Mehrgenerationenhaus:Vom Baby bis zur Uroma

Mehrgenerationenhaus: Auf der Schlösslwiese an der Tölzer Schützenstraße wird das Mehrgenerationenhaus gebaut.

Auf der Schlösslwiese an der Tölzer Schützenstraße wird das Mehrgenerationenhaus gebaut.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

In Bad Tölz entsteht das erste Wohnprojekt dieser Art im Landkreis. Ende 2017 können die ersten Mieter einziehen.

Von Klaus Schieder

Früher lebten Familien noch zusammen. Der Vater ging arbeiten, die Oma kümmerte sich um die Enkel, die Mutter kaufte für die Großeltern mit ein. Ähnlich soll das Miteinander im neuen Mehrgenerationenhaus auf der Schlösslwiese in Bad Tölz funktionieren. "Mehrere Generationen unter einem Dach, das ist in unserer Gesellschaft verloren gegangen. Wir wollen das wieder aufleben lassen", sagte Jutta Liebl, zweite Vorsitzende des "Fördervereins Mehrgenerationenhaus - Begegnen und Wohnen", am Donnerstagabend bei der Vorstellung des Projekts auf der Baustelle an der Schützenstraße.

Geplant ist eine L-förmige Wohnanlage, wovon ein Flügel für Senioren und Familien, Singles und Alleinerziehende gedacht ist. Von den 16 Wohnungen soll eine als Gemeinschaftsraum dienen. Die Ein- bis Vier-Zimmer-Quartiere sind zwischen 47 und 153 Quadratmeter groß. Bauträger ist die Firma Hörmann Hausbau GmbH, der auch das Grundstück gehört. Wie Stephanie Hörmann mitteilte, soll die Miete zwischen elf und 11,50 Euro pro Quadratmeter kosten. Nicht gerade billig, aber im üblichen Preissegment in Tölz. Allerdings sei geplant, die Nebenkosten sehr niedrig zu halten, sagte Hörmann. Strom und Wärme werden mit einer Photovoltaikanlage und einer Pelletsheizung erzeugt. Die gesamte Energie werde in das Haus eingespeist, "wir verkaufen nichts". Die künftige Mieter müssen noch anteilig für den Gemeinschaftsraum zahlen. Zur Höhe der Baukosten sagte sie lediglich: "Viel."

Wer in das Mehrgenerationenhaus einziehen möchte, muss sich beim Förderverein melden, der ein Vorschlagsrecht hat. Allerdings entscheiden die Mitglieder nicht über die künftigen Mieter, sondern überlassen dies der Hausgemeinschaft. Dazu seien dann jeweils einige Treffen nötig, sagte Liebl. Die soll es auch vor dem Erstbezug geben - "wir müssen schauen, ob die Interessenten zusammenpassen". Außerdem plant der Förderverein, das Haus zum Quartier hin zu öffnen, also ins Kurviertel hinein. Das soll mit Veranstaltungen und anderen Aktivitäten geschehen.

Der Flügel für das Mehrgenerationenwohnen soll bis Ende 2017 fertig sein, der zweite bis Mitte 2018. Diesen Gebäudeschenkel will die Firma Hörmann normal vermieten, zu den selben Quadratmeterpreisen wie im benachbarten Teil. "Wenn wir viel Zuspruch haben, wird auch der zweite Schenkel fürs Mehrgenerationenhaus vermietet", sagte Hörmann. Insgesamt entstehen 60 Wohnungen in der Anlage. Die ist barrierefrei, ein begrünter Innenhof und ein Spielplatz sowie eine Tiefgarage sind geplant.

Das Projekt hat eine lange Vorgeschichte. 2009 fand ein Treffen der Caritas, der Stadt, des Landkreises, des Münchner Büros "Urbanes Wohnen" und möglicher Projektträger zum Thema Mehrgenerationenwohnen in der Franzmühle statt. Die Veranstaltung war öffentlich, etwa 100 Zuhörer kamen damals. Die Caritas-Kontaktstelle "Alt und Selbstständig" verfolgte die Pläne dann weiter, später übernahm dies der Förderverein, der dafür seine Satzung änderte, um die Gemeinnützigkeit zu behalten. Vorsitzender Gerhard Grasberger hätte den Neubau gerne neben der Montessorischule auf der Flinthöhe gesehen. Schule, Kindergarten, Behörden, Supermärkte - für die Bewohner wäre alles in der Nähe gewesen. Aber die Stadt spielte nicht mit. Sie baut auf dem Grundstück, das ihr gehört, derzeit das Asylbewerberhaus. "Ich war ein bisschen enttäuscht", sagte Grasberger. Ein zweites Mehrgenerationenhaus plant der Förderverein in Wackersberg - zusammen mit der Gemeinde.

Für Armin Ebersberger setzt der Neubau einen Kontrapunkt zur demografischen Entwicklung. "Es gibt immer mehr Menschen, die weit weg von ihren Familien leben", sagte der kommunale Sozialplaner. Etabliere sich auf der Schlösslwiese eine gut gelebte Nachbarschaft, so wäre dies "eine große Chance für die Stadtgesellschaft".

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