Münsing:Kreatives Recycling

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Nur eine kleine Auswahl aus der großen Zahl an Feuerlöschern, die Lena Peter umgestaltet. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die junge Münsinger Industriedesignerin Lena Peter macht aus Backformen Lampenschirme oder aus 1700 Feuerlöschern Kerzenhalter, Leuchten, Dosen, Vasen, Schaufeln . . .

Von Benjamin Engel, Münsing

Sie stehen aufgereiht an der Wand, in großen Pappkartons am Boden, auf dem Arbeitstisch oder hängen von der Decke. In manchen stecken Kerzen, in anderen LED-Dioden. Sie sind auseinandergeschnitten oder am Boden mit Schrauben abgedichtet. Nur eines sind sie nicht: zu übersehen. Denn die rund 26 Zentimeter hohen Feuerlöscher-Kartuschen aus Aluminium, die Industriedesignerin Lena Peter aus Münsing zu Kerzenhaltern, Leuchten und Dosen umgestaltet, sind signalrot.

1700 davon hat die 28-jährige alleinerziehende Mutter im vergangenen Herbst gekauft. Im November hatte sie auf einem kleinen Designmarkt in Nürnberg ausgestellt und unter anderem ihre Lampen aus alten Backformen gezeigt. Da rief ein auf Firmenauflösungen spezialisierter Unternehmer an und bot ihr 10 000 Feuerlöscher-Kartuschen zum Kauf. "Ich habe mich erst einmal gefragt, wofür ich das überhaupt brauche", sagt Peter. Doch dann habe ihr Vater ihr zugeraten, welche zu nehmen. Sie kaufte schließlich 1700 Stück.

Sie fände es schade, wenn ein Produkt einfach so weggeschmissen würde, sagt Peter. So schenkt sie den Feuerlöschern ein "zweites Leben". Ihre erste Idee: Die Öffnung am oberen Ende, durch die früher das Löschmittel ausströmen sollte, ist gerade groß genug, um eine Kerze hineinzustecken oder Blumen. Die zweite Idee: die Kartuschen in verschiedenen Höhen einfach abzuschneiden. So lassen sie sich als Dose mit Eichenholzdeckel oder als Deckenlampe nutzen. Doch passend zugeschnitten sind die Kartuschen selbst als Schaufel für den Sandkasten problemlos zu verwenden. Derzeit experimentiert Peter auch mit der Farbe, löst das Rot ab, bis nur noch die blanke Aluminiumoberfläche übrig bleibt. Auf Wunsch können die Käufer die Produkte mit individuellen Sprüchen und Grafiken beschriften lassen.

Woher das Augenmerk für Objekte stammt, die andere achtlos entsorgen? Ihre Produkte sollten nachhaltig, weitestgehend ökologisch und möglichst vielseitig verwendbar sein, sagt Peter. Deshalb verwendet sie auch gerne Holz, so wie etwa für die Bierbank und den Tisch aus massivem Eichenholz und Eisengestell in ihrem Wohn- und Essbereich. Von hier aus hat sie viele der Produkte, die sie entwirft, im Blick. Denn über dem Biertisch hängen Lampen aus Kuchenformen. Daneben steht ein modularer Babyhochstuhl aus Holz, der sich schnell zu zwei Stühlen oder einem Nachtkästchen verwandeln lässt.

Und gleich daneben hängt ein feingliedriges Gebilde aus Kraftplex-Plättchen, ungebleichten Weichholzfasern ohne Zusatzstoffe, Kleber und Bindemittel, die sich in immer neuen geometrischen Formen und spinnengewebsartigen Strukturen zu einem Raumteiler kombinieren lassen. Jedes der Module ist 26,5 Zentimeter lang, zwei Zentimeter breit und kann gebogen werden. Und wenn es einmal nicht mehr gebraucht werden soll, zersetzen sich die Module zu Erde. Ein Aspekt, der Peter wichtig ist und auch gut zur Philosophie passt, Materialien und Objekte wiederzuverwerten. Und das treibt sie aktuell sogar noch weiter. Denn wenn sie die Module für ihren Raumteiler produzieren lässt, bleibt noch viel Material als Abfall übrig. Sie arbeite daran, die gitterartige Kraftplex-Struktur für Lampenschirme oder Wäschekörbe zu verwenden, sagt Peter. Dazu will sie diese mit Papier unterlegen.

Seit ihre dreijährige Tochter in den Kindergarten geht, hat Peter mehr Zeit, Produkte zu entwerfen. Dies und den Bau von Prototypen erledigt sie an einer Werkbank im Nebenraum, gleich hinter ihrem Wohn- und Essenbereich. Doch ihren Lebensunterhalt verdient die junge Frau hauptsächlich noch mit Grafik- und Webdesign. Sie gestaltet und entwickelt Websites, Visitenkarten oder Speisekarten. Die Verkaufszahlen für ihre umgestalteten Feuerlöscher-Kartuschen bestärken sie nun allerdings in dieser Art von kreativer Arbeit. Allein auf dem Christkindlmarkt im Dezember in Ambach habe sie 80 Kerzenhalter verkauft, sagt sie.

© SZ vom 29.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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