Mitgliederversammlung:Das Dasein zählt

Mitgliederversammlung: Ohne Spenden gehe nichts, sagt Vorsitzende Barbara Mehlich.

Ohne Spenden gehe nichts, sagt Vorsitzende Barbara Mehlich.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Die ehrenamtlichen Begleiter des Christophorus Hospizvereins haben im vergangenen Jahr insgesamt 728 Stunden bei Sterbenden verbracht. Die Krankenkassen honorieren diesen Einsatz nur bedingt

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Viel zu tun und viel zu erleben hatte der Christophorus Hospizverein Bad Tölz-Wolfratshausen im vergangenen Jahr: Neun neue Hospizbegleiter wurden ausgebildet, sodass nunmehr 44 Ehrenamtliche zur Verfügung stehen. Die fuhren fast 900 Mal zu schwer kranken oder sterbenden Menschen, um eine Weile für sie da zu sein. Diese Zahlen hat die Vorsitzende Barbara Mehlich auf der Mitgliederversammlung des Vereins bekanntgegeben.

Ärger und Unverständnis löste unter den Mitgliedern das undurchsichtige Bezahlsystem der Krankenkassen aus: So würden Einsätze in Krankenhäusern überhaupt nicht bezahlt, auch erstatteten die Kassen lediglich eine Begleitung, ganz egal, wie oft ein sterbender Mensch besucht werde, sagte Mehlich. "Das geht an meinen gesunden Menschenverstand", kommentierte eine Anwesende. Mehlich räumte ein, dass es den Hospizbegleitern an einer Lobby fehle, versicherte aber, dass sich der Verein darauf verlassen könne, dass die Refinanzierung immer funktioniere - wenn auch nur mit Spenden.

Koordiniert werden die Hospizbegleiter von Elke Holzer und Karin Stadler, die das Amt neu übernommen haben. 44 Menschen wurden vergangenes Jahr über kurze oder längere Zeit begleitet, davon waren 41 gesetzlich und drei privat versichert. Einige Ehrenamtliche nahmen sich auch Patienten auf der Palliativstation an, in drei Monaten kamen 25 Einsätze bei elf Kranken zusammen. Die Hospizbegleiter rückten 869 Mal aus, verbrachten 728 Stunden bei Sterbenden und fuhren dafür 6313 Kilometer, wobei die Fahrtkosten, wie Mehlich hinzufügte, nicht von der Krankenkasse erstattet werden. In 70 Prozent der Fälle kamen die Begleiter zu den Menschen nach Hause, 30 Prozent der Begegnungen fanden in Seniorenheimen statt. Stets taten die Begleiter dabei das, was Mehlich zufolge der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist: Sie waren einfach da. "Das Dasein ist genau das, was gebraucht wird." Der Vorstand leistete 67 250 Stunden ehrenamtlicher Arbeit - dafür gab es einen Sonderapplaus von den anwesenden Vereinsmitgliedern.

Anfragen kamen in zwei Drittel der Fälle von Frauen und dabei vor allem aus dem Nordlandkreis: Aus Wolfratshausen gingen 46 Anfragen ein, aus Geretsried 40 und aus den umliegenden Gemeinden einschließlich Königsdorf und Dietramszell 33. Im südlichen Landkreis sind die Zahlen deutlich niedriger: 25 Anfragen kamen aus Bad Tölz, 13 aus Lenggries und ebenso viele aus den umliegenden Kommunen. Seit Anfang Mai hat der Hospizverein außerdem ein speziell ausgebildetes Palliativteam, das unter dem Namen Opal (Oberland Hospiz- und Palliativversorgung) auch medizinisch anspruchsvolle Patienten betreuen kann. Träger der in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach aktiven Teams sind die Kreiskliniken in Wolfratshausen und Agatharied sowie der Hospizkreis Miesbach. Das Opal-Team ist mitunter auch der Grund, weshalb sich die Ausgaben nach Rechnung der Schatzmeisterin Mechthild Felsch von 2013 bis 2014 auf 28 000 Euro verdoppelt hatten: Die Ausbildung der Ehrenamtlichen war teuer, ebenfalls die Zusatzausbildung für die beiden neuen Koordinatoren. Erfreulich: Die Spendensumme ist um 18 000 Euro gestiegen, 2014 nahmen die Hospizbegleiter auf diese Weise 38 000 Euro ein.

Wer sich so engagiert, braucht auch mal Zeit, um sich zu entspannen. Mechthild Felsch durfte im Juli vergangenen Jahres am Ehrenamtskongress in Nürnberg teilnehmen: Sie hatte sich als eine von 1000 Trägern der Ehrenamtskarte im Landkreis beworben und war ausgewählt worden. Im alten Nürnberger Rathaus hörte sie zwei Tage lang Vorträge, schloss neue Kontakte und wurde dabei "verwöhnt nach Strich und Faden", wie Felsch verriet. Im selben Monat unternahmen die Hospizbegleiter einen Ausflug nach Benediktbeuern. Auch sonst kamen die Ehrenamtlichen immer wieder zusammen: alle sechs Wochen zur Supervision, zum Abschlusstreffen des Hospizbegleiterkurses und zu einem Stand auf der Seniorenmesse. Dort machten sie allerdings die Erfahrung, dass die meisten Besucher gar nichts von ihnen wissen wollten, weil sie sich noch fit genug fühlten. Gängige Antwort: "Daran denke ich, wenn es so weit ist."

Im Herbst beginnen neue Kurse für Hospizbegleiter. Nach Ehrenamtlichen suche man immer, sagte Mehlich: Interessierte können sich bei dem Verein unter Telefon 08171/99 91 55 oder im Internet auf www.christophorus-hospizverein.de informieren.

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