Münsing:An blanken Ahorntischen

Früher mussten die Würmseefischer dort ihren Fang für den Königshof abgeben. Heute ist der "Fischmeister" in Ambach ein Wirtshaus für Einheimische und die Hautevolee

Von Benjamin Engel, Münsing

Wer das Gasthaus "Zum Fischmeister" zum ersten Mal besucht, sollte die heißen Sommersonntage meiden. Denn dann könnte der Gast allzu leicht in die Klischeefalle tappen. Weil gar so viele Porsches vor der Türe parken und die Bedienung ob des Ansturms schnell ein bisschen überfordert ist.

Doch außerhalb der Saison oder an manchen Tagen unter der Woche könnte es am Starnberger See wohl kaum einen schöneren Ort geben, um Essen und Trinken zu genießen. Im Garten sitzen die Gäste auf weißen Holzstühlen und Bänken unter knorrigen, hohen Bäumen. Sie blicken direkt aufs Wasser und den Dampfersteg, an dem die Schiffe in Ambach anlegen. Und in den holzgetäfelten Stuben mit den derben, blanken Ahorntischen ist viel von der altbayerischen Wirtshausatmosphäre zu spüren, die den "Fischmeister" auszeichnet.

Das Gasthaus ist schon seit dem 18. Jahrhundert im Besitz der Familie Bierbichler. Der jetzige Eigentümer ist der bekannte Schauspieler und Buchautor Sepp Bierbichler. Regelmäßig ist er auch persönlich im Gasthaus anzutreffen, das viele nur den "Bierbichler" nennen. Eine Bezeichnung, die ein echter Einheimischer nie gebrauchen würde. Denn der bleibt beim Hofnamen "Zum Fischmeister".

Was das Erfolgsrezept ausmacht, sind für Mitgesellschafter Thomas Hausmann weder die Lage direkt am östlichen Seeufer noch die prominenten Gäste. Und das Gerede von den Münchner Schickimickis und der "Porsche-Parade" vor dem Gasthaus kann der 50-Jährige kaum hören. Die Gäste seien ganz normale Leute, welche die konstant hohe Qualität der Speisen und das klare, unverschandelte Ambiente ohne Schnickschnack zu schätzen wüssten.

Auf der Speisekarte stehen klassisch bayerische und mediterran angehauchte Gerichte. Das Gasthaus ist unter Stammgästen für seinen Schweinebraten und die frischen, kreativ zubereiteten Fische aus dem Starnberger See bekannt. So serviert das Küchenteam eine Waller-Pfifferlingssülze mit Meerrettichsauce oder geröstete Renkenlebern auf Melonen-Rucolasalat, gebratene Eglifilets auf Steinpilz-Pfifferlingsrisotto oder eine Caponata.

"Wir kochen das, was auch uns schmeckt", sagt Hausmann. Worauf es ihm und seinen vier Mitgesellschaftern, von denen jeder auch mal den Kochlöffel schwingt, ankommt, ist die Qualität der Produkte. Sie beziehen ihr Fleisch beispielsweise aus der Bio-Metzgerei Packlhof in Eurasburg. Im Sommer können sie ihren Bedarf an Obst und Gemüse aus der Demeter-Gärtnerei im nahen Weidenkam decken. Direkt in Ambach bekommen sie ihren Fisch. Frischer geht es nicht. Ihre Weine beziehen sie direkt von Winzern aus Norditalien, Österreich und Deutschland.

Die Geschichte des "Fischmeister" ist lang. Der Name stammt von den bayerischen Hofbeamten, die an selber Stelle bereits seit dem 14. Jahrhundert residierten. Dem Ambacher Fischmeister unterstanden alle Fischer am oberen Teil des Würmsees, wie der Starnberger See bis 1962 offiziell hieß. Er kaufte den Fischern ihren Fang ab, um ihn an den Hof zu liefern.

Ende des 18. Jahrhunderts übergab der letzte Fischmeister den Hof an seinen Knecht Johann Castolus Bierbichler. Dieser beantragte eine Schankerlaubnis. Seitdem besteht die Gastwirtschaft. Schon damals soll etwa der bayerische König Ludwig II. auf dem Weg in die Berge hier gerastet haben.

Bayerisch bis mediterran

Gasthaus "Zum Fischmeister", Seeuferstraße 31, 82541 Ambach/Münsing. Das Wirtshaus hat am Montag und Dienstag Ruhetag. Mittwoch und Donnerstag ist von 16 Uhr an offen. Von Freitag bis Sonntag und an Feiertagen öffnet das Gasthaus bereits um 12 Uhr. Die Küche vereint klassisch bayerische Gerichte und mediterrane Speisen. Der Schweinebraten mit Knödel und Krautsalat kostet 14,80 Euro. Ein Wiener Saftgulasch mit Kartoffeln und Salat steht für 16,80 Euro auf der Karte. Der gekochte Tafelspitz mit Meerrettich, Rahmspinat und Kartoffeln kostet 17,80 Euro. Auf der Karte stehen Salsicce mit Balsamicolinsen für 10,80 Euro genauso wie eine Caponata (sizilianisches Auberginengemüse mit Kapern und Pinienkernen) für 11,80 Euro. Je nach Fangglück der Fischer gibt es etwa eine Mousse von der geräucherten Brachse aus dem Starnberger See mit Kapern für 8,80 Euro oder ein pochiertes Wallerfilet in Pfifferling-Lauchsud mit Meerrettich und Kartoffeln für 18,80 Euro. Gebratene Renkenfilets mit Petersilienkartoffel und Salat gibt es für 17,80 Euro. Doch auch Wildgerichte stehen auf der Karte. Die gebratenen Rehmedaillons mit Pfifferlingsrahm, Gemüse, Spätzle und Preiselbeeren kosten 25,80 Euro. Zur Brotzeit gibt es Graubündner Bergkäse mit Quittengelee und Walnüssen für 6,80 Euro oder überbackene Ziegenkäsecroutons mit Orangenblütenhonig und einem Glas Fragolino ebenfalls für 6,80 Euro. Der bayerische Wurstsalat und der Presssack mit Zwiebeln und Kernöl kosten jeweils 6,80 Euro.

Derzeit steht etwa ein 0,1-Liter-Glas Chiaretto del Garda als Sommerwein für 4 Euro auf der Karte. Zur Nachspeise gibt es hausgemachte Kuchen und Torten. Telefon 08177/533, Mail: zum.fischmeister@gmx.de; weil die Parkmöglichkeiten begrenzt sind, bietet es sich an, beispielsweise bei der Kugelmühle zu parken. bene

Als die Familie noch eine Pension betrieb, zog es viele Sommerfrischler und Künstler in das Gasthaus mit dem zugehörigen Badeplatz. Bis in die 1970er-Jahre führte der Vater von Josef Bierbichler die Gastwirtschaft. Zu dieser Zeit wohnte auch der damalige Skandalfilmemacher Herbert Achternbusch über dem Gasthaus. Er war mit Annamirl, der Schwester von Josef Bierbichler, liiert. Beide spielten auch in den Filmen von Achternbusch mit.

Mitte der 80er-Jahre übernahm ein "Kollektiv" aus München das Gasthaus. Die Mitarbeiter stammten aus dem italienischen Café "Ruffini", das ebenso kollektiv betrieben wurde. Einen Chef gab es beim "Fischmeister" also nicht. Alle Belange handelten die Mitarbeiter gleichberechtigt aus. So halten es im Prinzip auch die jetzigen fünf Gesellschafter, neben Hausmann noch Florian Orecher, Cordula Smolka, Angela Wimmer und Klaus Edelmann.

Hausmann selbst jobbte bereits während der Studiums in der Gastronomie und war seit frühester Jugend mit Orecher befreundet. Das Angebot solle im "Fischmeister" so bleiben wie es sei, sagt Hausmann. So wird im Biergarten auch weiterhin bedient. Nur die Getränke holen sich die Gäste draußen selbst vom Stand. Am Service lasse sich aber immer etwas verbessern, sagt Hausmann, und auch an den Öffnungszeiten, die dieses Jahr ausgeweitet wurden. So hat das Gasthaus bereits Freitagmittag geöffnet. Ebenso in den Oster- und Pfingstferien am Mittwoch und Donnerstag bereits zu Mittag statt erst um 16 Uhr. Ob das in den Sommerferien klappt, weiß Hausmann noch nicht.

Doch auch ohne verlängerte Öffnungszeiten fühlen sich die vielen Gäste wohl, zu denen Prominente und Literaten wie Tilmann Spengler oder Johano Strasser zählen. Doch auch die Einheimischen feiern im Fischmeister gerne Kommunion oder Taufe.

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