Loisachjazz:"Man braucht schon viel Luft"

Joris Roelofs ist Jazzer und Bassklarinettist. Manchmal geraten junge Leute in eines seiner Konzerte - und sind begeistert. Am Freitag spielt der Holländer mit seinem Trio in Wolfratshausen

interview Von Stephanie Schwaderer

Ungewohnte, elektrisierende Töne bringt Joris Roelofs mit seiner Bassklarinette am Freitag, 6. März, in die Loisachhalle. Zusammen mit seinem Trio gastiert der 1984 geborene Niederländer in der Reihe "Loisachjazz" in Wolfratshausen. Begleitet wird er von Matt Penman (Bass) und Ted Poor (Schlagzeug).

SZ: "Aliens Deliberating" - "Sich beratende Außerirdische" - heißt Ihr aktuelles Album. Mit welchen Planeten stehen Sie in Kontakt?

Joris Roelofs: Den Titel hatte ich zunächst für ein Interludium gewählt, ein kurzes Stück mit komischen Geräuschen, die so klingen, als würden Außerirdische miteinander reden. Das hat mir so gut gefallen, dass ich dann das ganze Album so genannt habe. Die Bassklarinette ist im Jazz ja auch noch immer ein Alien - leider.

Sie kann aber auch sehr erdig klingen. Was hat sie, was andere, eher typische Jazz-Instrumente nicht haben?

Vieles! Sie kann ganz tief klingen und ganz hoch, ganz leise, ganz laut und furchtbar hässlich, alles geht, alles ist extremer. Die Kombination von Stärke und Energie und zugleich das noch immer Holzige, das hat mich von Anfang an fasziniert.

Wann haben Sie das erste Mal eine Bassklarinette gehört?

Das ist sehr lange her. Als Kind. Mit sechs Jahren habe ich Klarinettenunterricht bekommen, und mein damaliger Lehrer spielte unter anderem auch Bassklarinette. Das hat mir sehr, sehr gut gefallen. Ich habe mich dann aber zunächst neben der Klarinette dem Saxofon zugewandt. Mit der Bassklarinette habe ich erst vor einigen Jahren angefangen.

Weil man ein ausgewachsener Mann sein muss, um überhaupt einen Ton herauszubekommen?

Auch deshalb, man muss schon viel Luft haben. Und es dauert lange, bis man Fortschritte macht - auch wenn man schon gut Klarinette spielt. Einige Griffe sind schwierig, aber es macht großen Spaß. Die Bassklarinette hat mir neue Welten eröffnet, und ich bin immer noch dabei, Neues zu entdecken, zu lernen.

Sie gehören zu einer jungen Generation von Jazzern mit akademischer Ausbildung, die beweist, dass dem Jazz weder die Ideen noch die Musiker ausgehen. Wie sieht es beim Jazz-Publikum aus?

Da muss sich tatsächlich etwas ändern, wir müssen dafür sorgen, dass wieder jüngere Leute in die Konzerte gehen - durch eine bessere Präsentation, Werbung und auch durch günstigere Preise bei den Eintrittskarten. Manchmal geraten zufällig junge Menschen in unsere Konzerte, und nach meiner Erfahrung finden sie es immer super. Wir erreichen sie nur zu selten.

Machen Sie doch einmal Werbung: Warum sollte man am Freitag unbedingt in die Wolfratshauser Loisachhalle kommen?

Weil man dort Spannendes erfahren kann. Weil man keine 08/15-Musik zu hören bekommt, sondern sehr viel Verschiedenes: Swingende Stücke und klassischen Jazz, traurige, fröhliche, schöne und manchmal sogar hässliche Musik, dann wieder seltsame Geräusche wie bei unserem Stück "Amateur-Zahnarzt". Wir drei haben viel Spaß auf der Bühne, und daran sollen auch unsere Gäste Anteil haben.

Welche Voraussetzung muss man als Zuhörer mitbringen?

Offen sein. Sich auf die Musik einlassen. Im Idealfall darauf reagieren.

Mitklatschen?

Das gehört in Europa, wo wir nicht gerade rhythmisch aufwachsen, zu den größten Fehlern, die es je gegeben hat! In Brasilien ist das etwas anderes, in Afrika ebenso. Wir Nordeuropäer scheitern schon am Geburtstagsständchen. Solche kulturellen Unterschiede muss man akzeptieren.

Sie sind Holländer, haben aber auch vier Jahre in New York gelebt. In welcher Tradition sehen Sie sich als Jazzmusiker?

Ich versuche zu kombinieren, was mir gefällt. Ich habe viel traditionellen Jazz gehört und mag ihn auch noch immer, aber meine Musik soll organisch sein, nichts soll festgeschrieben sein. Mit meinem Trio versuche ich, immer wieder Neues zu machen. Das beginnt bei der Instrumentierung: Bassklarinette, Kontrabass, Schlagzeug. Wir lösen die traditionelle Rollenverteilung auf, und zwischen den eigentlichen Stücken gibt es immer wieder kurze Interludien, die mit Geräuscheffekten spielen. Auf meinem neuen Album, das wir nächste Woche bei Pirouet Records in München aufnehmen, wird es auch ein Stück von Guillaume de Machaut, einem Komponisten des Mittelalters, geben, eines von Duke Ellington und vielleicht auch eines von Skriabin.

Sie lassen sich von recht unterschiedlichen Musiker-Kollegen inspirieren.

Das stimmt. Ich höre auch gerne mal Pop, Frank Zappa oder brasilianische und kubanische Musik, viel Klassik. In Zukunft möchte ich vor allem mehr Energie in die klassische Musik stecken, Partituren studieren, das ist eine gute Übung für Jazz-Musiker. Harmonisch, das muss man sich einmal klar machen, hat es nämlich schon fast alles einmal gegeben. Ich liebe Standards, aber wir müssen offen und empfänglich sein für neue Sachen, die es alle schon einmal gab.

Joris Roelofs Trio, Freitag, 6. März, 20 Uhr, Loisachhalle (Foyer), Wolfratshausen, Karten zu 19 Euro unter anderem im Wolfratshauser Bürgerbüro in der Rathauspassage, über München Ticket und an der Abendkasse

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