Mitten in Münsing:Fundstücke der Saison

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Wenn man derzeit mit Hund am See spazieren geht, stößt man auf die Relikte eines Badesommers: Buntstifte, Badehosen, Müll - und jede Menge Schuhe

Von Felicitas Amler

Es könnte so romantisch sein: Morgens um sieben, es wird gerade erst hell, ein paar Sterne blinzeln noch am Himmel, rundum kein Mensch zu sehen, kein Zivilisationsgeräusch zu hören, nur die Pfotentritte des Hundes im Kiesweg, und da - im seichten und sanft schimmernden Wasser am Ostufer des Starnberger Sees dümpelt eine Flasche. Eine angeschwemmte Flaschenpost im Binnenland? Geheimnisvoll. Mal sehen. Aber nein, es ist keine Botschaft enthalten, kein Hilferuf und kein Liebesbekenntnis. Offenbar hat nur ein Biertrinker den Weg bis zum Abfalleimer gescheut.

Schon bemerkenswert, was sich so alles an Müll ansammelt an einem der wunderbarsten Plätze, die dieser an Wunderbarem nicht gerade arme Landkreis zu bieten hat. Hier ein Buntstift, mit dem womöglich ein Kind im Sommer auf der Liegewiese sein Malbuch ausgefüllt hat. Dort die Überreste eines Grillabends: Aluschalen, Feuerzeuge, Plastikbehälter. Auf einer der Bänke steht seit Wochen ein Paar dunkler Herren-Leinenschuhe akkurat aufgestellt - vermutlich wollte der Finder sie dem, der sie vergessen hat, deutlich unter die Augen bringen. Der Mann aber sitzt vielleicht längst wieder in Buxtehude oder Wanne-Eickel und wird seine Treter erst nächstes Jahr vermissen, wenn er die Koffer für Ambach packt. Überhaupt: Schuhe, bevorzugt einzeln. Mal steckt ein blau-weißer Kinderschuh über einem Geländer; mal liegt ein dunkler Frauenschuh unter einem Strauch. Manch anderes würde man gar nicht entdecken, wenn der Hund es nicht im dichten Herbstlaub aufstöberte: Eine rosafarbene Socke, eine Badehose (nicht mehr tragbar), und jede Menge Wohlstandsmüll, Plastikteller, Tüten, Servietten - Relikte einer Badesaison.

Warum die Gäste ihren Krempel nicht in den bereitstehenden Mülltonnen entsorgt haben? Vielleicht haben sie einfach die Schilder nicht verstanden, auf denen in Versalien und in schenkelklopfender Witzigkeit steht: JAZEFIXNOMOIDAKONNDONEDAJEDASEINDRECKUMANANDFLACKALASSN. Das liest sich schon schwer, wenn man des Bairischen mächtig ist. Wenn man aber aus Buxtehude oder Wanne-Eickel kommt - da zieht's einem die Schuhe aus.

© SZ vom 20.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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