Nuancen, einem guten Schuss Humor und Lust an einer ungeahnten Pointe. Die SZ Bad Tölz-Wolfratshausen hatte das große Glück, vor sieben Jahren einen solchen Menschen als Mitarbeiter zu gewinnen. Einen Mann - sperrig in der Ouvertüre, mitreißend im Gesamteindruck - auf den immer Verlass war, dem ein Stichwort genügte, um aus einer Fülle von Wissen zu schöpfen. Einen Kenner, der beseelt von der Musik, aber unbestechlich im konkreten Urteil war. "Mache ich gerne für Sie!", lautete seine klassische Antwort, wenn es ein Konzert zu besetzen galt. Und die Kritik lieferte er meist noch vor Mitternacht - "so lange die Eindrücke noch frisch sind".

Reinhard Szyszka war studierter Mathematiker ("Damit kenne ich mich wirklich aus!"), er mochte Rätsel und Preisfragen, stellte sich selbst knifflige mathematische Aufgaben, an deren Lösung er bisweilen Tage herumknobelte, und liebte das Spiel. Das Spiel der Musiker, aber auch das Spiel der Worte. Er sang nicht nur in verschiedenen Chören, sondern studierte Gedichte ein, nahm Sprachunterricht, um sie mitreißend vortragen zu können. An manchen Tagen, wenn ihm der Schalk im Nacken saß, verfasste er seine E-Mails in Reimform. Eine Auszeit von der Musik nahm er sich nur, wenn er wandern ging. In seiner eigenen SZ-Kolumne "Szyszkas Klassiker" demonstrierte er regelmäßig, dass auch Jahrhunderte alte Werke voller Überraschungen stecken.

Seine große Erfüllung fand er seit einigen Jahren im gesprochenen Wort: bei Einführungsvorträgen zu klassischen Konzerten, für die ihn die Veranstalter in der Region schätzten - und mit denen er SZ-Redakteure an den Rand der Verzweiflung brachte, weil er (zu seinem großen Vergnügen) irgendwann immer und überall sprach - in Icking, in Wolfratshausen, in Iffeldorf. Und die Artikel in den Programmheften stammten ebenfalls aus seiner Feder. Wer sollte nun all die Kritiken schreiben?

Seit einiger Zeit wurde ihm sein Anzug immer größer. Darüber hat er kaum ein Wort verloren. Sein letzter "Klassiker" trug den Titel "Requiem der leisen Töne". Leise hat sich Reinhard Szyszka auch davongemacht. Am Freitag ist er im Alter von 61 Jahren gestorben.

© SZ vom 11.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: