Mitten in Bad TölZ:Politisches Übergewicht

In der Kurstadt muss im neuen Rathaus der Boden verstärkt werden - sonst hätte ein neues Wahlsystem eingeführt werden müssen

Von Claudia Koestler

Beim Kuchenbacken kommen selten Zweifel auf. 150 Gramm Zucker? Ob das Messinstrument auch wirklich das richtige Gewicht anzeigt, wird nicht in Frage gestellt. Ein entsetztes "kann nicht sein" angesichts der Wahrheit auf der Anzeige entweicht immer nur dann, wenn man selbst auf der Waage steht.

In der Politik ist die Sachlage jedoch eine ganz andere: Hier als ein Schwergewicht bezeichnet zu werden ist quasi der Ritterschlag in Sachen Bedeutsamkeit. Und hat - zumindest nach Kohls und Strauß' Ära - nicht zwangsläufig auch etwas mit kalorienreichen Lebenswandeln zu tun. Wer jammert, seit Kohl, Strauß, Genscher, Brandt und Schmidt gäbe es ja nur noch politische Leichtgewichte, für den kommt aus Bad Tölz nun frohe Kunde: Dort nämlich baut man gerade vor, weil die Lokalpolitiker bald schwer ins Gewicht fallen könnten. Bekanntlich wird das Tölzer Rathaus saniert, ein neuer Sitzungssaal wird im obersten Stockwerk über den Dächern der Stadt gebaut. Ein Stockwerk tiefer aber mussten deshalb extra besondere metallene Verstrebungen an die Decke montiert werden: Zur Verstärkung, damit die Räte nicht eines Tages durch die Decke fallen. "Die andere Alternative wäre gewesen", bemerkte Bauamtsleiter Christian Fürstberger jüngt im Scherz, "dass die Tölzer künftig nicht mehr nach Partei oder Wahlprogramm, sondern nach zulässigem Gesamtgewicht des Stadtrats hätten wählen müssen."

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