Ochsenrennen in Aying:Münsinger Viecher am Start

Nach 26 Jahren erfährt der Lauf eine Neuauflage. Der Münsinger Sieger-Ochse Baze bleibt nach 50 Metern einfach stehen - dafür gewinnt ein anderes Tier aus der Gemeinde.

Von Michael Morosow

Ferdinand der Stier, die Hauptfigur eines Kinderbuches, riecht lieber an den Blumen auf seiner Weide, statt sich in der Arena gegen Toreros zu stellen. Nur einmal, nachdem ihn eine Hummel in den Allerwertesten gestochen hatte, gebärdet er sich so wild, dass Stierkampf-Manager ihn vom Fleck weg kaufen und in den Kampf schicken. Wie die Geschichte ausgeht, weiß jedes Kind: Ferdinand ignoriert die darob verzweifelten Picadores und den Torero schlichtweg, trägt viel lieber hingebungsvoll seine Friedfertigkeit zur Schau und wird schließlich auf seine Weide zurückgeschickt.

Beppo der Ochse ist offenbar vom gleichen Schlag. Auch er verspürt keinerlei Drang, sich für die das Spektakel liebenden Zuschauer ein Bein auszureißen. Beppo, dessen Weide im Pustertal wächst, ist eher dem entschleunigten Leben zugetan, was er am Samstag beim Ayinger Ochsenrennen auf einer Wiese neben dem Festplatz denn auch ausdauernd zeigt, schon im ersten Rennen. Während nach dem Startkommando Obelix, Simal und Fonse auf den ersten Metern wenigstens so tun, als läge ihnen was an einem Sieg, flaniert Beppo mehr als er rennt. Es ist nicht auszuschließen, dass Beppo nicht von einer Hummel, sondern von einer Tsetsefliege gestochen worden ist. Beppo und Jockey Julius Sebald werden Letzte im Vorlauf, circa 20 Pferdelängen hinter Sieger Fonse.

2500 Zuschauer hatten ihre helle Freude an der Neuauflage des Ayinger Ochsenrennens, für das sich der alte Bräu Franz Inselkammer ins Zeug gelegt hatte und das von den Ayinger Burschen veranstaltet wurde. Zuvor war es in den Jahren 1989 bis 1990 drei Mal ausgetragen, dann aber eingestellt worden. Der zum Schabernack neigende Rennbahnsprecher Leo Veicht nannte auch den Grund dafür: "Dreimal haben die Helfendorfer gewonnen und kein Ayinger, dann haben wir's eingestellt."

Beppo war freilich nicht der einzige Starter, der lieber am Gras schnupperte als wie ein Ochs loszurennen oder der mitten im Lauf abrupt bremste und danach eine Gedenkminute für gefallene Jockeys einlegte. Auch andere Starter waren ziemlich unpässlich, etwa Xaverl und Max mit den Startnummern 3 und 4. Die beiden konnten leider nicht um den Sieg laufen, weil sie zuvor geschlachtet worden waren. Und der Martl musste laut Rennbahnsprecher Veicht passen, weil sein Jockey "alkoholtechnisch verhindert" war. So verblieben elf Ochsen im Feld, auf die die Besucher setzen konnten für zwei Euro pro Tippschein. Als Favorit wurde vor Rennbeginn der weiß-blaue Belgier Django aus Münsing gehandelt, zurecht, wie sich zeigte. Django, vermutlich eine Kreuzung aus Ochs und Renngaul, spurtete jedesmal los, als sei eine Hummel hinter ihm her oder er wüsste um das Speisenangebot im nahen Festzelt, zum dem "Ochs in Gemüse-Rotweinsoße mit Kartoffelknödel" gehörte. Auch den Finallauf gewann er souverän und damit eine Übernachtung für zwei Personen im Brauereigasthof Hotel Aying für seinen Jockey und Besitzer Thomas Sebald. Django durfte sich dafür nach seinem Sieg an einer Mass Bier schadlos halten.

Dass auch bei Ochsen die Tagesform entscheidet, zeigte der zweite weiß-blaue Belgier Baze. Im August noch Sieger beim Ochsenrennen in Münsing, wirkte er diesmal im Vorlauf nicht ganz bei der Sache, fasste nach etwa 50 Metern den Entschluss, das Rennen frühzeitig zu beenden, und schied aus, während einige hundert Besucher ihren Wettschein zerknüllten.

Der eigentliche Sieger des Ochsenrennens aber heißt Calimero. Er wurde im Finallauf zwar nur Letzter, aber seine Besitzerin Evi Mair sagte nach Rennende: "Der Calimero wird nie geschlachtet."

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