Arbeitsverbot für Asylbewerber:Landrat verteidigt Behörde - und räumt einen Fehler ein

Arbeitsverbot für Asylbewerber: "Die Kritik trifft mich persönlich sehr hart", sagt Josef Niedermaier. Die Ausländerbehörde im Landratsamt habe nach Recht und Gesetz gehandelt.

"Die Kritik trifft mich persönlich sehr hart", sagt Josef Niedermaier. Die Ausländerbehörde im Landratsamt habe nach Recht und Gesetz gehandelt.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Josef Niedermaier wundert sich über die heftige Kritik der Flüchtlingshelfer. Der Fall eines jungen Afghanen soll aber neu geprüft werden.

Von David Costanzo

Am Tag nach den schweren Vorwürfen der Flüchtlingshelfer aus Eurasburg klingt Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) niedergeschlagen. "Die Kritik trifft mich persönlich sehr hart", sagt er. Das Landratsamt habe in der Vergangenheit viel für Asylbewerber getan, sei zu Kompromissen bereit gewesen. Niedermaier selbst hat Flüchtlinge immer wieder vor miesen Gerüchten in Schutz genommen, was ihm selbst Ärger eingebracht hat. "Mich wundert die Heftigkeit. Ich kann die Erregung nicht verstehen." Im Fall der verweigerten Arbeitserlaubnisse habe die Ausländerbehörde nach Recht und Gesetz gehandelt - allerdings sei ihr im Fall des jungen Afghanen aus Eurasburg ein Fehler unterlaufen, gesteht der Landrat ein.

Fast 30 Mitglieder des Helferkreises hatten Niedermaier und seine Ausländerbehörde in einem Offenen Brief mit harten Worten angegriffen. Von "menschenverachtendem und rechtswidrigen Verhalten" war da die Rede, weil das Landratsamt seinen Ermessensspielraum nicht zugunsten der Flüchtlinge nutze, die arbeiten wollten, sondern sie zu Nichtstun verdamme. Dabei erlaubten die Schreiben des Innenministeriums eine viel großzügigere Auslegung. Als Gegenbeispiele nannten die Asylhelfer die Landkreise Starnberg und München - und insbesondere den Münchner Landrat Christoph Göbel (CSU). Der wurde bei seinem Empfang der Flüchtlingshelfer zitiert: "Im Landkreis ist noch keine Arbeitserlaubnis verwehrt worden." Das hatte er auch auf Menschen aus Ländern bezogen, die nur geringe Chancen auf Asyl-Anerkennung haben.

Darum griff Landrat Niedermaier gleich zum Telefon, um seinen Münchner Amtskollegen zu befragen. Göbel habe ihm versichert, der Aspekt sei verkürzt dargestellt worden. Auch im Landkreis München habe es Ablehnungen gegeben - allerdings sei tatsächlich noch keinem einzigen Afghanen die Arbeit verwehrt worden.

Vorwürfe gegen Staatsregierung

Auch Vertreter von SPD und Grünen kritisieren das Arbeitsverbot für Asylbewerber mit geringen Anerkennungschancen: Die Grünen-Kreisrätin Barbara Schwendner aus Bad Tölz hat bereits im Kreisausschuss vom Montag die Entscheidungen der Ausländerbehörde hinterfragt. Sie beharrt darauf, dass es Spielräume für die Behörde gebe und dass ein Einwanderungsgesetz nicht helfe. Menschen aus Afghanistan seien Bürgerkriegsflüchtlinge, vergleichbare Beispiele gebe es auch bei anderen Herkunftsländern. Sie nennt den Erlass der Staatsregierung, der es Landratsämtern überhaupt ermöglicht, Arbeitsverbote auszusprechen, "fragwürdig, vielleicht sogar rechtswidrig" - und fordert darum "mutige und kluge Entscheidungen" der umsetzenden Behörden. Den Landrat nimmt sie in Schutz, er habe sich persönlich immer sehr für Flüchtlinge im Landkreis eingesetzt.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel sieht die Landratsämter erst durch die Staatsregierung in diese schwierige Lage gebracht. Der gehe es nicht um Integration, sondern um Stimmungsmache: "Das Innenministerium muss klarstellen, was Sache ist - am besten durch Rücknahme des Erlasses." dac

Ein entscheidender Punkt: Denn Afghanen bilden derzeit mit riesigem Abstand die größte Gruppe der Asylbewerber in der Region. Sie machen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen fast die Hälfte der rund 1800 Asylbewerber aus. Das Landratsamt konnte nicht erklären, wie vielen von ihnen zwischen Lenggries und Icking eine Beschäftigung verwehrt oder erlaubt worden sei. Diese Zahlen würden nicht erhoben. Nach Angaben der Eurasburger Flüchtlingshelfer habe im Unterschied zum Nachbarlandkreis praktisch kein Afghane eine Erlaubnis bekommen - wie der Jugendliche in Eurasburg.

Tatsächlich schreibt das Landratsamt in dessen Ablehnung wortwörtlich, dass Afghanen "grundsätzlich" keine Erlaubnis bekommen. Das könnte auf eine restriktivere Auslegung in der Ausländerbehörde als in München hindeuten. Niedermaier erklärt es mit einem Fehler: "Das stimmt so nicht." Jeder Antrag werde individuell entschieden.

Der Fall des jungen Afghanen werde neu geprüft. Erst recht, seitdem neue Hinweise des Innenministeriums im Umlauf seien, die unterstreichen, dass die Anerkennung der Afghanen auf 56 Prozent gestiegen seien. Ob noch andere Schreiben diesen Fehler enthielten, sei unbekannt. Grundsätzlich sprach er sich für ein Einwanderungsgesetz aus. Wer die Sprache spreche, einen guten Job mache und die Werte akzeptiere, sei "gern gesehen".

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