Mein Europa:Stolz auf beide Länder

Französin und Wolfratshauserin: Marie-Marthe Brunnhuber

Von Barbara Szymanski

28 Mitgliedsstaaten hat die Europäische Union, als vorerst letztes Land kam 2013 Kroatien dazu. Vom 22. bis 25. Mai dürfen gut 507 Millionen Menschen die 751 Abgeordneten des Europa-Parlaments neu wählen. Die Grenzen sind offen, wer will, kann sich in einem anderen Land der EU Wohnung und Arbeit suchen. Menschen aus den meisten Mitgliedsstaaten leben auch im Landkreis. Die SZ stellt einige von ihnen vor.

Wenn Marie-Marthe Brunnhuber nach ihrer ehemaligen Heimatstadt Nursault im französischen Burgund gefragt wird, dann sagt sie spontan: "Bei uns gibt es die besten Weißweine der Welt." Doch für den besonderen Chardonnay, der nur in wenigen Dörfern im Burgund angebaut wird, benötige man "einen schweren" Geldbeutel. Gut 20 Euro kostet eine Flasche. Zumindest eine davon ist bei ihr aber immer im Haus. Doch das war's dann auch mit Hymnen auf französische Ess- und Trinkgewohnheiten.

Das bayerische Bier schmeckt der 61-Jährigen, die seit 40 Jahren in Wolfratshausen lebt und arbeitet, ebenso wie die deutsche und bayerische Küche - bis auf die allzu rustikalen Brotzeiten. In Frankreich allerdings sei es nicht "chic", wenn sich eine Frau Bier bestellt. Für Marie-Marthe Brunnhuber sind Deutschland und Frankreich nicht weit voneinander entfernt. "Wir haben die gleiche Kultur. Wir sind doch Europäer."

Heimweh kennt sie nicht, und die deutsche Sprache hat ihr immer gefallen. Ihre Kenntnisse wollte sie vor über 40 Jahren als Au-Pair-Mädchen, nach Gymnasium und Studium, in Icking auffrischen und vertiefen. In Wolfratshausen lernte sie bei einem Schüleraustausch Albert Brunnhuber kennen. Zwei Jahre später waren sie und der Rechtsanwalt und langjährige Stadtrat verheiratet. Das deutsch-französische Paar baute ein Haus, bekam drei Kinder. Sie alle sind "selbstverständlich" zweisprachig aufgewachsen. Sogar der Hund versteht beide Sprachen.

Er heißt Sarko, eine Abkürzung von Sarkozy, weil das Tier am Tag der Wahl des ehemaligen französischen Präsidenten geboren wurde. Während Brunnhuber keine Mühe hat, ihren angeheirateten Nachnahmen perfekt mit einem deutlichen "H" auszusprechen, stellt sie sich in Burgund mit "Brünnübär" vor und muss dabei lachen. Sie hat zwei Pässe, einen französischen und einen deutschen, "weil ich auf beide Länder stolz bin."

Von Beginn an hat Brunnhuber beim Partnerschaftsverein Barbezieux mitgearbeitet, derzeit als Beisitzerin. Genau so lange ist sie in der Stadtbücherei ehrenamtlich tätig, weil sie Bücher über alles liebt, französische und deutsche gleichermaßen. Freude bereitet ihr auch die soziale Arbeit im Seniorenheim am Moosbauerweg.

Auf Diskussionen über Kommunalpolitik, Europa oder die Krise in der Eurozone lässt sich Marie-Marthe Brunnhuber nicht ein: "Ich habe einen positiv eingestellten Charakter." Nur so viel: Europa sei zu groß geworden. Immer neue Länder anzuschließen, das gehe ihr zu weit. Und die Bürokratie, die koste Zeit, Nerven und viel Geld. Politisch ist sie konservativ. Während sie Kanzlerin Angela Merkel als echte Europäerin und starke Frau sieht, verliert sie über Frankreichs Staatspräsident François Hollande lieber kein Wort. Charles de Gaulle, ja der sei ein großer Präsident gewesen. Was die Europa-Wahl betrifft: Natürlich werde sie daran teilnehmen. "Wählen gehört in Frankreich zur Erziehung."

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