Mitten in Wolfratshausen:Es war einmal ein Floß

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Braun im Grün: Nur noch ein Fleck erinnert an das Floß am Autobahnzubringer in Wolfratshausen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Ja, wo isses denn, das Aushängeschild?

Von Konstantin Kaip

Dass Wolfratshausen eine Flößerstadt ist, hat es vor etwa sechs Wochen eindrucksvoll gezeigt: beim Deutschen Flößertag, der 126 Gäste aus dem ganzen Land mit großem Programm inklusive Johanniprozession begeistert hat. Wer hier wohnt oder arbeitet, weiß das natürlich schon länger, schließlich steht es auf jedem Brief der Stadt und auch auf einem Schild an der Autobahn. Ein untrügliches Zeichen dieses Prädikats war das Floß, das am Ortsausgang auf dem Rasen der Autobahnzufahrt lag. Nachdem die meisten Autofahrer zunächst keine Notiz davon genommen oder das Originalfloß mit einem Holzhaufen verwechselt hatten, wurde es zum Flößertag hin mit einem Banner und blauen Wellensymbolen im Rasen aufgehübscht. Nun aber ist das heimliche Wahrzeichen verschwunden. Ist Wolfratshausen etwa unbemerkt degradiert worden und hat die so stolz gehütete Auszeichnung, eine Flößerstadt zu sein, aberkannt bekommen?

Die Bürger können beruhigt sein. Alles lief genau nach Plan. Denn die Pachtzeit für die Wiese läuft zum 30. Juni aus. Das Floß war schließlich eine temporär geduldete Sondernutzung, die das Staatliche Bauamt Weilheim nur absolut ausnahmsweise gestattet hat, weil Bürgermeister Klaus Heilinglechner sein ganzes Verhandlungsgeschick eingebracht hatte, und weil schließlich Deutscher Flößertag war. Dass es an der Stelle keinen Unfall wegen abgelenkter Autofahrer oder achtlos über die Auffahrt auf das Floß zu rennender Kinder gab, ist in den Augen der Behörde ohnehin ein Wunder.

Nun ist der 30. Juni zwar erst am kommenden Freitag. Das Floß könnte also noch zwei Tage stehen bleiben. Der Bauhof hat es aber schon vor Himmelfahrt weggeschafft. Der Abtransport von der Wiese funktioniere nur bei absolut trockenem Wetter, sagt Bauhof-Leiter Matthias Schmidberger. Und es sei Regen angesagt gewesen. Deshalb habe man das schnell erledigen müssen. Und das Floß? Wird es nun an anderer, prominenter Stelle wieder aufgebaut? Vielleicht auf dem Dach der Loisachhalle oder auf dem Marienplatz? "Das Holz ging ans Sägewerk", sagt Schmidberger. Und das ist der ultimative Beweis, dass Wolfratshausen seinen Titel völlig zu Recht trägt. Die Flößer halten es mit ihren ausgedienten Stämmen schließlich ganz genauso.

© SZ vom 28.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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