Mitten in Bad Tölz:Entschlusskraft an der Eistheke

Lieber fünf Knirpse vor einem als ein unentschlossener Erwachsener

Von GERHARD WILHELM

Kennen Sie diese TV-Werbung, in der ein kleiner Bub an einem Stand am Strand sein Eis bezahlen will, seinen Geldbeutel nicht aufbekommt und ihm dann der Basketballriese Dirk Nowitzki hilft? Alles nur gestellt, werden Sie sagen. Nein, den kleinen Jungen gibt es tatsächlich. Er ist jüngst in der Tölzer Innenstadt gewesen und hat sich dort ein Eis gekauft. Ob es tatsächlich derselbe war, muss offen bleiben, der Verdacht aber liegt nahe.

Der Knirps, geschätzt fünf Jahre alt, steht jedenfalls brav in der Reihe, nur noch ein Erwachsener ist vor ihm. Als der Eisverkäufer gerade den fragen will, was er haben möchte, bricht es aus dem Kleinen heraus: "Was muss ich denn für ein Eis zahlen?". Dabei reibt er zwei Eurostücke aufgeregt in seinen Händen. Erwachsener und Eisverkäufer schauen sich verdutzt an, angesichts der Stimme aus dem "Off". Dem Knirps fehlt nämlich rund eine Kopfhöhe bis zum Rand der Eistheke.

Angesichts des wohl drängenden Verlangens sagt der Eisverkäufer: "Eine Kugel kostet einen Euro." "Dann bekomme ich eines mit Kaugummi!", kommt die bestimmte Antwort. Kaugummi steht zwar nirgendwo als Sorte, aber Bubble Gum, giftgrün. Also streicht der Verkäufer eine ordentliche Ladung "Kaugummi" in die Waffel. Dann ist aber wie bei der Nowitzki-Werbung Hilfe angesagt. Der Euro wandert über den Erwachsenen - nicht verwandt oder verschwägert mit dem Knirps - zum Verkäufer, das Eis kommt dafür in die Hand des Kleinen, der angesichts der Leistung, sich ganz alleine ein Eis kaufen zu können, strahlend von dannen zieht.

Leider hat sich seine Entschlusskraft nicht auf den Erwachsenen übertragen - wohl auch, weil es heutzutage nun wirklich, wirklich viele Sorten Eis gibt: Banane, Vanille, Stracciatella oder Schoko? Eissorten aus grauer Vergangenheit. Minzgrün leuchtet After Eight. Auch Zuppa di Inglese, Melone, Gelato di Nutella, Schlumpfeis und ähnliche Spezialitäten sind angesagt. Und dann noch die Entscheidung, ob Waffel oder Becher. Kurz gesagt: lieber fünf Knirpse vor einem als ein unentschlossener Erwachsener.

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