Mitten in Wolfratshausen:Ehrenplatz für eine Statue

Lesezeit: 1 min

Wer mit Geschenken respektvoll umgeht, erhält die Freundschaft

Kolumne Von Konstantin Kaip

Dekorative Geschenke sind so eine Sache. Schließlich bekommt man mit ihnen die Verpflichtung überreicht, sie prominent zu platzieren. Nicht auszudenken sind die diplomatischen Verstrickungen, wenn der Nachbar die teure Vase aus Meranoglas, die er als Präsent überreicht hat, auf dem Fensterbrett der Gästetoilette findet. Städten geht es da genauso wie jedem gewöhnlichen Haushalt. Das sieht man an Wolfratshausen, dem im März eine kolossale moderne Flößerstatue des Metallbildhauers Roman Reitzer überlassen wurde. Um den großzügigen Spender Alexander Lippert nicht zu vergällen, hat sich der Kulturausschuss mit der sorgfältigen Auswahl des geeigneten Standorts befasst.

Lippert selbst hatte unter anderem den Mühlpointweg in Weidach angeregt, gegenüber der Feuerwehr. Im Gremium standen nun jedoch drei weitere Standorte zur Debatte: auf dem Hatzplatz, an der B 11 nach der Weidachmühle Richtung Innenstadt und bei den Serpentinen nördlich des Bushäuschens. Bevor die Debatte richtig losgehen konnte, fügte Roswitha Beyer noch eine fünfte Option hinzu: auf einer Grünfläche in Nantwein, die ein großer Immobilienmakler der Stadt laut ihren Worten gerne zur Verfügung stellen würde. Der fiel jedoch nach einigen Minuten wieder weg, weil Renate Tilke (CSU) anmerkte, dass die Skulptur dort nur auf den riesigen Werbeschriftzug aufmerksam machen würde. In der Debatte zeigte sich dann die ganze Vielfalt des Wolfratshauser Stadtrates: Der Dritte Bürgermeister Helmuth Holzheu (CSU) favorisierte den Mühlpointweg, sein Fraktionskollege Peter Plößl die Serpentinen, die SPD den Hatzplatz und die BVW die B 11 nach der Weidachmühle.

Das Dilemma schien unauflöslich - bis sich Alfred Fraas (CSU) zu Wort meldete, der Fachmann für innovative hemdsärmelige Problemlösungen im Gremium. Die Stadt müsse für das drei Meter hohe und 800 Kilo schwere Bronzekunstwerk ohnehin einen Betonsockel anfertigen, sagte er. "Dann können wir die Flößerstatue auch mobil gestalten". Dazu brauche es nur einen Kran, der den Sockel anhebe, und die Statue woanders hinbringe. Was für ein Potenzial für das Stadtmarketing! Denkbar wäre etwa eine interaktive Aktion in den sozialen Netzwerken unter dem Motto "finde die Flößerstatue" oder eine öffentlichkeitswirksame "Skulptour" durchs Oberland. Leider aber konnte Stadtmanager Stefan Werner das alles nicht mehr eruieren. Holzheu ließ nämlich ganz profan abstimmen und die Mehrheit entscheiden: für den Mühlpointweg in Weidach. Dieser Ehrenplatz für die vierte Flößerstatue der Stadt ist immerhin ganz im Sinne des Spenders.

© SZ vom 16.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: