Landwirtschaft:Vielfalt statt Mehrproduktion

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Beim Neujahrsempfang der CSU in Lenggries wirbt Landwirtschaftsminister Helmut Brunner für seine Agrarpolitik. Und für die Erzeugung hochwertiger Nahrungsmittel, für die Verbraucher auch mehr zahlen sollen.

Von Petra Schneider, Lenggries

Die Begrüßung von Landwirtschaftsminister Helmut Brunner am Mittwoch im Alpenfestsaal fiel launig aus: "Ich wünsche allen CSU-Mitgliedern, aber auch allen Andersgläubigen einen schönen Abend." Die meisten der etwa 70 Anwesenden beim CSU-Neujahrsempfang, zu dem die Lenggrieser Ortsvorsitzende Christine Rinner und ihre Kollegen aus Gaißach, Greiling, Reichersbeuern und vom Kreisverband geladen hatten, dürften Gläubige gewesen sein - Kommunalpolitiker und Landwirte, die dem Minister vor allem Fragen zum Thema Forstwirtschaft stellten. "Meine Agrarpolitik für Bayern" war Brunners Rede überschrieben, die sich allerdings im ersten Teil den Themen Flüchtlinge ("Wir müssen die Entwicklungshilfe verzehnfachen, damit Menschen nicht den Druck verspüren, auszuwandern"), Sicherheit und Finanzen widmete.

Seine Agrarpolitik fasste der Minister in die Formel: "Wachsen kann man in verschiedene Richtungen, nicht nur durch Mehrproduktion." Der "bayerische Weg" zeichne sich durch Vielfalt aus, das Diktum "wachsen oder weichen" habe er noch nie für richtig gehalten. Brunner begründete dies am Milchpreisverfall: Den hätten gerade Überkapazitäten verursacht; und Mehrproduktion zur Kompensation geringerer Einnahmen führe in die Sackgasse. Vor allem Großbetriebe im Osten hätten im Krisenjahr 2016 aufgeben müssen - in Mecklenburg-Vorpommern etwa zehn Prozent. "Auch den bayerischen Bauern ist das Wasser bis zum Hals gestanden", räumte Brunner ein. Dennoch sei die Quote beim Strukturwandel mit 1,2 Prozent die niedrigste in Deutschland.

Dass bayerische Bauern oft auf mehrere Standbeine setzten, habe sich bewährt: Urlaub auf dem Bauernhof, Direktvermarktung, Energieerzeugung. "Es bedeutet keinen sozialen Abstieg, wenn man vom Haupterwerb auf Nebenerwerb umsteigt", betonte Brunner. Gerade Frauen hätten "viele tolle Kompetenzen" und engagierten sich in Schulprogrammen wie "Landfrauen machen Schule" oder "Erlebnis Bauernhof" - für 170 Euro pro Tag. "Keine üppige Bezahlung, aber eine Honorierung des Engagements". Sein Ziel sei, dass jeder Grundschüler "einen Tag hautnah auf einem Bauernhof verbringt", sagte Brunner. So könnten "nostalgische Vorstellungen" und Halbwissen abgebaut und die Wertschätzung für Lebensmittel erhöht werden. Verbraucher wollten verstärkt regionale Produkte von kleinteiligen Höfen. "Ich erwarte auch, dass sie dafür höhere Preise zahlen." Hochwertige Nahrungsmittel müssten Imageträger für Bayern werden, "wie Bier, Autos und der FC Bayern".

Dass Brunner als einziger Länderminister gegen den Antrag Hessens gestimmt hat, die Anbindehaltung von Kühen in den nächsten zehn Jahren abzuschaffen, wurde von Josef Wasensteiner gelobt. "30 Prozent der Kühe stehen bei uns in Anbindehaltung", sagte er. Es zerstöre Strukturen, wenn man diese nun kurzfristig verbiete. Der Lenggrieser Gemeinderat und Referent beim Bayerischen Bauernverband kritisierte in seinem Einführungsvortrag eine "einseitige Berichterstattung der Medien". Kein anderer Berufsstand, "mit Ausnahme von Fußballtrainern", müsse sich soviel dreinreden lassen wie die Bauern. Zur Anbindehaltung sagte Brunner: Vor allem kleine und mittlere Betriebe könnten es sich nicht leisten, in einen neuen Laufstall zu investieren und müssten bei einer entsprechenden Vorgabe vermutlich aufgeben. Auch Pläne von Einzelhandelsketten, von ihren Milchproduzenten eine Laufstallhaltung zu fordern, lehnte der Minister ab. "Das würde für die anderen Abschläge bedeuten." Tatsache sei, dass jeder neue Stall als Laufstall gebaut werde. "Wir werden das Ziel erreichen, aber nicht von heute auf morgen."

© SZ vom 13.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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