Maibaum-Aufstellen:Beim Bairischen hapert's

Meister Fritz Pregler junior schreit "ummi!", doch nicht alle der 40 Helfer verstehen das Kommando. Darum mussten die Tölzer heuer etwas länger auf die 33-Meter-Stange warten.

Von Benjamin Engel, Bad Tölz

In breitem Bairisch des Oberlands brüllt Fritz Pregler junior die Kommandos. "Ummi!", ruft er. Und dann: "Jetzt alle mitanand, hoch!" Die rund 40 Männer stemmen sich gegen die Scherstangen, beißen die Lippen fest zusammen. Die Gesichter verfärben sich rot. Womöglich verhindert nur das kühle Wetter - in Bad Tölz hat es am Vormittag gerade einmal um die 9 Grad Celsius, später regnet es etwas - noch größere Schweißausbrüche.

So wie die Männer der Mühlfeldler Gmoa in der Kurstadt stellen Mitglieder vieler Vereine am Sonntag im Landkreis Maibäume auf. In Bad Tölz packen sie fast ausschließlich von Hand an. Die Männer schieben fünf Scherstangenpaare unter die in den Stamm gehauenen Bolzen und wuchten diesen so Stück für Stück nach oben. Knapp zweieinhalb Stunden brauchen sie, bis der 32,70 Meter hohe Maibaum auf dem Platz zwischen Mühlfeldkirche und Tölzer Bräustüberl endlich aufgerichtet ist. Viele der zu Beginn mehr als hundert Zuschauer sind da längst gegangen, haben wegen der ungemütlichen Witterungsbedingungen nicht durchgehalten.

Maibaummeister Pregler in Tracht und kurzer Lederhose ist zwar ein wenig nass geworden und doch zufrieden. Der Zimmerermeister aus Schaftlach war erstmals für das Aufstellen verantwortlich. Nur mit der Sprachbarriere hadert er ein wenig. Es habe leider nicht jeder sofort verstanden, was "ummi" - bairisch für "hinüber" - bedeute, erklärt er. Deswegen habe das Aufstellen etwas länger gedauert.

Alle paar Jahre erneuern die Vereine im Landkreis ihre Maibäume aus Sicherheitsgründen. Jedes dritte Jahr stellt die Mühlfeldler Gmoa einen neuen auf. Der bleibt allerdings unbemalt - wie im südlichen Landkreis üblich. Nur eine Girlande, ein Kranz und die Zunftzeichen schmücken den nackten Stamm. Die verbreitete weiß-blaue Streifenbemalung fehlt.

Und noch etwas ist anders. Viele Vereine fällen ihren Maibaum bereits Wochen vor dem Aufstellen. Sie müssen den gelagerten Stamm dann gut bewachen, damit Mitglieder benachbarter Vereine diesen nicht stehlen können. Gelingt das, verlangt das Brauchtum, das Diebesgut etwa gegen eine deftige Brotzeit auszulösen. Die Mühlfeldler haben ihren Maibaum dagegen erst in der Früh kurz vor dem Aufstellen im Wald von Jakob Pauli in Greiling gefällt. Er hat die rund 90 Jahre alte Fichte mit 2,8 Kubikmeter gestiftet.

Georg Gmeiner, "Bürgermeister" der Mühlfeldler Gmoa, hier also der Vorsitzende, erzählt: Um 5 Uhr in der Frühe waren einige der Männer schon im Wald. Dort haben sie die Rinde grob entfernt. Mit Traktor und Anhänger transportierten sie die stattliche Fichte bis gegen 7 Uhr nach Bad Tölz. Dort wurde der Stamm schließlich schön glatt gehobelt. So könne der Maibaum gar nicht erst gestohlen werden, erklärt er.

Als der Baum endlich steht, muss Pregler noch einmal zum Handwerkszeug greifen. Mit Beil und Hobel verjüngt er den Stamm etwas. Denn der ist so dick, dass die Eisenklammern der Halterung nicht ganz herumpassen. Jetzt fehlen nur noch die Zunftzeichen. Um die anzubringen, muss ein Steiger noch den Baum hinaufklettern. Die anderen Helfer dürfen sich derweil schon auf einen Schweinsbraten und ein Bier im Tölzer Bräustüberl freuen. Das ist ihr Lohn für die harte Arbeit beim Aufstellen, wie Kassier Jürgen van Wannem erklärt.

Bewohner des Tölzer Stadtteils Mühlfeld haben die Mühlfeldler Gmoa 1951 gegründet. Ziel ist es, die Nachbarschaft und Geselligkeit zu pflegen sowie die Traditionen aufrechtzuerhalten. Seit 1951 stellt die Mühlfelder Gmoa bereits einen Maibaum auf. Derzeit gehören ihr 176 Mitglieder an. Die sind nach dem Vorbild einer politischen Gemeinde organisiert. Das Tölzer Bräustüberl dient als Rathaus. Dort treffen sich die Mitglieder regelmäßig zum Stammtisch. Der Vorsitzende ist der "Bürgermeister" Gmeiner. Ihm zur Seite steht der "Gmoarat".

Die Mühlfeldler Gmoa lässt den neuen Maibaum jetzt erst einmal für zwei Jahre stehen. Dann wird er entfernt. So ersparen sich die Mitglieder aufwendige Sicherheitsüberprüfungen für ihren Maibaum. Ein Jahr lang müssen sie also immer ohne einen auskommen, ehe ein neuer aufgestellt wird. Und das sei jedes Mal auf dem engen Platz vor dem Wirtshaus wieder eine Herausforderung, sagt van Wannem.

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