Listerien-Fund:900 Euro Strafe für früheren Chef der Großmetzgerei Sieber

Listerien-Fund: Erleichtert: Der frühere Sieber-Chef Dietmar Schach (M.) gilt nach dem Urteil des Amtsgerichts als nicht vorbestraft. Seine Verteidiger hatten einen Freispruch gefordert.

Erleichtert: Der frühere Sieber-Chef Dietmar Schach (M.) gilt nach dem Urteil des Amtsgerichts als nicht vorbestraft. Seine Verteidiger hatten einen Freispruch gefordert.

(Foto: Hartmut Pöstges)
  • Das Amtsgericht Wolfratshausen reduziert die Strafe und verurteilt den früheren Sieber-Chef Dietmar Schach zu 900 Euro.
  • Er habe von den Listerien gewusst, aber nicht genug dagegen unternommen.
  • Der gefundene Bakterienstamm hängt nach Ansicht der Behörden wahrscheinlich mit einer Erkrankungswelle mit acht Toten zusammen.

Von David Costanzo, Wolfratshausen

Eigentlich sollte es nur um die Listerien auf einem einzigen Wammerl gehen. Aber am Ende des Prozesses gegen Dietmar Schach, den früheren Chef der Großmetzgerei Sieber, blitzte der ganze Skandal doch noch auf. Der gefundene Bakterienstamm hängt nach Ansicht der Behörden wahrscheinlich mit einer Erkrankungswelle in Süddeutschland mit acht Toten zusammen. Nur deswegen haben Ministerium und Landratsamt die Geretsrieder Wurstfabrik vor bald einem Jahr dichtgemacht.

Staatsanwalt Michael Moker fragte in seinem Plädoyer, ob es etwas geändert hätte, wenn die Listerien nicht erst im März 2016 bekannt geworden wären, und er nannte seine Aussagen selbst hypothetisch: "Möglicherweise wäre man früher auf diesen Genotyp gestoßen." Schachs Verteidiger Martin Hintermayer empörte sich sofort über die "infame Unterstellung". Das sei reine Spekulation.

Amtsrichter Helmut Berger ging nicht darauf ein und verurteilte den früheren Firmen-Inhaber zu einer Geldstrafe von 900 Euro. Schach habe von Listerien in der Metzgerei gewusst, aber nicht genug dagegen unternommen. Der 52-Jährige habe fahrlässig ein Produkt mit gesundheitsgefährdenden Bakterien in den Handel gebracht - nämlich das Wacholderwammerl, das im März 2016 in einem Supermarkt bei Nürnberg gefunden worden war. Es hatte 190 000 Kolonie bildende Einheiten pro Gramm, wie die Maßeinheit bei Bakterien heißt. Der Grenzwert liegt bei 100. "Exorbitant kontaminiert", sagte Richter Berger.

Der Prozess hat sich damit für Dietmar Schach gelohnt. Ursprünglich sollte er mehr als doppelt so viel zahlen - nämlich 2250 Euro. So stand es im Strafbefehl der Staatsanwaltschaft, den der 52-Jährige nicht akzeptiert hatte. Damit hatte der frühere Firmenchef die Verhandlung erst herbeigeführt. Anders als die Anklagebehörde konnte Richter Berger keinen Vorsatz erkennen, dafür hätte Schach die Listerien zumindest billigend in Kauf nehmen müssen. "Für so waghalsig, so verrückt halte ich Sie nicht", sagte Berger und reduzierte die Summe von den 150 Tagessätzen zu je 15 Euro im Strafbefehl auf 60 Tagessätze. Schach ist damit nicht vorbestraft.

Entsprechend erleichtert war er nach der Urteilsverkündung. "Ich bin froh, dass ich ein Urteil habe, dass ich weiß, woran ich bin", sagte Schach, der nach eigenen Angaben mit drei Millionen Euro verschuldet ist. Zusammen mit seinen Anwälten will er nun eine Woche beraten, ob sie das Urteil annehmen. Verteidiger Andreas Meisterernst meinte, die Frage sei immer noch, ob das Unternehmen wirklich noch mehr gegen Listerien hätte unternehmen können. Auch die Staatsanwaltschaft hat angekündigt, Rechtsmittel zu prüfen.

Staatsanwalt Michael Moker hatte sogar gefordert, die Strafe auf 180 Tagessätze zu erhöhen. Er war bei seinen Vorwürfen geblieben. Schach soll schon 2013 von Listerien im Unternehmen gewusst und diese Mitarbeitern und Landratsamt verschwiegen haben. Auch 2015 soll es Probleme gegeben haben. Schach habe sich nicht als geständig erwiesen.

Die Verteidiger des früheren Firmenchefs hatten auf Freispruch plädiert. Die Fälle kontaminierter Debrecziner im Jahr 2013 seien normal aufgearbeitet worden. Schach habe nichts verschwiegen. Die Zoonoseverordnung, nach der Befunde in eigenen Kontrollen an die Behörden zu melden gewesen wären, sei nicht einmal dem Lebensmittelüberwacher des Landratsamts geläufig gewesen. Letztlich gehe es nur um eine von 100 Millionen Wurstpackungen, die zuletzt rund 100 Mitarbeiter im Werk an der Böhmerwaldstraße im Jahr hergestellt hätten. Die Listerienprobleme seien nicht größer als in anderen Betrieben gewesen, die Belastungen unterhalb der Grenzwerte gelegen. Weil Schach die höchsten Standards erreicht habe, sei noch nicht einmal von Fahrlässigkeit zu sprechen.

Richter Berger sagt, er habe Folgendes im Prozess gelernt: "Es ist nicht oder nur schwer möglich, einen Betrieb listerienfrei zu halten." Die Vorfälle seien besorgniserregend gewesen. 2013 habe Schach auf die Befunde reagiert und eine Listerien-Überwachung eingeführt. 2014 habe es dann keine Befunde mehr gegeben. Als 2015 wieder Listerien unterhalb der Grenzwerte aufgetaucht seien, hätte er neue Maßnahmen ergreifen müssen. Als strafmildernd erkannte er an, dass die staatlichen Maßnahmen Schach in den Ruin getrieben hätten.

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