Mitarbeiter von Möbel Mahler:Einige haben geweint

Drei Wochen nach Verkündung der Schließung sitzt der Schock noch tief. Der Juniorchef sagt, auch er schlafe schlecht.

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

"Alles muss raus!", schreien die Preisschilder. "Großer Räumungsverkauf." Spätestens Ende Januar ist Schluss mit Möbel Mahler in Wolfratshausen, wenn die Ware bis dahin reicht. Vor drei Wochen wurde das Ende verkündet, vor eineinhalb Wochen begann bereits der Abverkauf. 260 Menschen arbeiten in dem Möbelhaus. Der Schock sitzt immer noch tief.

Etliche Kollegen sind krankgeschrieben

"Dass direkt Schluss ist, haben wir alle nicht gedacht", sagt Azubi Vladislav Gerdt. Monate zuvor habe die Gerüchteküche zwar schon gebrodelt, "aber wir wurden ja dann beruhigt von der Geschäftsleitung." Es gäbe viele Kollegen, die nicht mehr lange zur Rente gehabt hätten, "für die ist es extrem schwer." Viele seien derzeit krankgeschrieben, "weil die Belastung zu viel auf einmal war." Bislang haben die Beschäftigten nicht offen über ihre Lage sprechen wollen, das hat sich jetzt geändert.

Silvia Meyer wischt im Restaurant die Tische sauber. Ihr gehe es gar nicht gut, erklärt die junge Frau. Seit 14 Jahren sei sie am Standort Wolfratshausen beschäftigt. "Das fühlt sich an, als ob man die Firma mit aufgebaut hat, es war ein Familienbetrieb, und wir fühlten uns alle wie Familie." Als die Nachricht verkündet wurde, hätten einige Kollegen angefangen zu weinen. Sie selbst konnte eine Woche lang nicht schlafen - die Sorgen, wie es weitergeht, sind bis heute unverändert. "Ich habe keine Ahnung, was ich machen soll", sagt Meyer. Eine Kündigung habe sie noch nicht erhalten. Und Azubi Gerdt ergänzt: "Es lag nicht an uns, aber wir müssen bluten. Die Fehler, die Mahler macht, wirken sich halt auf mehrere Hundert Mitarbeiter aus."

Das gibt Juniorchef Michael Mahler auch zu - sogar vor laufender Kamera, denn das Bayerische Fernsehen sendet am Dienstagabend aus dem Möbelhaus. Man habe "strategische Fehler gemacht", sei "zu schnell gewachsen" und habe zu viel Geld in andere, neue Projekte investiert und damit am Standort Wolfratshausen einen "Investitionsstau in nicht unerheblicher Höhe" verursacht, sagt Mahler. "Siebenstellig, vielleicht im zweistelligen Millionenbereich."

Mahler will eine soziale Lösung finden

Diese Gelder stünden nicht mehr zur Verfügung, und "wir möchten nicht fremd finanzieren", sagt Mahler. Deshalb sei die Entscheidung gefallen, "auch vor dem anstehenden Generationenwechsel bei uns im Hause". Stattdessen wolle er sich auf den neuen und modernen Standort in Neu-Ulm konzentrieren.

"Die Mitarbeiter hatten wir immer an erster Stelle mit dabei", sagt der Juniorchef. Aber die Verhandlungspartner, und das seien nicht nur XXXLutz gewesen, hätten kein Interesse gezeigt, die Betriebsgesellschaft mit zu übernehmen, sondern nur die Immobilie. "Obwohl wir hier an dem Standort tolle Mitarbeiter haben", sagt Mahler. Und verspricht: "Deswegen werden wir auch alles tun, um für diesen Standort eine sozialverträgliche Lösung zu finden, damit wir uns bei den Mitarbeitern bedanken können."

Die Kollegen stehen dennoch vor dem Nichts. Der neue Immobilieneigentümer XXXLutz will angeblich erst einmal Markt und Zustand des Hauses prüfen. Das hat der oberösterreichische Konzern wiederholt mitgeteilt. Es werde Monate dauern.

Nach 26 Jahren auf die Straße gesetzt

Die Gewerkschaft Verdi glaubt dem Unternehmen nicht. Auch Betriebsrat Thomas Kohlert ist sicher: "Die wissen jetzt schon, was sie damit machen: ein Möbelhaus." Aber Lutz wolle ein Haus ohne Personal und ohne Betriebsrat übernehmen, junge Leute raussuchen, die wenig Geld kosten, den Lohn drücken. "Ich war hier 26 Jahre und werde jetzt einfach auf die Straße gesetzt", entsetzt er sich. "In Ulm wurde ein großes Haus geplant, das läuft nicht so, wie es sollte, und wir baden es aus."

Als die Kameras aus sind, erklärt Mahler, die Parteien würden sich Ende der nächsten Woche erneut treffen: "Wir haben bislang bereits viel getan, die Gespräche sind konstruktiv." Deshalb gehe er davon aus, "dass wir zügig zu einer Einigung kommen werden und es eine Einigung sein wird, dass alle so gut es geht mit der Situation leben können." Eines habe er aber mit Kantinenfrau Meyer gemeinsam: "Schlafen kann ich seit Wochen nicht mehr."

Betriebsrat Kohlert sagt: "Das hätte nicht sein müssen." Wichtig sei, wie sich Mahler weiter verhalte und den Worten Taten folgen lässt: "Ob die Verhandlungen zugunsten Lutz ausgehen oder zugunsten der Familie."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: