Lenggries:Mehr Spaß am "Wirtschaftsberg"

Streidlhang Bullcarts Dirtpark

Die "Lines" genannten Strecken heißen "Big Ball-Line" oder JJ 1 bis 3". Sie haben unter Bikern einen guten Namen. Bikeparks liegen im Trend.

(Foto: Manfred Neubauer)

Der "Bikepark" am Fuß des Brauneck soll um ein Übungsgelände erweitert werden, damit Anfänger erst im Flachen trainieren können, bevor es auf die Strecken mit Holzrampen und Pisten geht.

Von Petra Schneider, Lenggries

Der Streidlhang unterhalb des Braunecks gehört im Winter den Skifahrern, im Sommer den Bikern. Neben dem Schlepplift sind dort Holzrampen, Steilkurven, Bodenwellen, Sprungschanzen eingegraben und aufgebaut - viel Erde und Holz auf einer Streckenlänge von 120 Höhenmetern. Biken im Gelände ist angesagt, über Hindernisse, die Double heißen, Drops oder Table. Sieben verschiedene Strecken, sogenannte Lines, mit drei unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden kann man fahren. Die "Big Ball-Line" zum Beispiel, für die man "schon Eier braucht", wie Thomas Senftinger sagt.

Eine Rampe heißt "JJ 1 bis 3" - gewidmet dem Braunbären JJ 1, genannt Bruno, der hier im Juni 2006 über das Gelände aufs Brauneck gestreift ist. Seine "Fußtapper" seien damals deutlich zu sehen gewesen, erzählt Senftinger. Also wurden die neu gebauten Rampen nach dem Bären benannt. Vor zehn Jahren hat der 45-Jährige den Lenggrieser Bikepark eröffnet. Ein Jahr länger gibt es die Bullcart-Bahn auf der anderen Seite des Lifts, die Senftinger heuer dazu gepachtet hat. Kürzlich hat er bei der Gemeinde Lenggries einen Bauantrag für eine Erweiterung gestellt: Zusammen mit dem Lenggrieser Mountainbike-Veranstalter "TrailXperience", der auch Fahrtechniktrainings anbiete und mit dem DAV zusammenarbeite, will er ein Übungsgelände auf der Wiese Richtung Zielhanglift anlegen - als Vorstufe zum Bikepark mit Kids-Parcours, wo die Technik im Flachen geübt werden kann.

Der Gemeinderat hat noch nicht entschieden, will sich erst bei einem Ortstermin ein Bild machen. Das Areal liegt planungsrechtlich im Außenbereich und ist im Flächennutzungsplan, der zurzeit neu aufgestellt wird, als "Grünfläche" dargestellt. Mit der Brauneckbahn, dem Hochseilgarten, der Bullcartbahn, dem Falkenhof, der Alten Mulistationund dem Jägerstüberl ist der Bikepark Teil des "Freizeitzentrums Brauneck", eines ganzjährig genutzter Wirtschaftsbergs.

Der Bikepark, der in den vergangenen zehn Jahren immer wieder erweitert wurde, habe in der Szene einen Namen, sagt Senftinger. Etwa 2500 Besucher kämen pro Saison von Mai bis Oktober an den Wochenenden und Feiertagen, in den Sommerferien ist schon ab Mittwoch geöffnet. Die Bullcart-Bahn sei mehr für die Allgemeinheit, für Ausflügler, Familien, Junggesellenabschiede geeignet. Die 40 Kilogramm schweren, TÜV-geprüften Fahrzeuge werden in einer Schlaufe am Liftbügel eingehängt und samt Fahrer bergauf geschleppt. Dann geht es mit bis zu 50 Sachen wieder bergab. Die Gäste sind bunt gemischt. Senftinger hat schon Urlauber aus Arabien und China mit seinen Carts über die Piste geschickt, auch immer mehr Frauen seien dabei. Bis zu 7000 Fahrten zählt er pro Saison auf der Bullcartstrecke. Heuer sei der Sommer allerdings eine Katastrophe, sagt Senftinger. "Der schlechteste Juni seit zehn Jahren". Der viele Regen habe die Piste oft in eine Schlammwüste verwandelt; den Bikepark habe er deshalb nur an eineinhalb Tagen im Juni aufmachen können. Wer ihn fahren will, braucht ein Mountainbike mit Federgabel mindestens vorne und gut funktionierende Bremsen. Schutzausrüstung - Helm, Ellenbogen- und Knieschützer - sind Pflicht.

Senftinger und sein Fünf-Mann-Team bieten auch Fahrtechnikkurse an. Im Bikepark darf jeder fahren, Schwierigkeitsgrad und Können müssen freilich zusammenpassen. Passiert sei in all den Jahren nichts Schlimmes, sagt Senftinger, obwohl Sprünge von bis zu fünf Meter hohen Holzrampen abenteuerlich sind. Auch die Fahrt mit dem Schlepplift ist eine Herausforderung: Po im Sattel, Bügel im Rücken, eine Hand am Lenker. Kinder dürfen erst ab zwölf Jahren mit dem Lift fahren.

Senftinger ist seit Jahrzehnten begeisterter Mountainbiker: Das Gefühl, mit dem Bike eins zu sein, "der Flow", das sei Spaß pur, schwärmt er. Nicht die Geschwindigkeit sei das Entscheidende, sondern Körperbeherrschung und Gleichgewicht. Über zehn Jahre lang hat der 45-Jährige in Bad Tölz ein Fahrradgeschäft betrieben, nun arbeitet er beim Seilbahnhersteller LST im Tölzer Farchet. Der Bikepark erfüllt für ihn nicht nur eine sportliche, sondern auch eine soziale Funktion. "Das ist ein Treffpunkt vor allem für jüngere Leute." Senftinger findet nicht, dass die Rampen, Mulden und Fahrwege dem Berg schaden. "Das schaut doch gut aus", sagt er.

Zu 80 Prozent sei für die Anlage Aushubmaterial vom Hang verwendet worden, die Schanzen sind aus Holz. Die nötige Infrastruktur mit Schlepplift und Parkplätzen der Brauneck Bergbahn sei ja vorhanden. Friedl Krönauer, Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz, kann mit dem Bikepark leben. Man müsse gewissen Tendenzen im Freizeitverhalten Rechnung tragen, sagt er, der selbst begeistert Mountainbike fährt. "Dann sollen sich die Leute lieber in Bikeparks austoben als in der unberührten Natur." Wenn die geplante Erweiterung nicht in einem schützenswerten Bereich liege, "habe ich kein Problem damit."

Bikeparks liegen im Trend: Der nächst gelegene ist am Samerberg, demnächst wird einer in Oberammergau eröffnet. In Österreich und der Schweiz sei man ohnehin Jahrzehnte voraus, sagt Senftinger. Der Lenggrieser Gemeinderat habe den Bikepark 2005 "unproblematisch genehmigt" - unter der Bedingung, dass er bei Nutzungsaufgabe zurückgebaut und der Eingriff in die Landschaft möglichst gering gehalten werde.

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