Martin Kälberer in Bad Heilbrunn:Magische Welt

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Udu, Hang, Waterphone, Vibrandoneon: Mit selten gespielten Instrumenten schickt der Musiker seine Zuhörer im Kursaal auf eine Reise aus Träumen und Assoziationen

Von Petra Schneider, Bad Heilbrunn

Es ist noch nicht lange her, seit Martin Kälberer zusammen mit Werner Schmidbauer und Pippo Pollina beim Grande Finale ihrer "Süden"-Tournee vor Tausenden von Zuhörern in der Arena von Verona aufgetreten ist. Am Freitag spielt er im kleinen Kursaal von Bad Heilbrunn. Rosi Rieker, die seit einigen Jahren die Reihe "Musikalisches Bad Heilbrunn" organisiert, hat ihn eingeladen und freut sich riesig, dass er gekommen ist. Wieder, denn vor vier Jahren war Kälberer schon einmal hier, "und ich kann mich erinnern, dass das ein sehr schöner Abend war", sagt der 48-Jährige. Auch das Konzert am Freitag wird ein sehr schöner Abend. Der Kursaal ist voll, die etwa 110 Zuhörer lassen sich von seiner Musik bezaubern.

Von den sphärischen Klängen des trommelähnlichen Instruments Hang, das Kälberer streichelt und klopft. Von der afrikanischen Udu-Trommel, die einen gleich bleibenden, fast meditativen Grundrhythmus bildet. Und von den verträumten E-Piano-Stücken, bei denen man einfach die Augen schließen muss. Kälberer ist ein Meister der Verschmelzung, der Strukturen und Schichten zu einem Kokon aus Klängen verwebt. Unerlässlich ist dafür ein technisches Hilfsmittel, die Loop Machine: Klangsequenzen werden aufgenommen und fortlaufend abgespielt, bilden ein Grundmuster, in das neue Motiv- und Harmoniefolgen integriert werden.

Kälberers Musik setzt sich nicht aus Noten zusammen. Es sind Farben, Stimmungen, Gedanken, die sich über die Musik einen Weg nach außen bahnen. In seinem letzten Album "Goya" hat Kälberer mit einer Symbiose aus Klängen, Bildern und Projektionen experimentiert. Damit verbunden sei freilich eine gewisse "Festgelegtheit" gewesen, sagt er. Das habe er ändern wollen: "Einfach wieder nur Musik machen und mich treiben lassen." In seinem aktuellen Album "Suono" ist er deshalb ganz zum Klang zurückgekehrt. Es ist ein Doppelalbum geworden - "Vielklang", eine multiinstrumentale Reise durch die Klangdimensionen von Metallinstrumenten. Und "Einklang", reine Pianostücke, die freilich nicht eindimensional klingen.

Dass Kälberer ein virtuoser Pianist ist, beweist er in einem 22 Jahre alten Stück, "Egbert, der Zauberer", das er immer noch locker drauf hat. Komponiert hat er es in der Bar des Bayerischen Hofs in München, seinem damaligen Arbeitsplatz als Pianist. An einem langweiligen Abend, "es war nur der Barkeeper und ich da". Mit ruhiger Stimme erzählt er Geschichten hinter seiner Musik, erklärt, worum es ihm geht. Einige ältere Stücke spielt er am Freitag, zum Beispiel "Klang Farben Muster" aus dem Album "Between the Horizon". Es ist ein exemplarisches Kälberer-Stück, mit seinen wiederkehrenden, rhythmischen Grundelementen, der lautmalerischen Stimme, die über den Klängen schwebt und den jazzigen E-Piano-Improvisationen.

Wie Bilder stellt Kälberer seine Klänge in den Raum: Assoziationen von satten Sommertagen drängen sich auf, von feinem Nieselregen und dicken Tropfen, von schweren Träumen, die vom flirrenden Klang der Hangs aufgelöst werden. Oder Bilder aus einer längst vergangenen Zeit, hervorgerufen durch die archaischen Töne des Waterphones und des Vibrandoneons, etwa im Stück "Lost, but not Forgotten". Es sei entstanden unter dem Eindruck einer Lektüre, die ihn nachdenklich gemacht habe, erzählt Kälberer. "Wie viele Arten uns jeden Tag auf diesem Planeten für immer verlassen". Gedanken, die in Musik verwandelt werden müssen, "anders kann ich damit nicht umgehen". Auch "Rast" ist so ein Stück, das er sich selbst als Therapie geschrieben habe. Musik, die mit der Welt versöhnt und die Seele zum Schwingen bringt. Die Zuschauer lassen sich begeistert mitnehmen - erst nach drei Zugaben wollen sie diese magische Welt verlassen.

© SZ vom 02.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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