Nach der Entscheidung des Landrats:Bad Tölz klagt gegen Asyl im Jodquellenhof

Die Stadt stemmt sich gegen die Unterbringung von Flüchtlingen im ehemaligen Kurhotel. Die Räte befürchten darin den ersten Schritt der Jod AG, das Areal später in Wohnzwecke umzuwandeln.

Von Klaus Schieder

Die Stadt Bad Tölz wird vor das Verwaltungsgericht München ziehen, sobald der Landkreis das leer stehende Hotel Jodquellenhof im Kurviertel mit Asylbewerbern belegt. Nach einer teils emotional geführten Debatte entschied sich der Stadtrat am Dienstagabend für diesen Schritt mit 13 zu acht Stimmen. Dahinter steckt vor allem die Befürchtung, dass die Jod AG als Eigentümerin des Geländes eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge benutzt, um später juristisch gegen den neuen Bebauungsplan "Badeteil Mitte" vorzugehen. Der schreibt eine touristische Nutzung des Areals vor, mithin ein neues Hotel; die Jod AG möchte dort hingegen acht Wohnhäuser bauen. Gegen eine Klage votierten die Freie Wähler Gemeinschaft und Richard Hoch (Grüne).

Bauamtsleiter Christian Fürstberger bezeichnete eine Asylunterkunft im Jodquellenhof als "illegal". Das Gebäude sei baurechtlich als Hotel genehmigt, wohingegen Flüchtlingsquartiere nach gängiger Rechtsprechung als "Anlagen für soziale Zwecke" oder auch als Wohnanlagen gesehen würden, sagte er. Der Landkreis könnte zwar eine Nutzungsänderung für das Hotel beantragen, das Platz für etwa 170 Asylsuchende böte. Aber dies müsste die Stadt wegen des neuen Bebauungsplans ablehnen, meinte Fürstberger. Es sei denn, die Stadträte befürworteten einen solchen Antrag: "Dann ist die Fläche für eine touristische Nutzung jedoch verloren."

Einen Ausweg hätte Bürgermeister Josef Janker (CSU) in einer Selbstverpflichtung der Jod AG gesehen, worin sie versichert, aus einer Gemeinschaftsunterkunft keinerlei Ansprüche auf den von ihr geplanten Wohnungsbau abzuleiten. Dies habe sie im Gespräch mit Landrat Josef Niedermaier (FW) allerdings abgelehnt, sagte Janker. Für ihn ist damit klar, "dass unsere Befürchtungen real sind". Die meisten Stadträte sahen dies genauso. Camilla Plöckl (SPD) zeigte sich erbost, dass die Jod AG versuche, ihr Bauprojekt "durch die Hintertür" durchzudrücken -"auf dem Rücken armer Menschen". Dem pflichtete Peter Priller (Grüne) bei. Er sah sich durch die Jod AG in eine Situation gedrängt, in der er sich zwischen Menschenrecht und Baurecht entscheiden müsse. "Ich finde die Einfädelung der Sache perfide." Noch deutlicher wurde Christof Botzenhart (CSU). Nach seiner Lesart probiert die Jod AG "auf hinterfotzige Art", den Bebauungsplan der Stadt auszuhebeln.

Die Gegenposition vertraten die Freien Wähler. Mit tränenerstickter Stimme berichtete Margot Kirste von Asylbewerberinnen aus Afrika, die vergewaltigt wurden, und stellte klar: "170 Flüchtlinge vor der Tür stehen zu lassen, kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren." Zweiter Bürgermeister Andreas Wiedemann verwies auf die Not des Landkreises, der allen Prognosen zufolge heuer nochmals circa 700 Asylsuchende unterbringen müsse. Das gehe nur in Gebäuden, "die da sind und die leer stehen", sagte er. Der Jodquellenhof ist für ihn als Gemeinschaftsunterkunft besser geeignet als die Turnhalle des Tölzer Gymnasiums. "Das wäre das Schlechteste, was man der Bevölkerung anbieten kann."

Kritik gab es auch am Landkreis. Mayer-Schwendner monierte, dass das Landratsamt trotz gegenteiliger Beteuerungen noch immer keine Strategie für den Umgang mit Flüchtlingen habe. Bauamtsleiter Fürstberger staunte, dass der Brandschutz der Kreisbehörde oftmals als Argument diene, warum manche Gebäude für Asylbewerber nicht genutzt werden können, im Jodquellenhof aber keine Rolle spiele, obwohl er dort auch "nicht up to date" sei. Von der Stadt vorgeschlagene Alternativen für Asylunterkünfte seien entweder "nur angeprüft" oder gar nicht geprüft worden, sagte Fürstberger.

Gleichwohl will Bad Tölz dem Landkreis weiter helfen. Janker kündigte an, dass sich der Stadtrat demnächst in seiner Klausur mit der Frage befassen werde, wo noch Flüchtlingsquartiere in der Kurstadt entstehen können. Nach der jüngsten Statistik des Landratsamtes leben derzeit 109 Flüchtlinge in Tölz. "Wir brauchen uns in keiner Weise zu verstecken", sagte Janker. Worauf Margot Kirste einwarf: "Aber es reicht nicht."

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