Schule:Die Inklusion endet um 13 Uhr

Das Rote Kreuz und die Mitarbeiterinnen wünschen sich von der Politik mehr Unterstützung für die Mittagsbetreuung an der Grundschule Münsing

Von Benjamin Engel, Münsing

Nach Schulschluss strömen die Kinder in die Mittagsbetreuung. Sie basteln, malen, machen Brettspiele oder halten sich im Freien auf. Einem Besucher fällt nicht auf, dass neun der 80 Kinder hier in Münsing einen anerkannten Förderbedarf haben. Das heißt, sie haben Lernschwierigkeiten, sie sind sozial oder auch emotional beeinträchtigt. Dass alles so problemlos funktioniert, ist nicht zuletzt dem Engagement der acht Betreuerinnen zu verdanken. Außerdem verstärkt im laufenden Schuljahr eine Theater- und Musikpädagogin das Team. Doch von den politischen Entscheidungsträgern fühlt man sich allein gelassen.

Für die Politik ende die Inklusion um 13 Uhr, sagt Helmut Kulla, stellvertretender Kreisgeschäftsführer im Bayerischen Roten Kreuz (BRK), das Träger der Münsinger Mittagsbetreuung ist. Die Politik habe offensichtlich nicht darüber nachgedacht, dass die Inklusion erhöhte Anforderungen mit sich bringe. Es fehlten geregelte Förderrichtlinien und eine strukturelle Unterstützung, sagt Kulla. Deswegen könne er auch nur sagen, dass im Augenblick alles gut funktioniere. Ob das so noch im nächsten Jahr sein wird, wisse er nicht. Problematisch ist zudem, dass der Freistaat Schulbegleiter, die Inklusionskinder mit größeren Beeinträchtigungen im Unterricht unterstützen, nachmittags nicht mehr finanziert. Laut Kulla wird dies damit begründet, dass die Betreuer keinen pädagogischen Lehrauftrag mehr erfüllten. Die Kinder müssen dann ohne Hilfe auskommen. Dass hinter der Mittagsbetreuung ein pädagogisches Konzept steht, werde nicht berücksichtigt, sagt Kulla.

Die BRK-Betreuer bilden sich regelmäßig hausintern und über das Tölzer Schulamt fort. Trotzdem ist das BRK in der Mittagsbetreuung auch manchmal an die Grenzen der eigenen Belastbarkeit gestoßen. In zwei Fällen konnte es in den vergangenen fünf Jahren Kinder mit Inklusionsbedarf nicht mehr weiter betreuen. Ein Kind habe die Tendenz gehabt, immer wieder wegzulaufen. Das hätten die Betreuer nicht leisten können, sagt Kulla.

Eltern können die Mittagsbetreuung individuell von einem bis zu fünf Tagen in der Woche buchen. Normalerweise gehen die Kinder um 14 Uhr nach Hause. Am Montag und Dienstag können die Kinder je nach Wunsch auch bis 15.30 Uhr betreut werden. Jeweils zwei Betreuerinnen sind in einer der vier Gruppen tätig. Seit diesem Schuljahr unterstützt Ulrike Hasreiter das Betreuerteam. 18 Stunden in der Woche ist die Theater- und Musikpädagogin vor Ort. Sie hilft gruppenübergreifend und kann zusätzliche Angebote mit den Kindern umsetzen. Regelmäßig tausche sie sich mit dem Lehrerkollegium und mit der Sonderpädagogin Brigitte Birnbauer aus, sagt Hasreiter. So könne sie beispielsweise klären, welche Punkte bei der Hausaufgabenbetreuung besonders zu beachten sind. Die zusätzliche Unterstützung von Hasreiter hat allerdings ihren Preis. Um ihre Arbeit zu finanzieren, musste das BRK die Elternbeiträge um einige Euro pro Monat erhöhen.

Schule: Spiel und Spaß - hier Max (li.) und Jack - gehören zur Mittagsbetreuung genauso wie Hilfe und Aufsicht bei den Hausaufgaben.

Spiel und Spaß - hier Max (li.) und Jack - gehören zur Mittagsbetreuung genauso wie Hilfe und Aufsicht bei den Hausaufgaben.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Das Betreuerteam musste sich die Kenntnisse über Inklusion mühsam selbst aneignen. Doch nach fünf Jahren mit Inklusionskindern an der Münsinger Grundschule und in der Mittagsbetreuung kann Marion Angerer, Elternbeiratsvorsitzende und Mitglied im Forum Inklusion, die positiven Seiten gut einschätzen. Alle Kinder profitierten gemeinsam. Die Bereitschaft, einander zu unterstützen, sei gewachsen, sagt Angerer. Die Kinder seien sensibler geworden, stellt Rosina Obermüller fest. Sie hat vor zwölf Jahren als Betreuerin in der Mittagsbetreuung in Münsing angefangen, damals noch in einer Gruppe mit rund zehn Kindern. Seitdem wurde das Angebot stetig ausgebaut.

Derzeit belegt die Mittagsbetreuung vier Gruppenräume, zwei zusätzliche Zimmer werden vor allem für Hausaufgaben genutzt. Die Kinder können zwar in die Turnhalle oder in den Garten gehen, der Platz ist trotzdem begrenzt. Wünschenswert wäre ein weiterer sogenannter Neigungsraum, den Kleingruppen nutzen könnten. Das scheitert aber allein schon an den baulichen Gegebenheiten.

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