Mitten in Geretsried:Sprachlos mit vielen Buchstaben

In manchen Ausschuss-Sitzungen wird wenig dikutiert, dafür sind die Vorlagen umso unterhaltsamer

Kolumne von Felicitas Amler

Demokratie ist - manchmal - ganz schön bürokratisch. Und Bürokratie ist - meistens - ziemlich langweilig. Sie treibt aber - gelegentlich - schöne Blüten. Und ist dann - oft - witzig. Im Entwicklungsausschuss des Geretsrieder Stadtrats etwa standen diese Woche zwei Bebauungspläne zur Diskussion. Diskutiert wurde zwar reineweg gar nicht - in der Demokratie darf man ja durchaus auch mal schweigen. Aber die von der Verwaltung sorgsam zusammengestellten und ausgearbeiteten Sitzungsvorlagen bargen doch die eine oder andere Perle der Unterhaltung. Bürgermeister Michael Müller griff sich den Ausdruck "organoleptische Auffälligkeiten" aus den Blättern und wusste das Gremium damit zu amüsieren, dass er zum unverständlichen Begriff eine nicht minder unverständliche Erklärung aus seinem Smartphone fischte.

Und mochten auch die Stadträte in dieser Sitzung wenig Worte machen, so machten die Worte in den Texten der Vorlagen teils umso mehr Buchstaben. Rüstungsaltlastenverdachtsfläche gehörte mit 32 Lettern noch zu den eher sparsamen Begriffen, die immerhin mit einer Zeile einer durchschnittlichen Zeitungsspalte auskommen. Da passt die Niederschlagswasserfreistellungsverodnung schon nicht mehr rein. Einundvierzig Buchstaben! Ganz nah am Rekord "längstes deutsches Wort". Den hielt lange Zeit die Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeitsübertragungsverordnung mit 67 Buchstaben. Aber ach: Sie wurde abgeschafft! Genauso wie das Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz. Schade drum. Niederschlagswasser aber wird es hoffentlich noch lange geben, mithin auch die Notwendigkeit, seine Freistellung zu verordnen. Klingt eigentlich ziemlich sinnlos. Sagt sich aber ausgesprochen schön.

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